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22.
Ein Hauptgebiet der Forschungen Nöldekes ist die weit¬
schichtige arabische Literatur und innerhalb derselben neben
den geschichtlichen vornehmlich die poetischen Schöpfungen.
Schon frühe veröffentlichte er „Beiträge zur Renntnis der
Doesie der Araber“ (1864), sodann die Dichtungen der vor¬
islamischen Doeten Lagit und Urwa b. al=Ward. — Später
gab er eine Auswahl alter Gedichte der Araber als Chresto¬
mathie heraus. Zu der Mehrzahl der von anderen Gelehrten
herausgegebenen arabischen Dichter hat er seit Jahren durch
eingehende Kritiken eigene Beiträge geliefert. Sehr gehaltreich,
als Frucht lebenslanger Beschäftigung mit dieser besonders
schwierigen Literatur, sind seine Uebersetzungen und Erklärungen
von fünf vorislamischen Musterdichtungen, die unter dem Namen
Daneben gab er
Mu allakät berühmt sind (1800—1001).
„Zur Grammatik des klassischen Arabisch“ (1806) sehr wert¬
volle Beiträge, vornehmlich zur Srutax, welche, unabhängig von
den Angaben der arabischen Ohilologen, auf einer dezennien¬
langen eigenen Beobachtung des literarischen Sprachgebrauchs
beruhen.
Es wären noch seine Beiträge zur vergleichenden orientali¬
schen Sagen= und Märchenliteratur (Die Erzählung vom
Mäusekönig und seinen Ministern, 1870, Das arabische Märchen
vom Doktor und Garkoch, 180], Beiträge zur Geschichte des
Alexänderromans, 1800, die Uebersetzung des historischen
Romans von Artachschir i Papakan aus dem Pehlewi, 1878)
zu nennen, wie auch solche zur semitischen Spigraphik (Er¬
klärung der Mesa=Inschrift, 1870, der aramäischen Inschrift
von Teimä, 1884, Beiträge zu Eutings nabatäischen In¬
schriften), ferner „Persische Studien“ (zwei Hefte, 1888,
1800) u. a. m. Es ist im Rahmen dieser summarischen Be¬
trachtung nicht möglich, weiter darauf einzugehen. Der Hin¬
weis auf sie, wie auch auf Nöldekes langjährige eingehende
Würdigungen der wichtigeren semitischen Dublikationen in den
kritischen Zeitschriften mögen nur das Bild von der Dielseitigkeit
seines literarischen Schaffens vervollstäldigen helfen.
Infolge dieser Dielseitigkeit konnten die verschiedensten
Richtungen wissenschaftlichen Arbeitens unter seinen zahlreichen
Schülern, die seit seiner Berufung von Kiel nach Straßburg
(1872) sich dort um ihn sammelten, von ihm aus Anregung
und Förderung finden. Er hat noch Jahrzehnte nach ihrem
Scheiden in eingehendem Briefwechsel über ihre wissenschaft¬
lichen Arbeiten durch Aneiferung, tätige Teilnahme, wie auch
eindringende Kritik auf sie den tiefsten Einfluß geübt. Das¬
selbe tätige Interesse widmete er den sonstigen wichtigeren Er¬
scheinungen seines Arbeitsgebiets und ihren Bearbeitern.
Schlicht und natürlich, ein Feind aller Hose, feinfühlig
und von tiefer Herzlichkeit, jedes wissenschaftliche Streben warm
anerkennend und ermutigend, ein unermüdlicher, ernster Wahr¬
heitssucher und scharfsinniger Pfadfinder, ist er zugleich seinen
Schülern und Freunden ein Dorbild edelster Menschlichkeit und
lauterster sittlicher Pflichterfüllung. Möchte die jugendliche
Spannkraft, die noch seine letzten Schriften auszeichnet, ihn
recht lange in neue Dezennien frohen Schaffens hinein be¬
gleiten!
Jacob Barth.
Theater.
Lessing=Theater: „Der Ruf des Lebens.“ Schauspiel in 5 Akten von Arthur Schnitzler.
s ist um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Dor dreißig
Jahren, in der Schlacht bei Lindach, haben die blauen
Kürassiere nicht stand gehalten. Es heißt, daß durch
S
ihre Flucht das Treffen verloren gegangen sei. So
hat nun, da ein neuer Krieg ausgebrochen, der jetzige
Oberst des Regiments die Parole ausgegeben, es gelte die
alte Schmach zu fühnen, das Regiment müsse sich dem Tode
weihn. Und so geschieht es. Wie im „Schleier der Beatrice“
stellt Schnitzler die Gestalten seines neuen Schauspiels*) vor
*) Das=Buch erschien im Verlag von S. Fischer, Berlin 1905.
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