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18. Der einsane Neg
+ Duisburg, 13. Febr. Kammermusikabend. Gestern abend
gab sie sich hin, erschien das Kölner Gürzenich =Quartett der Herren Bram
Eldering, Karl Körner, Prof. Jos. Schwartz und Friedr. Grütz¬
, aus Angst vor
macher zum zweiten Male in diesem Winter bei uns, um uns
noch an andern
in weiterer Folge seiner vorigen Haydn, Mozart und Beethoven
r vergehen also,
umfassenden Quartettvorträge diesmal Schuberts A-moll¬
ch herumschleppt,
Quartett op. 29, Rob. Schumanns A-dur=Quartett op. 41,3
daß sein Sohn
und zwischen beiden den größten Meister auch der Quartett¬
r Jugendgeliebte
form, Beethoven, in dem seiner früheren Periode entstammenden
rnder Mann, die
Quartett op. 18 Nr. 5 (A-dur) zu Gehör zu bringen. Alle,
ck, das Feuer ist
drei Quartette fanden seitens der genannten Künstler eine stil¬
m zwanzig Jahren
gerechte, und von Unbedeutenderem abgesehen, mustergültige
s ist ausgelöscht.
Wiedergabe. Zu letzterem zähle ich u. a. die nicht immer ganz
wohl auch nichts
reine Intonation bei dem Schubert=Quartett, sodann das die
sucht, nicht mehr
Grenze des Möglichen erreichende und dadurch unschön wirkende
i Weg ins Alter,
Forte im Andante Cantabile Beethovens und in Schumanns
ungen Mann zu,
Finale. Auch für die reproduzierenden Künstler gilt Wein¬
ines Freundes, in
gartners Ausspruch gelegentlich einer Berlioz=Besprechung: „Es
nd vorsichtig hebt
gibt keine Kunst ohne Maß, Form, Wahrhaftigkeit und Schön¬
Felix erst ahnen
heit.“ Im übrigen zeigte der Vortrag wiederum die schon
des Blutes ver¬
neulich von dem Kölner Gürzenich=Quartett gerühmten Vor¬
regt sich gewaltig
züge der möglichsten technischen Vollendung, eines liebevollen
sthumen Vater, daß
Zusammenspiels bei trefflich hervortretender Primgeige, feinster
bleibt bei Vater
Schattierung der Tonstärken sowie verständnisvoller Auffassung
samen Wege noch
und temperamentvoller Wiedergabe der einzelnen Quartette, so
fährt man es von
daß wir mit Spannung der Weiterführung seines historischen
bestimmten Alters
Programms im dritten Kammermusikabend entgegensehen
scheint nicht ganz
dürfen. Reicher Beifall des anwesenden Publikums ward der
ückes etwas wurm¬
Künstlern nach jedem Quartett zu teil, von denen dasjenige Beet¬
finen späten Jung¬
hovens am meisten anzusprechen schien und nach meiner Ansich
oetwas wie einen
t ist und jetzt das
auch am sorgfältigsten ausgefeilt war.
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Dr. Max Goldschmidt
Bureau für
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.

Ausschnitt aus
Rheinischer Courier, Wieshaden
Gar k.
75 FEB. 904
Kunst, Wissenschaft und Leben.
& (Berliner Theater.) Berlin, 14. Febr.
=Schnitziers neues Drama „Der einsame Weg“ (Buch¬
Fischer, aufgeführt im Deutschen Theater)
bietet in seinem inneren Wesen viel feine Lebensnach
denklichkeit, viel ahnungsvolles Verstehen und Deuten
menschlicher Beziehungen, aber es ist in seinem Gefüge,
in der Art, wie es seinen Inhalt ausspricht, zu unsicher,
zu hülflos, durcheinander gewirrt, als daß es von der
Bühne wirken könnte. Schnitzler ist hier nicht Herrscher
über den Stoff, sondern tief in ihn befangen, eigent¬
lich sogar verstrickt, sodaß die ungebändigten Ausläufer
seine Themas dies und ihn überwuchern. Zuviel wird
durcheinander gesponnen, und ohne Oekonomie des
Wesentlichen und Unwesentlichen verschlingen sich die
Szenen, als wären die Einfälle aus dem Skizzenbuch
eines Dramatikers losgelassen und wirbelten undiszip¬
liniert im Kreise, der Dramatiker aber steht dabei und
kann sich nicht helfen.
Der einsame Weg ist der herbstliche Abstiegspfad
der lebenshochmütigen Individualisten, der eingebildeten;
„Puppenspieler“ (die Verwandtschaft mit dem kleinen,
aber in sich streng geschlossenen Drama dieses Titels ist
deutlich) die mit Menschen skrupellos und despotisch ge¬
schaltet haben und an einer kritischen Wende plötzlich be¬
merken, daß sie allein stehen, daß sie einsam sind, daß
es nichts mehr zu spielen gibi, daß sie bei lebendigem
Leibe tot sind und niemand ihnen nachfragt, sie selbst
jetzt ein abgetakeltes Spielzeug für das Schicksal,
Julian Fichtner, der Maler, ist das Beispiel. Durch
die Gesten seines Herrenmenschentums, seines Persön¬
lichkeitstrotzes schleichen sich fratzenhaft verzerrte Angst¬
züge; er hat so fest an seine inneren Rechte und Kräfte
geglaubl, und nun, mit einem Mal, bricht das alles zu¬
sammen. Ein alternder, welker Mann, der nicht mehr
hofft, der auch an seiner Kunst verzweifelt, steht er allein
da. Und in panikartigem Entsetzen greift er klammernd
um sich und schreit nach einem Menschen, der ihm etwas
sein könnte. Nach seinem Sohn schreit er, nach dem
Sohn der Frau, die er vor dreiundzwanzig Jahren in
der schwersten Entscheidung feige verlassen, um sich seine
Freiheit zu bewohren. Gabriele hatte ihr gebrochenes
Leben in eine stille Ehe mit einem gütigen Menschen,
dem Professor Wegrat gerettet, in dieser Ehe kam Ju¬
lians Sohn Felix zur Welt; unter der Last der Lüge
starb die Frau. Nach Felix streckt jetzt Julian die Hand.
Halb erraten täßt er ihn die Wahrheit, halb beichtet¬
er, und endlich entblößt er sich in schonungslosem Selbst¬
gericht vor seinem Sohn.
Voll starker Tragik, die nicht durch große Worte oder
emphatische Gebärden geschwächt wird, ist die Situation
dieses Sohnes. Als Mann steht er dem bekennenden
Mann gegenüber; Schicksalsschauer überrieseln ihn in
der Erinnerung an die Mutter; nicht die Mutter allein
ist sie für ihn jetzt, sorchern auch die Frau, die unsäglich
gelitter und die zusammenbrach. Während der Vater
vor ihm ein Anrecht auf ihn geltend macht und an die
Stimme seines Blures appelliert, keimt in ihm ein ganz
neues schmerzlich=zärtliches Gefühl für jenen, der ihm