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19. Der Ruf des Lebens
Telephon 12.801.

= „OBSERVER“
I österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunga-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gent, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Guelienenge Btlzbürger Chronik
seine Gattin nieder. Max überläßt er seiner eigenen
Ausschnitt aus:
Salzburg
Kugel. Marie hat der Szene hinter einem Vorhang
beigewohnt und stürzt jetzt ganz verstört herbei. Nach
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vom.
anfänglichem Zögern finden sich die beiden und flie¬
hen gemeinsam. Der letzte Akt spielt drei Wochen
Rach den Ausländern folgte auch ein Wiener:
später. Der eigentlichen Katastrophe weicht Schnitz¬
Artur Schnitzler Winem Drama „Der Ruf
ler aus. Wie wir erfahren, hat sich Max am Vor¬
des Lebens“in der Zeit des Wiener Vor¬
abend jener Schlacht erschossen, aus der nur ein
Tmärz. Marie, die Tochter eines pensionierten, kran¬
Kürassier lebend zurückkehrte, der sich aber auch selbst
ken Rittmeisters wird von ihrem tyrannischen Va¬
entleibte. Schließlich stirbt noch die wahnsinnig ge¬
ter zu Hause gehalten. Ihre Jugend verging: sie
hatte den Ruf des Lebens überhört. Ihr Vater war wordene Base Mariens, nachdem sie sich zügellos dem
einmal in einer Schlacht geflohen und hatte sein Re¬ Genusse des Lebens hingegeben hatte. Sie wollte es
giment mit fortgerissen. So ging die Schlacht ver- genießen, da sie wußte, daß sie schwindsüchtig sei und
loren. Da hatten die Offiziere geschworen, diese bald sterben müsse.
Das Stück ist also reich an theatralischen Wir¬
Schmach zu tilgen und alle in der Schlacht zu sterben,
die morgen stattfinden sollte. Mit dem Lentnant kungen, aber jeder erhebende Gedanke mangelt ihm.
Das Leben zu genießen, bevor es zu spät wird, das
Mar hatte Marie einst eine Nacht hindurch getanzt.
Sie hatten sich ein Stelldichein gegeben. Doch sie kam ist das Höchste und Einzige, das die Personen Schnitz¬
nicht, sondern war wieder in die Gefangenschaft, zu lers beseelt. Eine traurige Heilslehre, die nur das
ihrem Vater, zurückgekehrt. Da verfiel er den Schlin= Tier im Menschen befriedigt.
Auch für große und kleine Kinder brachte das
gen der sirenenhaften Frau Oberst. Als Marie nun
von dem Entschlusse des Regimentes hört, erwacht in Deutsche Volkstheater ein neues Stück: „Hanserl“
von Franz Martos mit der Musik von Viktor Ja¬
ihr die Liebe zu Max und das Verlangen zu leben,
und da ihr Vater sie einsperrt, vergiftet sie ihn und cobi. Eine Weihnachtsgeschichte von einem reichen
entflieht. Mar wird in derselben Nacht von der Frau und einem armen Kinde, das alte Märchenmotiv,
Oberst bestürmt, mir ihr zu fliehen. Er weigert sich, das immer wieder bejubelt wird, wenn es im farben¬
Er will mit dem Tode seine Schuld büßen. In diesem prächtigen Kleide erscheint.
Augenblicke zersplittert der Oberst mit einem
Schwertschlaze das Fenster und dringt ein. Er sieht
seinen längst gehegten Verdacht bestätigt und schießt
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