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19. Der Ruf Lebens
Adlers in den Höhen, das Rauschen
Schmidt und Emil Schäffer. „Keine erotische
r Strömung in den Tiefen vernehmen.
Komödie“ nennen die Verfasser ihr satirisches
im stärksten und frischesten wirken die
Werk, das uns mit dem sachlichen Witz
Episoden, in denen Hawels keck zugreifender
von Leuten, die in die Pfiffe und Kniffe
Humor in seine Rechte tritt. Er führte das
des Kunsthandels eingeweiht sind, die ulkige
von den Herren Amon, Kirschner und
Anekdote erzählt, wie ein falscher van Dyck
Kutschera, sowie von Fräulein Pellar in den
für einen echten eingetauscht wird und wie
Hauptrollen meisterlich gespielte Volksstück
der falsche echt bleiben muß, damit die
zu einem vollen Erfolg.
Blamage des staatlichen Kunstwarts nicht
Von den Stücken älteren Datums, die
ruchbar werde. Die launige Art, wie hier
das Deutsche Volkstheater in seinen Spiel¬
Kunstwissenschaft und Kunstkennerschaft ver¬
plan aufnahm, um Beziehungen zum Tage
spottet werden, ist freilich zu still und zu
herzustellen, erfreute am meisten Eduard von
intim, um für die ironisch beflügelte Komödie
Bauernfelds hochbetagtes Schauspiel „Ein
ein größeres Publikum zu interessieren.
deutscher Krieger“ das mit vorschauendem
Immerhin: es war ein leidlich unterhalt¬
Blick in beherzten Worten für die Not¬
samer Abend, den man sich auch in Kriegs¬
wendigkeit eintritt, unser Kulturleben mit
zeiten gefallen lassen konnte.
deutschem Geiste zu durchdringen. Aber nicht
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nur die Gesinnungstüchtigkeit war es, die
6C1 00 Theodor Antropp.“
den Erfolg des alten Stückes neu verjüngte.
Es enthält auch Bühnenwerte, von denen
man meinen sollte, sie seien stark genug, um
es endlich den wandelbaren Launen der po¬
litischen Gunst zu entrücken. Namentlich der
letzte Akt ist von einem so liebenswürdigen
und reinen Lustspielhumor erfüllt, daß man
sich daran immer wieder gesund lachen kann.
Weniger glücklich erschien die Wiederauf¬
führung des gar zu schablonenhaften und
Ausschnitt außerliner Börsen Courier, Borlit
platten Soldatenlustspieles „Im bunten
Rock“ von Franz von Schönthan und Frei¬
160K719¼ Morgenausgabe
vom:
herrn von Schicht, und für eine Neuinsze¬
nierung von A. Schnitzlers niederdrückend dü¬
Wschein, Ssaate.
sterm Schauspiel „Der Ruf des Lebens“ hätte
keine ungünstigere Zeit gewählt werden können.
Die Tatsache, daß die Helden eines Stückes
Das gleiche Suchen nach gegenwartsnahen Werken
Uniform tragen, sollte allein denn doch nicht
hat das Deutsche Volkstheater zur Wiederaufnahme
maßgebend sein für die Bildung des Spiel¬
des fesselndsten Werkes gebracht, dessen man sich in den
plans während des Krieges. Was uns not
letzten Wochen erfreuen durfte. Arthur Schnitzlers
tut, ist Erhebung und Entrückung, nicht
„Der Ruf des Lebens“ ist vielleicht des Dichters ge¬
Niederdrückung. Das einzige Theater, das
wagteste Schöpfung. Nirgends sonst hat er die Mög¬
sich bisher freigehalten hat von kriegerischen
lichkeiten des Geschehens zu solch geheimnisvollen
Anwandlungen, war die Neue Wiener
Grenzen vorgeschoben, die rätselhaften Unheimlich¬
Bühne und das tat nach den aufdring¬
keiten der Liebe und die Lockungen des Todes traum¬
lichen Geschmacklosigkeiten skrupelloser Ge¬
gleich ineinander fließen lassen und all die durch
legenheitsmacher förmlich wohl. Nur ein
d, brünstiges Verlangen, Treulosigkeit und
tvernichtung bis zum Schmerzhaften gesteigerten
„Vorspiel in Kriegszeiten“ von Max Mell
nungen durch stille Erkenntnisse wahrhafter
erinnerte in sauber gereimten Reflexionen
schlichkeiten zu lösen gewußt. Vor dem Kriegs¬
über Krieg und Theater an die großen Er¬
tergrund und dem heroischen Ende eines durch
eignisse auf den Schlachtfeldern. Um so
genen Entschluß sich dem Tode weihenden „Jüng¬
weiter davon ab führte die Komödie „Die
lingsregiments stehen grell und ohne Zugeständnis an
Venus mit dem Papagei“ von Lothar
Sitten und Konvention ausgelebte Schicksale, bricht
die verheerende Gewalt des Triebhaften, vernichtend
und wieder zu wunderbarer Selbsterfüllung gelan¬
gend hervor, um schließlich in einer weiten, reif und
milde gewordenen Empfindung für die wahren, weit¬
ab von allem wilden Geschehen liegenden, nur in der
Einheit des Blühens und Werdens zu fühlenden
Werte des Lebens auszuklingen. Das weithin be¬
kannte und vielbesprochene Werk wird im Deutschen
Volkstheater von der herb=innigen Frau v. Wagner,
dem anmutvoll klugen Fräulein Steinsieck, Fräulein
Bukovics, den Herren Kramer (der immer feiner im
Charakterisieren wird), Onno (immer fesselnd und
immer allzu flackernd), Klitsch, Kutschera, Edthofer,
Lackner (an dessen Stelle Herr Fürth treten sollte),
vortrefflich gespielt und hat wieder eindringlichen und
nachklingenden Eindruck gemacht. Jnec##