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19. Der Ruf des Lebens
S
n. sie einer neuen Geliebten zur Tür hinaus. Auch muß man allen
satz dazu an das, was Macbeth über Tod und Leben] Menschen und Vorgäng
Respekt vor der Solidität der Nerven dieses jungen
sagt, nachdem er das Hinscheiden seiner Frau erfahren
läßt auch die Theaterefse
Mannes haben, der im stande ist, nachdem er die Er¬
in seinen
hat, und an die gewaltige Wirkung dieser Worte, die
unwahr erscheinen und h
schießung seiner Geliebten mit angesehen hat und bevor
sich hier an
daher rührt, daß man die ganze Gewalt des Todes in
aibt es freilich Virtuose
er sich selbst erschießt, in der zwischen dem Morde und
doren, die er
dem Drama verspürt hat. In dem Schnitzlerschen Drama
Theaterwirkungen hervor
dem Seibstmorde liegenden Nacht noch rasch ein Schäfer¬
Motive für
jedoch erscheint der Tod klein — klein, wie das Leben,
in denen Menschen und
stündchen zu genießen. Uebertroffen aber wird das alles
Aber inbe¬
das einer sexuellen Abnormität gleich gesetzt wird.
und das Publikum num
durch den Obersten. Daß er seine beim Ehebruch ertappte
sen Motiven,
Wohlgelungen sind einige Nebenfiguren. Der Arzt heit täuschen. Um nach
Frau ohneweiters niederknallt, kann man zur Not noch
unen, „auch
zeigt einen diskreten Edelmut und äußert als Raisonneur
jedoch Schnitzler zu ehr
als ein Verfahren von militärischer Kürze gelten lassen.
ich und Gift
genug Virtuose.
des Stückes manchen schönen Gedanken; der Adjunkt ist
Im dritten Akt wird dann erzählt, daß dieser Ehebruch,
herleiten zu
einfach und wacker; und Katharina, die Base, hat einen
um den der Oberst wußte, bevor er ihn mit eigenen Augen
Man fühlt immer
ler während
Zug von Poesie, die Marie, der Heldin, gänzlich mangelt,
konstatieren konnte, der eigentliche Grund gewesen
wenn man über ein ver
tor, den sein
und es umschwebt sie etwas von dem Duft Schnitzlerscher
Gebiet des weßhalb er für sich und sein Regiment dem Kaiser des
richten hat. Unter den
Mädchengestalten aus früherer Zeit. Nur hat der Dichter
bewegung emporgebracht
auerspiele zu Todesgelübde abgelegt hat. Dieser Oberst nimmt sich #n
den vom Standpunkt der dramatischen Technik aus
das Recht, für den Ehebruch, den seine Frau beganm
nicht überhaupt der besta
in der
schweren Fehler begangen, daß er sie, nachdem er sie im
hat, nicht nur die Sünderin selbst, sondern ein gan#s
poctisches Empfinden, fei
pielen, immer
ersten Akt nur episodisch, im zweiten Akt gar nicht ver¬
Regiment, einige Hundert ganz und gar unschuldige Gu¬
Können, rastloser Fleiß
atol=Art, die
wendet hat, im dritten Akt plötzlich in den Mittelpunkt
daten und Offiziere, mit dem Tode zu bestrafen. Von #.n
erlebt er seit Jahren ein
ragischen Wir¬
der Handlung rückt. Der Zuschauer ist auf diese Ver¬
Unmöglichkeiten des Stückes ist diese sicherlich die #e¬
Gerade der ehrliche Freu
en zieht. An
schiebung des dramatischen Schwerpunktes in keiner Weise
Wirkung leidet möglichste von seinen moralischen Monstrositäten #####
immer wieder und mit i
vorbereitet und hat für die Nebenfigur der Katharina im
geheuerlichste.
Grund dieser Mißerfolge
hes Schaffen.
bisherigen Laufe des Dramas nicht Interesse genug ge¬
Eigenschaften Schnitzlers
Dieser wegen eines Ehebruchs versügte un der die
ieues Drama
wonnen, um Anteil nehmen zu können an der großen
einen Mangel: durch dis
Massenmord — denn das Regiment wird wirklich bis ##re
soll, tragisch
Wahnsinnsszene nach Art der Ophelia, die sie im dritten
Schaffen sich bewegt.
den letzten Mann getötet — zeigt übrigens mit besond
orgängen in
Akt spielt, und an ihrem Tode, der den Akt und das
er schreibt stets nur
Klarheit, daß das Drama, welches das Leben unterschen
icht hin, um
Stück beschließt.
seine Stoffe lediglich
auch an einer Unterschätzung des Todes leidet. Daß
eses Mädchen,
erotischen Erlebnissen,
Im übrigen hat Schnitzler ersichtlich sich bemüht, in
Autor den Tod so höufig verwendet, als billiges, drarn¬
Paune zu be¬
Bedeutung haben. Die
seinem neuen Werke gerade auf dem Gebiete der dra¬
peinlich und
tisches Auskunftsmittel, daß er die Personen des Stückhs
matischen Technik etwas zu leisten und sein Stück bühnen¬
Welt, und ein erotisches
eine nach der anderen sterben läßt, und zwar in der Regel
ihm, wie der Titel seine
wirksam zu gestalten. Dieses Bestreben ist sehr löblich,
ganz willkürlich sterben läßt, ohne jede ausreichende Moti¬
existierk und
als das Leben selbst.
und man kann es nur mit Freuden begrüßen, wenn in
vierung, steht nicht im Einklang mit der Größe des Todes
Hauptfiguren
Dichter sich aufraffen, we
einer Zeit, wo die Unfähigkeit der meisten dramatischen
und mit dem Respekt, den man im Drama wie im Leben
nicht weniger
gelangen soll, die man v#
Schriftsteller, auf der Bühne zu wirken, von einer
dieser Größe schuldet. Und so viel feine Bemerkungen
es Vergnügen
heute noch erwarten darf
Aestbetik unterstützt wird, welche erklärt, eben darin, daß
über den Tod auch der Dialog enthält — namentlich in
ebender Liebe
muß er den Weg zum
ein Stück auf der Bühne nicht wirkt, bestehe seine eigent¬
dem Gespräch zwischen den beiden Offizieren Max und
8 Jahre hin¬
suchen. Ist denn dieser A
liche Bühnenwirkung — wenn also in einer solchen Zeit
Albrecht im zweit Akt wird zu diesem Thema viel Geist¬
hält, ist ein
Des Lebens Stimme liß
ein namhafter Autor sich entschließt, dem Theater zu geben,
reiches gesagt — es bleibt alles wirkungslos, weil man in
eziehung nicht
vernehmen. Und Arthur
was des Theaters ist. Schnitzler hat also sein neues
diesem Drama nirgends die Größe des Todes empfindet,
Auserwählter.
sein, sobald er den Ruf
Drama mit einer Reihe starker Theatereffekte ausgestattet.
n wird; und weder in der Art, wie gestorben, noch in der Art, wie
schließen wird, ihm zu fo
Aber die Bedingung für die Wirkung von Theatereffekten
Arm mit einer über das Sterben aesprochen wird. Man denke im Gegen= ist doch, daß sie glaubhaft sind. Und die Unwahrheit der
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