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box 24/1
19. Der Ruf „.s Lebens
Ner 1906.
Benische Zeitung.
zurückzuschrecken, falls er sich nur neben seiner Schöpferwill=, nächsten Augenblick von der Pistole des sie überraschenden
und Musik. 41
kür auch seiner Richt= und Sühnepflicht bewußt bleibt und
Gatten niedergeknallt zu werden. Als der Offizier, bei der
heater: „Der Ruf
hinter diese Kapitalverbrechen einen tragischen: Preis setzt,
Leiche Irenes allein gelassen, zum Revolver greift, um auch
der hoch genug ist, sie zu überschatten. Um bei Lebens
mit sich aufzuräumen, tritt Marie hervor und fällt ihm in
in drei Akten von Arthur
den Arm. „Bist Du's?
willen zwei Leichen auf der Bühne — wenig, wenn es
.. Du warst hier? ... Und
ein starkes stolzes von furchtbaren Taten und furchtbarer
bleibst? Und weißt, daß ich ein Ende machen muß, ehe
nd die besten Kritiker und Charak¬
die Sonne aufgeht?“-
.— „Ich weiß“ — „Und bleibsts“ —.
Liebe erfülltes Leben ist, das da ruft; zuviel, zweimal zu¬
„Sterben“ — „Lebendige Stunden“
„Fort! Foct!“ und nimmt sie mit
„Ich bin gekommen.“ —
wiel, wenn nur ein Spiel, ein Tand, ein Schaumgekräusel
„Der Schleiet der Beatrice“
dem einen, den Mantel mit dem andern Arm, hüllt sich und
der Sinne oder eine Seisenblase des witzigen Kopfes da¬
Puppenspieler“ — „Liebelei“
sie darein und eilt mit ihr davon zur Liebesnacht. Warum
hinter stect.
schon aus diesen Dramen= und
davon? Wäre es nicht noch balladesker gewesen, wenn die
Melodie seiner künstlerischen Sehn¬
Was anders aber ist es, das Schnitzlersche „Helden“
beiden die Leiche Irenes gleich als Triltbrett zum Liehes¬
bieselben Prohleme, wenn auch
Leben nennen? Die 26jährige Marie Moser, die sich tagaus
lager benutzt hätten? Man sieht, in welche Abgründe des
und Abwandlungen, um die er
tagein am Krankeupelt ihres hämisch =tyrannischen, von
Ungeschmacks und der Gefühlsroheit sich ein Aesthet verlieren
Spiel des Daseins, die Unmög¬
schwerer Gewissensschuld verwüsteten Vaters gefesselt
kann, der stets nur Impressionen seiner Phantasie nachjagt,
sieht, ist eine aus der italienischen Renaissance ins öfter¬
rklichkeit, Sein und Schein von ein¬
und wie ihm sein immer nur den schönen Träumen und
reichische Biedermeiertum der vierziger Jahre übersetzte
richtig aneinander abzuschötzen; das
Gemälden nachtaumelndes Genießertum das heilige Gefäß
Stiefschwester der Beatrice Nardi aus dem „Schleier“. Auch¬
s zum Leben, zu den underen und
des Lebens, das dem Menschen zu verwalten gegeben, in
sie lockt es mit heißer Stimme aus dem düstern Verließ ihrer
er eigenen Phantasie; die Stimme
eine hohle, verfoulte und verweste Schale umwandelt. Der
Grausen des Todes, das Schaudern
Jugend hinaus ins pochende. lachende Leben. Seit sie eine
Ballnacht mit einem jungen Offizier der blauen Kürassiere
letzte Akt besteht nur noch in müden Ausklängen und Re¬
Rausch des Lebens. Diese Probleme,
Kreis ist, könnten in die tiefsten Die¬
#slexionen. Vergebens versucht er, die S##le zusannnenzu¬
durchtanzt hat, kommt die Sehnsucht nach ihm nicht mehr
flicken und nachträglich wenigstens mit einem Surrogat von
sdringen, wenn der, der sie auf¬
aus ihrem Blut. Vergessen ist der solide Herr Forstadjunkt,
„Leben“ zu füllen. Offenbar ist dem Dichter inzwischen selbst
mit dem zusammen in einem einsamen Forsthaus zu wohnen,
nVorbilde Ibsen das unerschütter¬
die schlotternde Angst vor seiner Verwegenheit in die Glieder
chkeitsbewußtsein einer starken Per¬
ihr einmal so schön deuchte, und mehr als einmal hat sich
ihre Hand gekrampft, dem röchelnden Leben des bösen
gefahren Er beruft einen seiner Räsonneure und gibt
und wenn seine künstlerische An¬
Kerkermeisters an ihrer Seite ein schnelles Ende zu machen.
ingsgabe die Kraft besäße, die blassen
durch desen Mund zu bedenken, ob nicht vielleicht auth
Da vernimmt sie daß das Regiment des Geliehten am
Phantasiegesichte, die vor ihm her¬
aus einer leuchtenden Mittagsstunde, aus einem sonnen¬
Ereignissen und Menschen von Fleisch
nächsten Morgen ins Feld ziehen soll und daß es, eine alte
überschienenen Wiesenplan aus einem Strauß Blumen oder
allen.
Regimentsschuld zu fühnen, bis auf den letzten Mann dem
einem versöhnten Abschied der Auf des Lebens so tief
sicheren, unabwendbaren Tode geweiht ist. Diesem letzten
h dramatische Ideal hat er sich in
und rein erklingt, wie aus jener Stunds, wo sich Dinge
Schrei des Lebens widersteht sie nicht. Jetzt oder nie! Ein
werk so leidenschaftlich gemüht wie
begaben, die so furchtbare und glühende Namen tragen,
8 Pianissima seiner Musikerkomödie
paar Tropsen mehr von des Vaters Schlaftrunk in sein
wie Mord und Liebe. Ein Mord und ein Blumenstrauß
Behr überboten werden dürfte, sollze
Trinkglas — und die Tür zum „Leben“ ist entriegelt.
gibt es nichts dazwischen, das den Namen Leben nicht
Schnitzler hat in diesem ersten Aktschluß eine glutvolle, as
ng nicht vor der Geburt erdrücken,
nur trägt, sondern auch verdient und erfüllt? Wie aem
Daseinsdrang unl Todesgrausen unheimlich gemischte Stim¬
So hat er denn in den beiden
und nackt muß eine Liebe sein, der „leben“ nicht mnehr ist,
ien Schauspies eine sich immerfort
mung zusammengepreßt, und seine um immer neue Mittel
als ein Sinnenrausch, oder, wenn es hoch kommt, ein
e „Handlung“ angesammelt, daß das
der Motivierung nicht verlegene Psychologie bringt es fertig,
Blumenouft, und die nichts anderes weiß auf Erden, „das
ddaß die Propheten einer leisen
daß wir trotz alles Ekels und Schauderns mit der Bacchan¬
gewiß wäre", als noch da zu sein und die Sonne noch
Etimmungs= und Seelenkunst auch auf
tin des Lebens über die Leiche dieses bösen alten Mannes
er war es auch, der als ehemaliger Rittmeister jene
hnöden Verrat, den da ihr Liebling
Mdchehaichet
Sin, Doiel. Spiel — diese gate
Schrecken und Schauder die Hände
Schuld der Feigheit auf sich geladen — aufrechten Hauptes
Kunst: „Mit Menschenseelen spiele ich; ein Sinn wird nur
hinwegschreiten. Denn noch wissen wir nicht, womit Maries
nenschlagen. Mich gestehe ich, ver¬
von dem gesunden, der ihn sucht. Es fließen ineinander
verworrene Sehnsucht nach dem „Leben“ diesen Begriff in
Gesellschaft dieser Klageweiber. Für
Traum und Wachen, Wahrheit und Lüge — Sicherheit ist
Wirklichkeit ausfüllen wird und ob sich nicht aus dem Grau¬
gibt es Novellen und Gedicht¬
nirgend. Wir spielen alle — wer es weiß, ist klug.“
o ich mit Hunderten in demselben
sen dieses Abends ein starker junger Morgen des wahrhaften
Es lohnt sich nicht, bei einem so in seinen Grundfesten
Bühne des Geschehens sitze, wo mein
Lebens entringen wird. Sie kommt in die Kummer des
faulen Stück nach Einzelschönheiten zu suchen. Es sind
Leutnants, wird durch herannahende Stimmen hinter die
nenflusses all des Fremden gar nicht
und bleiben Schmarotzergewächse, die uns kein inneres
Vorhänge gescheucht und muß nun Zeugin sein, wie die
gen getrost ein paar Scherben klirren
Blühen vortäuschen sollen. Auch die Schauspielkunst de
inallen. Selbst vor einem Vater= und
Gattin des Obersten den jungen Osfizier durch heiße Liebes¬
Lessingtheaters vermag uns nur für ftüchtige Augenblitke „
ucht der moderne Dramatiker nichtI schwüre zur gemeinsamen Flucht zu bewegen sucht, um im den Glauben an die Wahrheit und Echtheit dieser Gebilde,
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