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17.2. Der tapfere Cassian
1590
67. Jahrg. No. 45.
SIGNALE
persönlicher Leitung des Autors einen dreiteiligen Oscar-Straus-Abend, an dem
der hiesigen Erstaufführung der anderwärts früher schon auf die Bretter gelangten
einaktigen Oper „Colombine“ zwei neueste Einakter von Straus, das Singspiel „Der
tapfere Kassian“ und das Fastnachtsspiel „Venus im Grünen“ in Uraufführungen
nachfolgten und freundliche Aufnahme fanden. Zu der in Monte Carlo vor sich
gehenden, wenig neuartigen Spieler- und Kurtisanen-Tragödie „Colombine“ (Text
nach einer Erich Kornschen Bajazzade von Arthur Pserhofer) hat Oscar Straus
eine recht tüchtige, zutreffend charakterisierende Musik gesetzt, die mehr als mit
ihren gespreizt-operettenhaften Werbeszenen, Couplets und Trinkliedern mit einigen
ernst gehaltenen Teilen, mit den von Zigeunerweisen durchklungenen Ver¬
arbeitungen eines drastischen Golddurst-Themas, und mit den eine Traum¬
pantomime begleitenden düsteren Tanzklängen interessieren konnte. Sym¬
pathischer, stimmungswärmer mutete die auf einen ernsten Volksliedton einge¬
stimmte und wirksam mit Klavier- und Flötenklang durchsetzte Musik zu
Arthur Schnitzlers dramatischer Ueberbrettl-Ballade „Der tapfere Kassian“,
und am unmittelbarsten wirkten die fröhlichen Briganten-Humore und einige recht
gefällige Operettenweisen, mit denen der Librettist Rudolf Lothar und der Komponist
Oscar Straus das übermütige, just noch an den Fährlichkeiten der seligen lex Heinze
vorbeischlüpfende Scherzspiel „Venus im Grünen“ ausgestattet haben. Bei
sehr hübscher Inszenierung durch Herrn Dr. ! bewenfeld und rühmenswerter
gesanglicher und schauspielerischer Beteiligung der Damen Fladnitzer, Bartsch
und Sanden und der Herren Kase, Schroth und Lüppertz hat die Novitäten¬
aufführung gut von statten gehen, das Publikum wohl unterhalten und den Mit¬
wirkenden samt dem dirigierenden Komponisten und dem mitanwesenden Librettisten
des dritten Einakters mehrere Hervorrufe einbringen können. Treffer von der Art
des „Lustigen Ehemann“, der „Haselnuss“ und einiger „Walzertraum“-Stücke sind
dem Einakter-Komponisten nicht geglückt; immerhin aber dürften aus dem „tapferen
Kassian“ eine darin vorherrschende Liebesmelodie und aus „Venus im Grünen“ das
sehr hübsche Quartett „Ein herrlich Bild, das muss ich sagen“ und das vorzüg¬
liche Tanz-Duettino „Wer im Küssen nicht ganz sattelfest“ weiteste Verbreitung
finden. Im zweiten Philharmonischen Konzert nahm Herr Kapellmeister
Richärd Hagel, der Gründer und Dirigent des sich demnächst an diesen Kon¬
zeiten mitbeteiligenden Philharmonischen Chores erstmalige Fühlung mit dem
Winderstein-Orchester und mit dem Publikum der Philharmonischen Konzerte,
und er tat das mit charaktervollen Interpretationen der C-moll-Symphonie von
Brahms und der grossen Leonoren-Ouvertüre von Beethoven, mit der interessierenden
Vorführung einer belangreichen Orchesternovität und mit dem geschickten Begleiten
des Tschaikowskyschen B-moll-Konzertes auf so vertlauenerweckende Art, dass ihm
mit lebhaftem Beifall der Weg zu weiterer Betätigung an diesen Konzerten geebnet
werden konnte. Die Orchesternovität des Abends, die symphonische Dichtung
„Hero und Leander“ von Paul Ertel ist auch hier über ihren nicht eben
sonderlich bedeutenden und eigenartigen Themengehalt hinaus als eine durchaus
imponierende Stimmungsschilderung und modern-instrumentatorische Leistung an¬
erkannt worden. Der genial-rassige Pianist Télémaque Lambrino blieb bei seiner
#schwunghaften Wiedergabe des Klavierkonzerts von Tschaikowsky uns absolute
Sauberkeit und einige feinere Anschlagsnuancierungen schuldig. Um eine Aufgabe,
die gewiss vor allen anderen musikalischen Anforderungen unserer Zeit des
Schweisses aller Edlen wert ist, um die Popularisierung der Brahms’schen Kunst,
mühte sich in dankenswertester und schön erfolgreicher Weise Herr Gustav