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box 22/3
16.4. Litenatun
chern gram. die se viele Schönheiten unterschlagen,
unterschlagen müssen. Das Licht der Rampen
ist diesem hauchzarten Gebilde nicht bold Um die
Darstellung bemühten sich Bernhard Vollmer
als Claudio in ehrlichem Ringen mit den angedeu¬
teten unüberwindlichen Schwierigkeiten; Robert
Forsch, der meinem Empfinden nach um ein we¬
niges zu weit in dem Bestreben ging. den Tod von
allen mystischen Schauern zu entkleiden und als
den Erlöser hinzustellen: Melitta Leithner,
Ortrud Wagner und Max Ruhbeck, die
drei Verstorbenen, die ihre ergreifenden Monologe
mit starkem Gelingen sprachen, endlich Paul Mül¬
ler als Kammerdiener.
Oscar Wildes aufpeitschende, so gern am
Grauenvollen sich ersättigende Kunst kam in dem
wuchtigen Akt „Eine florentinische Tragödie“ zu
Mou Teutsches Theater. To/11 0f
Wort. So grundverschieden dieses Drama mit der
Eine für die Weih¬
2. Literarischer Abend.
furchtbaren Spannung seines Koniliktes, mit seinem
nachtsvorwoche überraschend starke Gemeinde hatte
atemlosen Hinstürmen zur Katastrophe von dem Hof¬
sich am Mittwoch im Deutschen Theater eingefunden,
eins hat es mit
mannsthalschen Werk auch ist,
um drei Dichtungen zu hören, die schon als charakte¬
ihm gemein: die Schwierigkeit der Darstellung.
ristische Beispiele für die Sonderart ihrer Schöpfer
Simone, der betrogene Ehemann, monologisiert fast
überaus interessant sind. Die satten Grundfarben,
unaufhörlich, während Guido, der Verführer, und
in denen die drei Werke neben= und gegeneinander
Bianca, das ungetreue Weib, stumm dabei stehen;
stehen, geben zudem einen so leuchtenden Akkord, daß
der hochmütige Adlige zudem in der kecken Sicher¬
ein besonderer nicht alltäglicher Reiz daraus er¬
heit des Unverletzlichen, — Bianca mit der veracht¬
wächst, der auch alle diezenigen voll auf ihre Kosten
lichen Zuversicht, daß der Krämer Simone sich als
kommen läßt, die nicht lediglich als literarische Fein¬
ehrloser Feigling bewähren müsse. Das ist eine
schmecker sich eingestellt haben. Der Abend wurde
große Gefahr für die beiden, zu bloßen Statisten!
durch die gedankentiefe Dichtung Hugo von Hof¬
zusammenzuschrumpfen, wenn nicht eine wahre
mannsthals „Der Tod und der Tor“ eingelei¬
Virtuosität der Mimik sie befähigt, das unaufhalt¬
tet. Wenn ich mich recht entsinne, sind Bruchstücke,
same Nahen des Unheils in ihrem aufhorchenden
vielleicht auch ist der ganze Akt vor etwa acht Jah¬
Spiel ahnen zu lassen. Darin haben Herr Voll¬
ren zuerst in der Münchener „Jugend“ erschienen.
mer sowohl wie Fraulein Dittmar ihre Auf¬
Der damals noch jugendliche Wiener Poet stand erst
gaben leider verfehlt. Sie ließen sich größtenteils
im Anfang seiner Laufbahn, schlug aber doch schon
die Momente entgeben, wo ein unbedachtes Wort
hier die Töne kräftia an, die sich ihm auch heute noch
Simones sie hätte erschrecken müssen, sie schienen von
zu seinen stärksten Wirkungen fügen; enthüllte aber
dem Ausgang des Gottesgerichtes überrascht wie un¬
auch schon hier in der bewußten Ueberfrachtung sei¬
ner Verse mit halbausgesprochenen Gedanken dieje, befangene Kinder, wo das drauende Heranschleichen
des Furchtbaren ihnen längst den Atem hätte rauben
nigen Mängel, die auch heute noch der im bühnen¬
müssen. Max Ruhbeck dagegen bot als Simone
technischen Sinne dramatischen Wirkung seiner
eine ausgezeichneteLeistung, die keinen Vergleich
Dichtungen hindernd im Wege stehen. Es sind schlecht¬
hin unerfüllbare Aufgaben, die Hofmannsthal sei= Zu sgrenen
dem iecken Lustspiel Art
nen Schauspielern zumutet, — vielfach zumutet.
Se.
sind schlechthin unerfüllbare Forderungen, die er an Ateratur“, das den interessält
die Aufnahmefähigkeit seines Publikums stellt. Die Izeichnete Hilde Dittmar das leichtsinnige Lite¬
glänzendste Diktion; die meisterlichste Redekunst ist graturweibchen Margarethe mit hübschen Strichen.
nicht imstande, die sich endlos drängenden und in Den verbummelten Auchdichter Gilbert, ihren Lieb¬
haber von ehegestern, gab Robert Forsch ohne
kunstvoll gebautem Satzgefüge absichtlich verschleier¬
jede Uebertreibung mit belustigender Charakteristik,
ten Gedanken so hinzureihen, daß sie dem Hörer un¬
alle Pointen des witzreichen Dialoas sicher heraus¬
mittelbar verständlich werden. Wer diesem Jugend¬
schälend. Der vortreffliche Herr Eivenack fand
werk „Der Tod und der Tor“ besonders bis dahin
für den Baron Clemens nicht ganz den typischen
fremd gegenüberstand empfängt nicht nur den Ein¬
Ton des blasierten Wiener Lebejünglings, dessen
druck, prachtvoll geschliffene Verse, im schönsten
Wurschtigkeit durch eine gewisse Gutmütigkeit und
Sinne musikalische Verse vor sich hinströmen zu se¬
die gelegentlichen Dialektanklange einen Stich ins
hen, die er gern einmal lesen möchte, um sie auch
wirklich zu begreifen. Die anderen, die sich in emsi= Liebenswürdige erhalten und deutlicher als die vor¬
ger, grüblerischer Lektüre mit den Tiefen der Dich= gebundene Maske erscheinen muß, hinter der sich das
tung schon vertraut gemacht haben, sind den Spre¬ leichtschäumende Wiener Gemüt verbirgt. H. H.