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16.1. Lebendige StundenZuklus
steunr die Pfrichten, de ihr durch die neues der parlamentarischen Funktionen mit Recht Kamp
Situation auferlegt sind. Sie darf für sich in als bedauerliche Tatsache empfinden, sie wird teiligt
sich aber nicht dem Irrtum hingeben, als ob sich ei
Anspruch nehmen, daß sie schon bisher, auch
diese ungünstige Wendung im parlamentarischenauch
unter den kritischesten parlamentarischen Ver¬
selbst
Betrieb zugleich eine politische oder wirtschaft¬
hältnissen, ein volles Maß an Ruhe und be¬
liche Schädigung des Staates bedeutete. Wenn satz in
sonnener Auffassung bewährt hat; von dieser
r
dessen
Goethe nicht gesagt hat. Aber ich wage die
Man hat zweierlei gesagt. Goethe, dem
Vermutung, daß er sie gedacht hat. Und ich
das Bild des zerfahrenen Dichters Lenz vor
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bitte, die Kühnheit zu vergeben, daß ich, um
Augen stand, hat danach den Tasso geschildert,
meine Meinung auszudrücken, versuche, diese
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der in krankhafter Ueberreizung alle Schranken
vermutete Fortsetzung zu formen. Nach Sessio
der Sitte überspringt und als ein halb oder
meinem Sinn sollte es weiter gehen:
Geschi
ganz Wahnsinniger in sein Unglück stürzt.
haupt
Dazu liegt in Goethes Dichtung gar kein
Der Fels ist stolz und fest, doch er ist tot,
Verlai
Lebendig ist in Ewigkeit die Welle
Grund vor. Den Wahnsinn tragen die Aus¬
die Ei
Und alles Leben kommt allein von ihr.
deuter aus der Lebensgeschichte des wirklichen
sage
Torquato Tasso herein, und von krankhaftem
Und nun meine Schlußfolgerung. So zu neue
Wesen ist bei einem Dichter, der auf Antonios
schließen, wäre Goethe nicht stilgemäß und Lebe
verletzende Reden so vornehm ruhig erwidert,
nicht gerecht erschienen. Und nun läßt er auch ermi
keine Spur. Die zweite Ansicht geht nicht so
die andre Welt gelten, eben nur gelten, nicht ersch
weit. Sie findet nur, daß der Dichter, in den
einziges Maß und Muster sein. Und Tasso Mal
Träumen seiner eigenen Welt befangen, ver¬
spricht, was seiner Lage gerade jetzt ent¬ went
Aten
kennt, wo er lebt, und durch das Umarmen der
sprechen mag, aber nicht, was als Leitstern für den #
Prinzessin schuldig geworden ist. Nachdem er
ihn und andre auch später gelten soll. Es ist pfloch
sich auf sich besonnen hat, büßt er willig sein
ein Schluß des Dramas, der, von der innersten söhnt#
Vergehen.
Absicht künstlerisch ausbeugt, nicht die
aber,
An dieser zweiten Ansicht wird wohl kaum
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innerste Absicht selbst.
zug
etwas zu bemängeln sein. Reicht aber diese
Die Darstellung auf der Bühne nimmt übere
Schuld, wenn es wirklich eine Schuld ist, aus,
meist den Schluß wörtlich und verwirrt die verfo##
letzten
daß er sich selbst ganz verwirft und sich gerade
Empfindung des teilnehmenden Zuhörers,
Skep
an Antonio anklammert, den kühlsten Ver¬
schon weil das sinnliche Schauen hinzutritt,
treter der Hofsitte?
noch mehr. Ich glaube, sie müßte die Würde
beide
Das, glaube ich, hat Goethe nicht gewollt.
des Dichters deutlich wahren. Darum soll der
nahms
Hebt schon das Bewußtsein der dichterischen
Darsteller sich nicht mit dem beliebten breiten
keit
Kraft („gab mir ein Gott zu sagen, wie ich
Vertrauen an Antonio wenden. Er soll viel¬
komn
leide“) das Selbstgefühl Tassos, so sagen die
weite
leicht eine Bewegung machen, aber ihn nicht
folgenden Verse noch viel mehr.
vorg
mit beiden Armen anfassen, sondern sich fern¬
anla
Du stehest fest und still,
halten und mit schmerzlich lächelnder Resi¬
und
Ich scheine nur die sturmbewegte Welle.
gnation die letzten Worte sagen. Und wenn er
Allein bedenk' und überhebe nicht
rung
auch leicht ironisch würde, er wäre auch noch im
Dich Deiner Kraft! Die mächtige Natur,
schlaß
Recht. Denn Tasso ist der Unglückliche, nicht
Die diesen Felsen gründete, hat auch
und
der Unterlegene.
Der Welle die Beweglichkeit gegeben.
brach
So möchte ich mir das Bild des Dichters
scher
Hier möchte ich einhalten. Dieses Gleichnis
rein erhalten: Tassos und Goethes. Denn in
geber
scheint mir so außerordentlich treffend, den
diesem Werke sind sie beide eins, wie kaum in gese¬
Gegensatz der beiden Naturen zu kennzeichnen,
Inals
daß mir im Ohr eine Fortsetzung klingt, die einem andern.