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14. Der Schleier der Beatrice
Zrepeirgoseichen Gumttie #ie U#.
den Staatsdienst vorbereitet.
haben, daß auch ein Verbleiben der Prinzessin Luise mit ihrem
Wie gesagt: Ganz unser Urteil über Herrn Joe Chamber¬
Töchterlein möglich sein wird, muß vorläufig dahingestellt bleiben.
lain! Was will man schließlich von einem Menschen, der nichts
Der Park der Villa Toscana prangt gegenwärtig im herrlichsten
Gediegenes gelernt, sondern in seinem Leben bloß Glück ge¬
Frühlingsgrün. Das dichte Laub entzieht die einsamen Be¬
wohner der Villa nun gänzlich den Blicken etwaiger Neugieriger,
habt hat, anderes erwarten, als hohle Großsprecherei und Wichtig¬
und der See, der in den letzten Wochen durch die Schneeschmelze
tueret, hinter der nichts, aber auch gar nichts von Eigenwert
beträchtlich gestiegen ist, bringt seine Wellen bis zur Ufermauer
dahintersteckt?
des Parkes. So ist die Villa Toscana in ihrer herrlichen Lage
der großartigen Alpenwelt gegenüber ein völlig abgeschlossenes
OT
S
prächtiger Siegfried, das erquickende Bild eines reckenhaften Knaben,
befriedigte nur, weil ihrem Wachstume zum leidenschaftlichen, in stürmischer
der stimmlich eine hervorragende, eine glänzende Leistung schuf. Wäre
Liebe entbrennenden Weibe, die richtige Entwickelung und die fortreißende
dem Künstler das Pathos nicht zum einzigen Stützpunkt für seinen Gesang
Größe fehlte und hrem Erwachen, dem allmählichen Erinnern dessen,
und seine Gebärde geworden, also zur zweiten Natur, so hätte er das
was geschah und dessen, was geschehen muß, jenes feine künstlerische
vortreffliche Aeußere des Bildes durch die Natürlichkeit des seelischen
Empfinden, das bestrickt und den Zuhörer völlig in seinen Bannkreis zieht.
Gehaltes in Ton und Darstellung zu einem unübertrefflichen Gemälde
Ist der Schein überwunden, so tritt jede Gestalt, wie Wagner es
vollenden können. So ist Herr Urlus wohl nach Gestalt und Stimme
will, lebensvoll in die Erscheinung. Mimes und Alberichs eigentümliche
ein auserwählter Jungsiegfried, aber nicht in gesanglicher und dar¬
Ton= und Wortsprache und Gebärden müssen deshalb als natürlich
stellerischer Hinsicht und das bedaure ich aufrichtigen Herzens. Was
empfunden werden. Dem über alles Lob erhabenen Mime des Herrn
Wagner für die Siegfriedpartie außer Stimme und Gestalt noch fordert,
Marion war der Alberich des Herrn Kunze bis auf Kleinig¬
ist Natur und Poesie, und die besitzt leider Herr Urlus nicht. Im
keiten ebenbürtig. Wäre der tötliche Haß des Schwarzalben gegen
ersten Aufzuge, als er mit Mime zankte und dann sein Schwert schmiedete,
Wotan ohne Lücken und wilder fauchend und die Habgier seinem Bruder
wurden die Mängel nicht so offenbar, da er sie durch seine stimmliche Frische
Mime gegenüber noch tierischer im Anspringen zum Ausdruck gekemamen,
und Krafi, mit der er vor allem die Schmiedelieder sang, zu überdecken ver¬
hätte der Leistung nichts an der Vollendung gemangelt. Herrn Kunzes
mochte. Dafür traten sie im zweiten Akte um so schärfer hervor. Herr Urlus
Alberich war nach Ton und Bewegung der beste, den ich bis jetzt auf
war nicht der Knabe, der noch nichts von der Welt weiß und dennoch von einem
der hiesigen Bühne gesehen habe. Im Vergleich zu dieser Leistung fällt
unbezähmbaren Tatendrang erfüllt ist, nicht das träumerische große Kind
die von Fräulein Samek als Erda auf den Nullpunkt der Bewertung
nit der gewissen Unbeholfenheit in Ausdruck und Haltung, er war schon
herunter. Herr Schütz als Wanderer und Fräulein Untucht als
vie im ersten Aufzuge der Jüngling, der von seinem Heldentume über¬
Waldvogel boten Lobenswertes, nicht so die Regie mit der Beleuchtung.
eugt ist. Der Knabe Siegfried, der nur die Natur kennt und liebt,
Das Orchester spielte gut, aber ohne rechte Liebe. Die Begeisterung der
ürde sich wohl kaum in der von Herrn Urlus eingenommenen Stellung
Zuhörer dagegen war groß und wuchs von Akt zu Akt und mit ihr
nter den Baum gelegt haben, um von Vater und Mutter zu träumen.
steigerte sich in gleichem Maße der Beifall. Gut bleibt eben gut und
st es denn so schwer, auf der Bühne natürlich zu sein? — Die lang
deutsch bleibt heutsch.
Paul Merkel.
usgestreckte Lage, dazu die Hände über dem Kopf gefaltet, kann als
ie richtige nur in Betracht kommen. Auch in Leipzig habe ich Jung¬
00 Leipziger Schauspielhaus.
egfriede gesehen und gehört, die Herrn Urlus im zweiten Aufzuge
i der Natürlichkeit und Schönheit des Gesanglichen und Darstellerischen
Gastspiel von Irene Triescht4
edeutend über waren. Den schlimmsten Streich spielte dem Sänger das
„Der Schleier der Beatrice“.
zathos im zweiten Teile des dritten Aufzuges, als Siegfried auf Brünn¬
Schauspiel in 5 Akten von Artur Schnitzler.
ildenstein kommt und Brünnhilde mit einem Kuß zum menschlichen
Warst Du nicht, Beatrice, nur ein Killd,
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eben erweckt, weil es ihn verhinderte, das Reifen des Knaben zum
Das mit der Krone spielte, weil sie glänzte, —
iebe fühlenden Jüngling lebenswahr zu zeichnen. Siegfried muß Brünn¬
Mit eines Dichters Scel', weil sie voll Rätsel, —
ilde mit verzehrenden Blicken aufsaugen und in seinen Augen muß das
Mit eines Jünglings Herzen, weils Dir just
euer lodern, das Brünnhilde so ängstigt, daß sie vor ihm niederkniet
Geschenkt war? Aber wir sind allzu streng
nd ihn anfleht: „Siegfried, sieh meine Angst!“ Herr Urlus aber
Und leidens nicht, und jeder von uns wollte
and gemütlich mit verschränkten Armen zur Seite und harrte ruhig der
Nicht nur das einz'ge Spielzeug sein — nein, mehr!
inge, die da kommen mußten. Daß seine Schwertschmiederei, seine
Die ganze Welt. So nannten wir Dein Tun
Ingriffe auf den Drachen, das Zerschlagen des Speeres von Wotan nicht
Betrug und Frevel — und Du warst ein Kind!
lit der Musik zeitlich übereinstimmten, soll ihm gern nachgesehen sein,
So läßt Artur Schnitzler den Herzog Bentivoglio sprechen. In
aß er aber mit dem Kuß zu spät kam, wird ihm Brünnhilde kaum ver¬
kürzere Worte als der Dichter dies hier selbst tut, kann Niemand
eihen, wie ich ihm kaum verzeihe, daß er durchgängig die Fälle ver¬
den Sinn seines Schauspiels zusammenfassen. Ja, Beatrice, Du
oechselte und statt mir immer mich und umgekehrt sang. Trotz aller
warst ein Kind, ein Weibkind. Den Jüngling verrietst Du um des
Nängel bleibt Herrn Urlus Jungsiegfried eine rühmenswerte Leistung.
Dichters willen. Den Dichter verließest Du, um die Hand des
licht den gleichen Eindruck vermochte Fräulein Sengern mit der
Herzogs zu erringen. Den Herzog wiederum verrietest Du, um
darstellung der Brünnhilde zu erwecken. Für diese Partie fehlt ihr die
zum Dichter zurückzukehren. Und die Männer, denen Du Dein
trahlende Höhe in der Stimme und der Zauber der Persönlichkeit. Sie Herz teiltest? Sie gaben sich Dir ganz Sie vermochten das