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17.4. Marionetten zuklus
box 22/11
Ee, Mauiia, Mailand, M
Der-Verk, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Poters¬
burg, Toronto.
(Guglienangube ehne Geud.
Zusschnitt aus:
12. FE
WIENEI ABENDPOST
Theater, Kunst und Literatur.
(Deutsches Volkstheater.) Kein eigent¬
licher Novitätenabend war's, was Samstag vom
Deutschen Volkstheater geboten wurde, dafür jedoch
eine interessante Bereicherung dieser arbeitsfreudigen
Bühne. Die drei Einakter Artur Schnitzlers, die
unter dem Gesamttitel „Maxionetten il Szene
gingen („Der Puppenspieler“ eine Studie;
„Der tapfere Kassian“, ein Puppenspiel;
„Zum großen Wurstel“, eine Burleske), stellen
einen neuen Zyklus dar. Sie muten an wie sein
ausgeführte Radierungen, die ein Meister der bilden¬
den Kunst in seiner Mappe vereinigt. Jeder einzelne
von ihnen hat bereits an dieser Stelle seine
Würdigung erfahren, heute sei nur noch dem
gemeinsamen Leitmotiv, das sie durchklingt, ein
Wort gewidmet. Die „Marionetten“ können als eine
zweite Folge jener Einakter genommen werden, die
in den Neunzigerjahren zuerst vom Burgtheater auf¬
geführt worden sind. Wie „Paracelsus“, die „Ge¬
fährtin" und „Der grüne Kakadu“ sind sie der Aus¬
druck des Lebensbildes, das dem Dichter vorschwebt.
Schnitzler ist ein Poet des Skeptizismus. Diese seine
Anschauung kleidet er in tiefernste Formen, aber er
läßt sie auch in Schilderungen von schwermütiger
Anmut emporsteigen, oder er bettet sie in eine tolle
Groteske ein, wo erst ein bedeutsames Schlußwort
die Gesinnung des Dichters ausspricht. Gerne gestattet
er sich die uns vertraute Wiener Note, jene bezeich¬
nende Mischung von Sentimentalität und Selbst¬
ironie. Woran knüpft sich, so fragt er, aller Wille,
alle Hoffnung des Menschen? An Ziele, die er
keineswegs klar zu erkennen vermag, die ihm aber
in scheinbarer Deutlichkeit vorschweben. Und dies ist
sein Verhängnis. Das Wesen der Dinge bleibt ihm
unbekannt. Er lebt, strebt und wandelt in einem
dichten Nebel der Täuschungen, vorwärts getrieben
von blinder Leidenschaft, bis irgend ein Erlebnis,
eine Erfahrung vielleicht für einen Augenblick den
Schleier zerreißt und ihn Wahrheit, zumeist traurige
Wahrheit, ahnen läßt. Keiner, auch nicht der Beste
der Stärkste, der am schärfsten Sehende, steht über
diesem Banne, der aller Sterblichen Schicksal bedeutet.
Vielleicht sind jene, die sich über solche Täuschungs¬
möglichkeit erhaben glauben, am schlimmsten dran.
Auch sie wissen nichts, aber sie glauben zu wissen.
Sie trifft jener Augenblick, da sie ihres Irrtums inne
werden, am schmerzlichsten. Dies ist das Los
des „Puppenspielers“. Da hat es der arme
Junge noch besser, den sein unbedenklicher Vetter, der
tapfere Kassian, niederstreckt. Der freche Knabe hatte
bisher im unbekümmten Gefühl seiner Jugendherrlich¬
keit die schönsten, üppigsten Träume von einer nahen
Erfüllung heißer Wünsche. Nun wird er rasch zu
Boden gefällt, und ihm bleiben nur wenige Augen¬
blick übrig, um der Hinfälligkeit seines Glückes be¬
wußt zu werden. Die Groteske „Zum großen Wurstel“
schüttelt einen ganzen großen Korb zappelnder
Menschlein aus. Schaulustiges, buntes Prater¬
Jublikum, Marionetten find's, wie die Steifen
da oben, die in der Bude vorgeführt werden. Vielleicht
nealich wie die bemalten Dinger,
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