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14: Der Schleier der Beatrice
ie nieder, hat es die rauschende, gewaltige Welt der italienischen halten die Brunnen bewacht, Speere starren, die Hei¬
rers zum Renaissance angethau. Auf unseren Bühnen machen
den eines allzu einseitigen Spielplans rächten sich aufs
den haven große Gewalt über Israel.“
sich Autoren breit, denen jene farbensatte Welt gerade
Doch wenn auch solche herbe Kraft dem Natirell e Aufgaben grübelnder Verstandeskunst, Dämpfen
das mit gut genug für ihre Costümwirkungen, für ihr fades des Dichters und seinem Werk mangelt, so überrascht ind Verhalten der Leidenschaft, weiß Director Frahms
spielt, so Reimgesäusel scheint. Schnitzler gehört nicht zu ihnen.
Ensemble unübertrefflich zu bemeistern. Doch das freie
der Reichthum seiner Eingebungen im „Schleier der
langt von Er weiß, daß süßliche Maskenspiele in diese Epoche Beatrice“ stets aufs Neue. In einer Fülle von Episo¬
Ausströmen der Affecte, das Schwellen und Rauschen
er Bahn. eiserner Männlichkeit übel passen wollen. Er möchte den gibt sich eine wahrhaft fürstliche Verschwendung
der Verssprache, findet hier keine Freistatt. So lag
n Pfaden ihr wahres Angesicht heraufbeschwören. Jene selt= kund. Der Dramaturg mag es beklagen, daß die
Nüchternheit und Kälte hemmend über die Aufführung.
lächelnd, same Harmonie inniger. frommer Schönheitssehnsucht klaren Linien des Dramas von überwucherndem Bei¬
Frostig, wie ein stimmungsloser Maskenball, wirkte das
r Stunde und rauher, gewaltthätiger Kraft. Jene Zeit, in der werk getrübt werden. Aber die Empfänglichen wissen
Hochzeitsfest des Herzogs. Nicht wie ein brünstig=tolles
tändelt, die Propheten hellenischen Formenadels am Tisch skru= dem Dichter Dank für Stenen, wie jenes Auftreten
Bacchanal beim Fackelschein auf grünem Rasen, vom
s in den pelloser Gurgelabschneider zechten. Die Zeit, deren des Grafen Andrea mit seiner Schwester, der stolzen
Grauen naher Vernichtung gespenstisch umlauert. Selbst
Wahrzeichen Fra Angelicos inbrünstig=reine Engel so Braut, die der Poet Filippes um Beatrices willen ver¬
ein so unwiderstehlich überzeugendes Talent, wie
r Stunde gut bilden, wie Veroechios Eisenreiter.
Rudolf Rittner, mußte versagen. Sein Poet
rieth. Ergreifend wirkt es, wenn sie allem liebevollen
nügte die
Doch ein Schelm, der mehr gibt, als er kann.
Filippo schien sich im rothen Sammtcostüm durchaus
Drängen des Bruders nur die unbewegliche Stumm¬
eigenen Schnitzlers poetisches Temperament weist nun einmal heit eines umnachteten Geistes entgegensetzen kann. Er¬
nicht wohl zu fühlen und sich nach modernen Menschen
Nicht ein stärter ins Gebiet des Weichen, Rührenden, wohl auch greifend, wie das tindische Lallen des Wan enschnei¬
zu sehnen, die einen Smoking rragen und ihre Gefühle
wollte er Rührseligen, als in das Reich des Rauhen, Starren,
verbergen, statt sie in rauschenden Accorden in die
ders Nardi, Beatrices Vater, dem seit sieben Jahren
Concen= Brutalen. Die Engel gelingen ihm besser als die Con= die Welt stille steht, dem seine erwachsenn Töchter
Welt zu schmettern. Nur Irene Triesch, die Dar¬
en. Bild dettieri. Deshalb vermochte er nicht alle Stimmungen immer noch als kleine, der Fürsorge bed##tige Kin¬
stellerin der Beatrice, fand den Schlüssel zu den Reich¬
#e bunte,] seines Renaissancedramas auszuschöpfen. So ist der der erscheinen.
ehümern ihres Poeten. Sie offenbarte das Verspielte,
verdeckt, Ton nicht getroffen, der die Noth einer todtgeweihten,
Sonnambule, dem Willen Entrückte der kindlichen
Das Publicum richtete in solchen Abschweifungen
Fürstenbraut mit fortreißender Kunst. Ihr gelang der
die Ent= dem Untergang nahen Menschengemeinschaft offenbart. nur die Verfehlung gegen die Gebote der unmittelbaren,
en Mäd= Cesare Borgias Heere umklammern die Stadt. Morgen
Aufschrei der sterbensbangen Sehnsucht so bezwingend,
überrumpelnden Bühnenwirkung. Der Dichter aber
wie das brünstige Locken erwachender Sinnlichkeit. Sie
Schöpfung werden sie die Thore stürmen, Tod und Verderben in mag stolz darauf sein, daß ihm nur allzu freigebig ver¬
die Straßen schleuern. Aus dieser Festung müßte eine schwendeter Reichthum vorgeworfen wird. Für diesen
allein ließ mitten in Nüchternheit und Armuth den
M. J.
gen läßt, barge, beklemmende Schwüle strömen, wie aus Reichthum war unser treffliches „Deutsches
Reichthum ihres Dichters ahnen.
en allens Hebbels umzingelter Stadt Bethulien. „Schwerter[Theater“ nicht die rechte Schekammer. Alte Sün¬