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14. Der schleier der Beatrice
— h sinden lassen. Eu.
sängel hoffen wir durch eine entsprechende Vermehrung der Zahl der vor, daß es gewisse Dinge giebt, wo wir uns niemals grundsätzlich! Erregung in die polnische Bevölkerung
* bildungsanstalten bald beseitigen zu können.
ganz verständigen werden und wo in Folge dessen gewisse Be=lasse sich die Frage des confessione
an
sie schließlich — durch den Dolch — nicht des Herzogs, sondern
dem Studium jener Epoche nur obe
Aus Kunst und Wissenschaft.
ihres Bruders, nachdem ihr Tächtelmächtel mit Philippo vom
ein solches erkennen muß. Wie wa
Herzog entdeckt ist. Eine „moderne“. Ueberkritik nennt sowas
Berlin, 9. März.
bedeutende Culturwerthe sich bis ##
„sein,“ „tiessinnig,“ „phychologisch vertieft“ „interessantes könnten — Werthe, von deren R#
* Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in 5 Acten
Problem“ 2c.
unserer Armuth zehren
von Arthur Schnitzler. Erstaufführung im Deutschen
Ein Herzog: Bentivoglio. Ein Kraftmensch. In der die absolute Schamlosigkeit,
Theater am 7. März. —
letzten Nacht vor dem Verderben beschließt er, das schönste Depravation Trumpf war, so daß
Der „Schleier der Beatrice“ — es ist der Schleier der
Mädchen Bolognas abzufangen, um es seinem thierischen Ge¬ kein Raum mehr vorhanden war?!
Schamlosigkeit. Es thut noth, jenen zu lüften, damit diese
lüste zu opfern. Beatrice erscheint, erweckt „edlere“ Gesühle inhierin doch wenigstens ein Gegengen
in ihrer Nacktheit sich zeige.
ihm. Er nimmt sie sich — aber macht sie vorher
nicht. Und warum nicht? Einfach
Im Anfange des 16. Jahrhunderts spielt die Handlung.] zu seinem Weibe. Während der Festlichkeit die er aus diesemgeistigen Ideale jedes Verständniß
Bologna steht im Streit wider den Papst. Die
Anlaß veranstaltet, fordert er alle Männlein und Weiblein,
aber für die absolute suitas —
überlegenen Heerschaaren des Cesare Borgia rücken
die in den Gartenanlagen seines Schlosses herumschwirren, kommt ungewöhnlich craß zum Vor
gegen Bologna an. Die Stadt steht vor dem Untergange,
auf, sich der niedrigen Sinnenlust schrankenlos binzugeben. Alle
Ganze einem Plaidoyer für die B
von dem sie nur eine Nacht noch zu trennen scheint. In dieser
Kinder, die aus den Folgen dieser Nacht entsprießen, sollen —
Culturfactor so ähnlich sieht, wie ein
Vorahnung harrt das Volk, harren der Herzog, die Nobili,
so decretirt er — adlig sein!!! (Ist das nicht eine Helden¬
Auf solche systematische Geschich
die Künstler — kurz Alles, was lebt, dem blutigen Morgen
that?!) Nachdem er das Verbältniß zwischen Beatrice und
sittlicher Tendenzen sollten Strafen #
entgegen.
Philippo entdeckt, verzeiht er. Denn: Philippo ist ja der un¬
wahrer Bildungsbestrebungen! D#
Wie spiegelt sich das Leben in diesen bangen Stunden?
sterbliche Dichter, und Beatrice ist ja nur — ein Kind!
sovie! Bildungspöbel..
Ein Dichter: Philippo Roschi. Unsterblich soll er sein
(Danke für solche Kinder. Hoffentlich hat Herr Schnitzler
„Des Geists Verschwendungin
durch seine hohe Kunst. So wird gesagt. Doch merken kann
das Modell nicht seiner eigenen Familienkinderstube
lautet ein Vers Griesebachs
entnommen.)
man davon nur herzlich wenig.
Man sieht einen
als Endurtheil über den „Schleier
decadenten Reflexionsmenschen, einen Mann könender, inhaltarmer
Die Schwester der Beatrice: Rosina. Sie ist neidisch auf
nicht einmal ganz zutreffend. Schma
Worte, unklar im Geist und in der Seele zerrissen. Er ist der
die glücklichere Schwester. Sie lechzt darnach, sich dem Herzog
Nein!
Bräutigam einer edlen Jungfrau. Leichten Herzens stößt er
vor die Füße zu werfen und von ihm der schmachvollsten Ent¬
Die Darstellung war anscheinen
sie bei Seite aus Liebe zu Beatrice, dem schönen Kinde aus
ehrung „gewürdigt“ zu werden. Sie ist höchst ungehalten
bereitet. Doch war sie nicht aus
dem Volke. Aber auch diese weist er von sich, wegen eines
darüber, daß er sie unberührt stehen läßt.
Rudolf Rittner, diesem großen
— Traumes, den sie gehabt, dessen Inhalt ihn anekelt. Gleich
Auch sonst noch rennen Männer und Weiber über die Bühne,
worden? Aus dem Bereich des Natü
darauf wirft er sich in die Arme zweier florentinischer
die nur das Bestreben zeigen, sich in dem tiefsten Schmutz
crasseste Unnatur gezwängt, stieß
Courtisanen, um mit ihnen in gemeinen Sinnenrausch unter¬
niedriger Triebe zu wälzen.
Hindernissen herum. Und zwischen
zutauchen — die letzte Nacht vor dem Vergehen. Noch ein¬
Alles das — alles, alles in der letzten Nacht, die dem großen,
sagen formvollendeten Versen schwan
mal länft Beatrice ihm in den Weg. Auch jetzt stößt er sie
blutigen Sterben vorangeht!
und Charybdis. Das einzig wirklich
zurück, da sie sich an das Leben klammert, währeno er zu
Ich könnte nun noch fortfahren in der Schilderung. Doch
brachte, war Irene Triesch's
sterben wünscht. Er nimmt Gift —
ich unterlasse es, rechnend auf den Generalpardon des geneigten
ragenden, einzigartigen Künstlerin gel
Ein Mädchen aus dem Volke: Beatrice. Ein hysterisch¬
Lesers. Ganz gewiß: selbst das Zeitungspapier hat ein Recht
ständliche verständlich, das Häßliche
auf Schonung!
somnambulistisches Wesen, wie es in solcher Verzwicktheit nie¬
greifend zu gestalten. Ihr Wesen #
mals wirklich leben, sondern nur in der verschrobenen Phantasie
Aber ist denn das die „große Kunstoffenbarung“, die wir
unnachahmlichen Schimmer des M
eines perversen Hirns existiren kann. Sie hat einen Bräutigam,
von der Bühne her erwarten? Soll das die Tragödie der
fast wie die Rettung einer verl#
der sich ihretwegen entleibt, was sie völlig kalt läßt. Sie liebt
Neuzeit sein?
denn was aus der Vorstellung ohn
Philippo mit wahnsinniger Gluth. Trotzdem wirft sie sich dem
Ja, ist denn die Welt wirklich nichts weiter als ein großes
wäre daran wage ich gar nicht zu ##
Herzog an den Hals, und wird im Handumdrehen Herzogin.
Bordell? Und hat ein dramatischer Dichter kein anderes Ziel,
einzelne Momente schon die Grenze de
Der gute Cardinal muß in der Nacht noch die Trauung voll¬
als dies im Spiegelbild zu zeigen?
[Kayßlers Herzog war eine voll
ziehen. Dann entläuft sie dem Herzog wieder, kehrt zu dem
Aber, werden die „Geistreichen“ einwenden: die damalige
übernahm sich der Künstler stellen
Dichter zurück, rennt nach dessen Tode wieder dem Zeit! Ein Cultur= und Sittengemälde aus einer ver¬
wendung der Mittel, und so wurde
Herzog in die Arme
und weiß bei Allem nicht,
sunkenen, farbenreichen und sinnentrunkenen Epoche! Denen ist
Acte nicht recht glaubhaft. Zu ####
wie ihr geschieht, noch was sie eigentlich will. Uebrigens ist zu erwidern: Der Verfasser lügt! Mit Absicht und Bewußt= Dumont's fein ausgearbeitete tem
sie immer müde — so müde. Sie stirbt — denn sterben muß sein tischt er uns ein Zerrbild auf, das ein Jeder, der in Rosina, Otto Sommerstorff's