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istu
her.
18. Der einsane Nex
neuesten Dramen.
Schmidt in München.
ch schon gesehen — alle drei, und „Bühne
berichtet. Novarum rerum cupidi sind
sucher schier mehr als Cäsars Gallier und
tt nicht gar so selten, was an echter
möglicht da ein solides Urteil.
[Julius Bierbaum als Dramatiker zu
ls Lyriker, zeitweilig auch vom Unterbrettl
die Bretter gewagt, mit einem recht alten
Einkleidung. „Stella und Antonie“!)
auennamen künden schon das Motiv: Der
sieht, das ist nicht neu, schon Jason
korinthischen Königstocher ist einer seiner
schieden höchst reizvoll. Ein Mann, den die
en Vornamen und Charakter geliehen, wenn
en; Johann Christian ist kein anderer als
8 Wort so richtig charakterisiert: er wußte
ihm sein Leben wie sein Dichten.
Schauspielgesellschaft kommt Johann Christian
n Weib Stella ist ihm zur Abwechslung
angen. Das kann er nicht verwinden. In
e. So kommt es, daß sich beim ersten
nsinn sehr unhold entwickelt und er die
berherrlichen soll, mit der durchgebrannten
Burgel packt. Komteßchen liegt im zweiten
man damals, zwischen Barock und Rokkoko,
lch unserem heutigen Publikus bei der Auf¬
lich bezweifeln. Die Besprechungen, die ich
n. 164 S. 8°. Mk. 2.—.
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Ein Kleeblatt der neuesten Dramen.
Drunten im Hofe soll der Übeltäter ausgepeitscht werden; Komtesse Antonie
bittet ihn im letzten Augenblicke los, ja das kapriziöse Dämchen läßt ihn herauf¬
kommen, empfängt ihn unter vier Augen und zähmt den grimmigen Bären, den
sie schließlich sogar zu ihrem Kammerdiener macht. Es beginnt ein Spiel mit
dem Feuer zwischen den beiden; recht klar wird es freilich bis zum letzten Akte
nicht, ob sie ihn wirklich liebt, oder nur ihr Spiel mit ihm treibt. Jedenfalls
martert sie ihn gehörig mit dem beständigen Wechsel von heiß und kalt.
Aber Stella kommt wieder; sie ist des buckligen Souffleurs bald überdrüssig
geworden und holt sich ihren Mann zurück, den sie in ihrer derberen, aber auch
sinnlicheren Art im Grunde genau so martert wie das Komteßchen. Das kann
Johann Christian bald ebensowenig mehr ertragen, und als Antonie — hier
liegt des Stückes schwächster Punkt — plötzlich allein in der Garderobe der
Komödianten auftaucht, sich ihn wiederzuholen, weil sie ihn wirklich liebt, wendet
er sich gänzlich von Stella ab, der Komtesse zu. Stella, die wilde Katze, rächt
sich sofort; sie erdolcht die Nebenbuhlerin, über deren Leiche sich auch Johann
Christian den Tod gibt, indes Stella in ihrem Zigeunerkostüme tamburinprasselnd
auf die Bühne rast: „Eijola, eijola!“ — Der Vorhang fällt.
Dieser letzte Akt ist in seiner Brutalität unmöglich, und der Dichter selber
hat ihn für die Berliner Aufführung umgemodelt: Johann Christian erdolcht
sich, weil die Komtesse nichts mehr von ihm wissen will.
Ein Stück mit zwei möglichen Schlußakten beweist damit schon seine dramatische
Schwäche; es zeigt sich an diesem Doppelende, daß es an Konsequenz in der dra¬
matischen Architektur fehlt. So sind die einzelnen Gestalten gut und fein, hie und da
freilich etwas karrikierend, herausgearbeitet, als Ganzes genügt die Arbeit noch nicht.
Dem leichtblütigen Völkchen der Zopfzeit stellt Arthur Schnitzler in
seinem Schauspiel „Der einsame Weg“!) düstere Schwerblütler entgegen —
eine ganze Gesellschaft solcher Leute auf einmal. Schnitzler ist jetzt modern; und
was er bringen mag, er darf sicher sein: es findet seine Lober. In anderen
Kreisen, die nicht zur „Gemeinde“ des dekadenten Poeten gehören, hat sein Ruf
durch die „virtuosen Alkovenstudien“ des Reigens doch etwas gelitten. Nun
kommt er als Ibsen maskiert und ruft uns zu:
„Stehen mir wohl diese Falten
Zu Gesichte wie dem Alten?“
Ich muß verneinen. So fein Schnitzler psychologisch ziselieren will,
man fühlt doch die Absicht dabei. An der Donau gedeihen die Nordlands¬
menschen nicht, und das Ganze bleibt Maskerade. Als Ibsenmaskerade aller¬
dings ist das Ganze vorzüglich.
Akademiedirektor Weyrath hat zwei Kinder, Sohn und Tochter. Aber der
Sohn ist nicht sein Sohn, ihn hat die Braut unmittelbar vor der Hochzeit von
einem Freunde des Bräutigams empfangen. Allmählich dämmert uns das. Alle
erfahren es nach und nach außer dem Professor, auch der Sohn selber, der sich
!) Berlin 1904, S. Fischer. 166 S. 8°. Mk. 2.—.