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14. Der Schleier der Beätrice
hatte der Ansturm Dekurtins auf den Artitel Weiches immer die Art der Lösung sei, soviel obfektwv ausdruckte, nicht widerlegt werden, funf
ihrer Hand, wäre auch dazu bereit, wenn nicht Sokrates] zu haben, dem Asklepios einen Hahn zu schlachten. Lieb
Feuilleton.
Statt dessen hört er die reumütige Beichte der zer¬
hereinträte und seine warnende Stimme erhöbe.
gegen
ande
knirschten Timandra an: da der Kerkermeister dem
Ordentlich setzt er dem pflichtvergessenen Schüler den
Todeskandidaten aus Barmherzigkeit gleich eine ganze
wäre
Kopf zurecht. Prophetisch wie Wildenbruchsche oder
Berliner Theater= und Kunstbriefe.
beiste
Lauifsche Helden, wenn sie die Größe des Vaterlandes
Kanne Schierling hingestellt hat, setzt Timandra den
Von Dr. Max Meierfeld.
in begeisterten Worten voraussagen, schildert Sokrates
Krug an die Lippen und stirbt zugleich mit ihrem
Me
Recht im Gegensatz zu Dreyers Schwank überaus
seinem künftigen Biographen die glänzende Zukunft,
hehren Opfer. Platon aber versichert uns noch, wenn er
diesen leidvollen Tag überlebe, dann könne ihn kein
die seiner harrt. Entbehren sollst du, sollit entbehren,
unglücklich in der Erfindung und in merkwürdiger
er
Uebereinstimmung mit dem Inhalt von Heyses biblischem
Sturm mehr knicken, sodaß wir doch wenigstens über
klingt es in seiner Moralpredigt, damit du der Nach¬
fakti
Drama steht Adolf Wilbrandts fünfaktiges Trauer¬
welt deine wundervollen Werke schenken kannst. Und
seine Zukunft einigermaßen beruhigt sind.
geras#
spiel „Timandra“. Der Name deutet meines
Platon, eben noch ganz Leidenschaft, ganz im Bann
Nur in solchem überlegenen Ton kann man von
mit
Wissens auf Altibiades, dieser wiederum weist auf den
der geliebten Frau, folgt der höheren Einsicht seines
diesem ärgerlich flachen Machwerk berichten. Man tut
daun
Kreis des Sokrates. In Wirklichkeit ist „Timandra“
verehrten Lehrers und stürzt davon. Herein aber stürzt
es ungern, denn Adolf Wilbrandt ist kein dichtender
der
die Sokrates=Tragödie. Sie reiht sich stofflich an Wil¬
Timandra, racheschnaubend, wutentbrannt. Du hast
Schulmeister, aber ein Parkett von Primanern würde
brandts frühere Dichtung „Hairan“ an, ein verkapptes
kaum eine Gestalt von so erschütternder geistiger
mir meinen Platon geraubt, du alter Schulfuchser,
Christus=Drama. Von jeher haben die Poeten Unterrocks¬
warte, ich will dir zeigen, was ein gekränktes Weib
Impotenz für einen Sokrates hinnehmen. Mißbrauch
politik in der Weltgeschichte getrieben, Helden der Tat
vermag. Den Kopf wird dich das kosten. Weidlich
der poetischen Lizenz ist es, irgend eine Bühnennull
und des Gedankens mit einem Frauenschicksal verknüpft.
unbeliebt bist du bei den Athenern ohnehin, da brauch
mit einem hochtönenden Namen auszustatten. Wer
lung
Das erklärt sich aus der dominierenden Rolle, die der
ich die Flamme nicht viel zu schüren. Wie ein echter
einen Sokrates auf die Beine stellen will, muß ihm „De#
Liebe im modernen Drama zugefallen ist. An dem
vor allem einen Kopf mitgeben. Mißbrauch der poe¬
Weltweiser, erhobenen Hauptes und ohne mit der
wirt
Weibe müssen selbst die zu Grunde gehen, denen die
Wimper zu zucken hört Sokrates die Schmähungen
tischen Lizenz scheint mir hier aber auch an dem Stoff¬
Stin
Ueberlieferung in diesem Punkte kein Schuldenkonto
des rasenden Weibes an. Im nächsten Akt sitzt er
lichen in zwiefacher Weise getrieben zu sein. Der
Wert
vorgesehen hat. Mit Xanthippe, dem mit Unrecht übei
aber bereits auf der Anklagebank; und zwar nicht, weil
Prozeß des Sokrates, eines antiken Volksseinds, mutet
selben
beleumdeten Weib des Sokrates, vermöchte ein neuerer
er die Jugend verführt und die schlechtere Sache zur
an wie ein Vorspiel zur Christus=Tragödie. Der
Dichter nichts anzufangen, es sei denn, daß er eine
besseren gemacht, sondern weil Timandra einem abge¬
Bild
athenische Straßenphilosoph erliegt dem Unserstand der
Ehrenrettung versuche. So wurde Timandra vorge¬
wiesenen Liebhaber ihre Gunst versprochen, wenn er
Menge und eröffnet eine glorreiche Reihe von Märtyrern.
ist dis
schoben. Daheim in Chios hat sie ihren Mann und
den leidigen Sittenprediger aus der Welt schaffe.
Es heißt, ihm seinen Nimbus rauben, seine kultur¬
nicht
Natürlich verurteilen die wankelmütigen Athener den
ihre Kinder. In Athen wird sie viel umschwärmt und
geschichtliche Bedeutung und zugleich seine menschliche
entbrennt selbst in heißer Lieb zu Platon. Nun erst
unbequemen Spötter, der ihnen längst ein Dorn im
Größe herabsetzen, indem man ihn über ein launisches
griffe
geht ihr des Lebens Glück auf. Mit dem Aufgebot
Auge war, mit Stimmenmehrheit. Im letzten Akt
Weibchen stolpern läßt. Wer uns etwa Napoieons
dem
ihrer weiblichen Ueberredungsgabe will sie, ein wenig
finden wir ihn, von seinen Freunden umringt, im Ge¬
Sturz als eine Folge seiner Trennung von Josephine
femme incomprise des Altertums, den Geliebten zur
fängnis, wo er im Jahre 399 v. Chr. G. den Gift¬
Bolo
Beauharnais darstellen wollte, würde alle Kritik ent¬
Flucht bestimmen, und der, ein girrender Seladon in 1 becher leert, ohne seine Getreuen vorher aufgefordert i waffnen. Zum zweiten wird Platon als schmachtender eine###