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äm
18. Der ein Neg
nitt aus:
Münchner Zeitung
ZANOU 191
München

fällende bulgarische Geschösse kontten
für den seinen Geist Schnitzlers keinen seiner
nicht heftig bestritten werden. Wihtiger ist,
Wer picht Lust hat an einem blinkenden Schwert,
daß diese fünf Akte nicht nur eine sehr nachdenkliche wecker finden können. Daß Herr Ziege
Wen nicht freuet ein rasches, mutiges Pferd,
Sache, sondern auch eine Angelegenheit des Gefühls, Sala spielen und daß er ihn mit den letzte
Mer nicht nimmt ein häusliches Weib am Herd:
s tiefsten Mitempfindens eines Dichter=lichen Finessen spielen werde, war voraus
„Der ist des Namens „Mann“ nicht wert.
Den Julian gab Herr Framer, der mir
herzens mit den Schicksalen der Menschen sind. Und
Kinkel.
gendlicher Liebhaber usw. noch nie so gut
das gibt ihnen ihr eigentümliches, fast möchte man
sagem: bezauberndes Aroma, dem man sich auch mit hat wie in dieser Rolle eines ergrauten „Ein
Die schwärmerische Johanna war eine schön
Willen kaum entziehen kann.
Der einsame Weg.
Den einsamen Weg, den Schnitzler meint, gehen gabe für Frl. Horwitz, eine gemütvolle, bi
Schauspiel von Arthur Schnitl#r
Sentimentalität doch oberflächlich=leichte Wi
viele, in irgendeinem Sinne: nämlich den Weg hin¬
(Erstaufführung in den Kammerspielen am 27. Nov.)
ab, nach einem längeren oder kürzeren Leben oder eine ebensolche für Frl. Reiter. Die Herren
Die Meinung ist weit verbreitet, daß dieses
Erleben. In diesem Schauspiel gehl ihn z. V. der Bock und Marlé störten mit keinem Ton u
übrigens schon vor zwölf Jahren erschienene —
Maler Julian Fichtner, der einst, vor 23 Jahren, ner Geste die graue, verhaltene Stimmung
Stück Schnitzlers seine beste und jedenfalls seine
ein Mädchen flüchtig geliebt aber sie, um seiner Herbstdichtung; und das ist viel, ist alles.
feinste dramatische Arbeit sei. Ich besinne mich kei¬
Freiheit willen, wieder verlassen hat. Sie heiratete fall fehlte es nicht. Trotzdem fürchte ich, da
nen Augenblick, dieses Urteil auch zu dem meinen
dann seinen besten Freund Wegrath, der nie erfuhr, Schauspiel, das nicht für jeden ist, auch kür
zu machen. Zwar: dieser einsame Weg ist auch ein
daß sein Sohn Felix Julians Sohn sei. Auch Felix] seinen Weg einsam, wie bisher, durch die
Literatur wird wandeln müssen.
weiter Weg; es dauert sehr, sehr lange, bis wir das
erhielie Kunde von der Wahrheit seiner Abstam¬
Ende sehen, und wir sind ordentlich müde, wenn es
Richard Braung
mung erst spät. Doch Julian, dem er bis dahin in
so weit ist, und nicht etwa vom Wandern, sondern
vom Reden — der andern natürlich. Aber gerade herzlicher Freundschaft zugetan war, gewann da¬
durch nichts, im Gegenteil, Felix zog sich von ihm
dieses Reden, dieser Dialog ist es auch wieder, der
zurück und entschied sich für Wegrath, der zwar nicht
uns immer wieder von neuem fesselt, wenn das In¬
sein leiblicher, aber um so mehr sein geistiger Vater,
teresse an den nicht sehr bewegten Vorgängen er¬
der Hüter seiner Jugend, war. Und Julian geht den
lahmen will. Denn es ist so viel Grazie in ihm, so
„einsamen Weg weiter, den alle gehen, die nie irgend¬
viel schwebende Anmut, so viel Geist, nicht nur im
femandem gehört haben“. Aber nicht er allein ist
Sinne von Geistreichigkeit, sondern in dem von
so ein Einsamer; auch die übrigen Personen des
idelster, echter, positiver Geistigkeit. Freilich ist
Stückes — ohne Ausnahme problematische Naturen,
dieses Wort „positiv“ nur im Hinblick auf die Form
sind vereinsamte in manchem Betracht, Men¬
zu verstehen; denn der Inhalt dieses Schauspiels ist
schen, die nicht gesunden haben, was sie sich wohl
eine recht melancholische Negation — des Lebens
tnäumen mochten, und die, wenn kein anderer Aus¬
kann man wohl nicht sagen, aber doch so vieler Dinge.
weg möglich ist oder scheint, freiwillig in den Tod!
die das Leben bunt und reich und schön machen, der
gehen, wie Felix' Schwester Johanna und der
sogenannten Imaginationen also, die ja mehr Wirk¬
moderne Europäer (Genußmensch würde Wedekind
lichkeit besitzen als die angeblich wirklichen Dinge.
fahen) Stephan von Sala, eine Figur, die zugleich
Ich deutete schon an, daß die Ereignisse dieses
Episode und Mittelpunkt des Stückes ist und von der
Stücks an sich wenig bedeuten. Sie sind nicht viel
man das Empfinden hat, daß ihr zuliebe eigentlich
mehr als der Hintergrund für die geistigen Hand¬
diese fünf Akte geschrieben sind. Schnitzler hat nicht
lungen, die vorne, an der Rampe, geschehen; klarer
formuliert: für die feelischen Spiegelungen dieser viele Gestalten von ähnlicher Harmonie und Kultur
man verzeihe dieses vielmißbrauchte, aber hier
Ereignisse, um die es Schnitzler allein zu tun ist.
kaum entbehrliche Word! — geschaffen.
Daß ihm diese geistigste Form des Dramas, die er
Nur noch einige Worte von der Aufführung.
hier versucht, auch schon immer und überall voll¬
kommen geglückt fet soll nicht behauptet, aber auch Herv Falckenberg hat sie geleitet, und man hätte!