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14. Der Schleier der Beatrice
für alles Andere macht, hört er an der Thür seines Hauses Knoten zu einem tragischen Ausgang später schürzen wollte, im Lauf der Zeit ein vollsaf
ihre Stimme. Mit dem Schleier, dem Geschenk des eben ist seine Sache. Aber in diesem Augenblick mußte er Farbe scher, bald jäh auffahrender
angetrauten Gemahls, ist sie heimlich zu dem Dichter geeilt, bekennen. Was er dabei auf die Bühne bringt, ist ein Kunst= dementsprechend von der Di
Beatrice war von Fräulein
stück, das er freilich mit dichterischen Farben umgiebt, aber
um ihr Versprechen zu erfüllen und in seiner Umarmung zu
ein weibliches Element, das
kein reines Bild der Natur, wie wir es von ihm erwarten.
sterben. Die Sehnsucht nach ihm erschien ihr mächtiger als
gebung verwirrt und vernich
Ihn reizte es, die Schuld Beatrices auf einen Punkt zu
alles Glück der Erde. Sie erschrickt nicht, als Filippo ihr
das um sich frißt und für #
verlegen, wo ihr die Sühne sofort auf dem Fuß folgen mußte,
das Bild des Todes in furchtbaren Zügen ausmalt. Aber
antwortlich gemacht werden
um die Handlung des Dramas zur äußersten Kürze zu¬
als er ihr die Vorstellung einflößt, daß schon die ersten harm¬
spielt, je freier man sie von
sammenzupressen. Der Liebeslust, die in seinem Schlo߬
losen Tropfen des Bechers, von dem sie nippen, das Ende
garten tobt, macht der Herzog ein Ende, als er beunruhigende hält, desto besser wird man #
bedeuten könnten, kommt der Drang zum Leben unaufhaltsam
geben. Fräulein Triesch li
Nachrichten vom Feinde erhält. Er fragt nach seiner Ge¬
über sie. Auch das Sterben ist ihr nur eine Tändelei ge¬
spielerin etwas von „mora
mahlin und sieht sie endlich ohne Schleier wiederkehren. Als
wesen, und aufs Neue fühlt sich Filippo betrogen. Er will
er erkennt, daß sie ihr Fernbleiben mit einer Lüge zu ent= einen Zug hinein, der namen
sie wiederum davonjagen, und als sie trotzdem bleibt, leert er
als Beatrice vom Herzog zu
schuldigen sucht, erklärt er sie ihrer herzoglichen Würde für
eine andere Schale mit Gist und stürzt entseelt zur Erde.
Herr Kayßler gab als
verlustig und verurtheilt sie zum Tode durch das Schwert.
Beatrice möchte ihm auf dem finsteren Weg folgen, aber der
Schon scheint ihr Schicksal besiegelt zu sein, als sie im Wahn= wöhnte und Herrische, das
Becher ist leer, und von Entsetzen geschüttelt stürzt sie mit
sinn der Verzweiflung die Hand des Fürsten ergreift, um ihn uns das leicht Aufwallende
dem Angstgeschrei: Leben! aus dem Gemach, wo sie den
Entschluß der Heirath mit ##
zu der Stätte zu führen, wo sie den Schleier verloren hat.
Schleier zurückgelassen hat.
greiflich machte. Die Aus
In Filippos Gemach findet der Herzog hinter dem Vorhang
In diesem dritten Akt wird der Dichter von dem Geist
Deutschen Theater gefunden
die Leiche des Dichters. Wie er erschüttert die Wahrheit
der Renaissance, der ihn so lange sicher geleitet hat, offenbar
der Gärten, bei Filippo uns
durchschaut und, ohne Kraft zum Strafgericht, über das
verlassen. Wir sind nicht mehr in dem Italien des sech¬
von Bologna mit der sich
Räthsel dieses Weibes nachsinnt, empfängt Beatrice den
nten Jahrhunderts, im Zeitalter der ungebrochenen Tem¬
Todesstoß von der Hand ihres Bruders. Beim grauenden eingefaßten Straße, wie man
eramente, der unbezwingbaren Antriebe in Kopf und Herz,
die Anerkennung des Publih
Morgen stürzen alle dem Feinde entgegen, der sich vor den
die klar und rückhaltlos auf das einmal erkannte Ziel los¬
Thoren zum Angriff erhoben hat.
gehen, die unbedingt herrschen wollen und für eine Krone
Das Stück ist reich an Schönheiten, wie sie der Dichter
Alles aufopfern Eine weichere Luft, als über die Höhen des
Die
bisher nicht erreicht hat, und sie prägten sich bei der Auf¬
Apennin hinweht, sucht uns plötzlich zu umschmeicheln, und
In dem schönen Aufsatz
führung der Phantasie des Publikums tief ein. Aber es
mit einem Schlage befinden wir uns in Wien, wohin es den
jedes Berliners freudig zug
Dichter in diesem Aufzug heimathlich zurückgezogen hat. Soenthält daneben ein Gewirr von Motiven, das sich schwer aus¬
ehrte Verfasser, Ernst von
einanderknüpfen läßt und auch von den Schauspielern nicht
viel Sprünge das Temperament seiner Beatrice auch macht,
der kleine Gedenkstein auf de
verständlicher gemacht wurde. Herr Rittner spielte den
so tändelnd und zufällig sie sich in ihren Gefühlen hin= und
Da die Frage einmal angere#
Dichter Filippo, in dem sich die ganze Welt zum Schönheits¬
herbewegt, dies Eine, daß sie sich vom Traualtar und der
sie mit einem Citat aus M
gefühl und zur Liebessehnsucht abklärt, trocken und mürrisch,
Seite ihres fürstlichen Gemahls hinweg zu dem Geliebten
antworten. Dort heißt es (4
ohne Spur von Schwung und Wärme, wenn das Gefühl auf¬
stiehlt, glauben wir ihr nun und nimmer. Nachdem sie den
Entfernung kam der König
wallen soll, und ohne Größe und Ergriffenheit, wenn der
höchsten Preis für ihren Besitz gefordert und erreicht hat, muß
zember 1809 nach Berlin u
Tod sich über ihn neigt. Aus dem Liebhaberfach ist der
es mit der Kindlichkeit ihres Wesens, das nicht weiß, was es
Zur
wohner zurück.
Künstler allmählich so entschieden herausgewachsen, daß es
will, ein für alle Mal zu Ende sein. Den Roman ihres Lebens
königlichen Paares ließen di
keinen Zweck mehr hat, ihn und das Publikum mit solchen
schlägt sie damit zu, und das Gebieterische des Weibes, dem
der Südseite des Waldes,
Aufgaben immer wieder in Verlegenheit zu bringen. Das
sich Alles beugt, füllt nunmehr ihre ganze Seele aus. Sie hat
gesiegt und muß ihren Triumph auskosten ohne Spur von Zarte und Empfindungsvolle bringt er in den Worten nur Potsdamer Thor zum Hofjäg
##omantik, weil sie endlich erkannt hat, welche dämonische noch mechanisch hervor, wie Etwas, das ihn geradezu ärgert, Königsweg heißt, eine kleins
Gewalt sie auf die Menschen ausübt. Wie der Dichter den und mit dem er möglichst schnell fertig werden will. Er ist nannt, mit Gesträuchen, B#