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14. Der Schleier der bestrice
ursalons
ab promenierten.
ustschlage und Stockhlede der. „.
begegnen,
konnten
vorbeispielen und wo der Brand der Herzen und des Blutes
Ruhe in Mödling.
Mitgliede
niemals flammt, kaum glimmt?! Liegt es daran? Man hat das
verständig
Vorbereitungen zum Leichenbegängnis des
gute Sprechen im Burgtheater meist längst verlernt, aber von
kämpfer fi
Gemeinderates Müller.
denen, die da gestern sprachen, haben es wahrscheinlich die
kasino zur
Die Vorgänge der letzten Tage haben in Mödling und von ihnen
wenigsten überhaupt je gekonnt. Der Vers wird mißhandelt, der
Rhythmus in Deklamation verwandelt. Es wird auch nicht ge= Umgebung eine unheildrohende Stimmung hervorgerufen. Wie aufgeboten
spielt; trifft es zwischendurch einer, dann bleibt er allein. Nichis bereits gemeldet, kam es vorgestern wiederholt zu bedauerlichen
eine Verh
Ausschreitungen. Anhänger nationalsozialistischer Verbände, aber
ist bezeichnender für den unmittelbaren Eindruck als der Umstand,
Im
daß das Stück erst anzufangen scheint, wenn Aslan auftritt. Das auch unschuldige Passanten, die man für Hakenkreuzler hielt,
weiter
wurden von der aufgeregten Arbeiterschaft mißhandelt.
ist noch einer, der wortgläubig ist und zu sprechen weiß. Auch
den E
Gestern mittags wurde im Mödlinger Krankenhause der
sonst ist er diesmal der ragende Turm. Haltung, Empfindung
Leichnam des sozialdemokratischen Gemeinderates Leopold Müller,
und Geste lassen ihn ganz die Rolle ausfüllen, die der schönheits¬
der dem Raufhandel in der Mittwochnacht zum Opfer gefallen
gierige, stolze und von Melancholien überschattete Herzog von
als Prote
Bologna sein soll. Er hält als Darsteller nicht immer so war, behördlich obduziert. Die Gerichtsärzte stellten fest, daß die
Arbei
Ursache des Todes eine plötzliche Herzschwäche war.
sicher Stich.
In
die
In Mödling herrschte den ganzen Tag über voll¬ abgehalten
Außer ihm spielt noch ein Dutzend anderer Darsteller,
kommene Ruhe. Auf den Straßen patrouillieren Gendarmen mit
in ihrer Vielzahl sofort erweisen, wie wenig sie aus eigenem zu
aus Grün
geben und zu sagen haben. Herr Herterich, der Regisseur, der aufgepflanztem Bajonett. Die Behörden haben umfassende Ma߬
wurde ein
nahmen getroffen, um etwaigen Ruhestörungen beim Leichen¬
sonst in großen Linien besser zu arbeiten weiß, versagt dort ganz,
wo es auf Subtilitäten ankommt, und die Kunst des Abrundens, des begängnis des Gemeinderates Müller, das heute nachmittags um
Bindens und Verbindens ist ihm, wenigstens hier, ganz fremd. 4 Uhr stattfindet, vorzubeugen. Die Mödlinger deutschvölkischen
Selb
Man braucht sich nicht erst lange darüber den Kopf zu zerbrechen, Verbände hatten für gestern nachmittag eine Kundgebung angesagt,
ob Fräulein Wagener die richtige Besetzung für die Beatrice be- die jedoch von der Bezirkshauptmannschaft verboten wurde.
Der Leichnam Müllers wurde gestern nachmittag aus dem
deutet. Man müßte meinen: ja. Aber die krampfartige Inbrunst,
Krankenhause in das Heim der Kinderfreunde in der Managetta¬
mit der sie die Rolle durchführt, kehlig im Ton, niemals gelöst,
und alles Dämmerige mit Zierlichkeit oder gar mit Ziererei gasse gebracht und dort aufgebahrt. Bekannte und Freunde des
umgibt, läßt sofort mit einem Nein antworten. Herr Andersen Verstorbenen sowie mehrere Organisationen legten zahlreiche
Kränze auf den Sarg nieder. Man rechnet mit einer großen Be-geteilt:
hat seinerseits offenbar die Meinung, daß das Schauspiel „Der
teiligung von Arbeitern aus Wien und ganz Niederösterreich. Die ein Mann
Schleier des Filippo“ heißt. Vorerst versteht man nicht, was er
Direktion der Bundesbahnen wird eine Reihe von Separatzügen
österreichis
spricht, dann nicht, was er sinnt, am allerwenigsten, was er spielt.
Eigentlich ließe sich das auch von andern sagen (bis auf den bereitstellen, um den massenhaften Andrang bewältigen zu können.
Spielkasin
Die Leiche wird nach Wien übergeführt und Mittwoch nachmittags
begabten Herrn Löhner), aber es genügt die Feststellung, daß, so
ganzes Ge
um ¾5 Uhr im Krematorium eingeäschert werden.
war der ###
wie sie ist, diese Aufführung mit ihren Dilettantismen im kleinen
Einer unserer Mitarbeiter suchte gestern die Familie Müllers Mietschuld
und großen dem Schnitzlerschen Schauspiel empfindlichen Ab¬
bruch tut.
in ihrer, in den Arbeiterhäusern der Beka=Schuhfabrik befindlichen Direktion
Der Dichter hat mit diesem Stück manches Schicksal erlebt.
Wohnung auf. Der verstorbene Gemeinderat, der im 36. Lebens= daß ihm
Tod gehe.
Das Burgtheater Schlenthers blieb dem „Schleier der Beatrice"jahre stand, war Werkmeister der Fabrik. Er hatte dort
Kur
als gewöhnlicher Arbeiter angefangen und sich durch seinen Fleiß
verschlossen, bei Brahm in Berlin zerbröckelte es durch Sprödigkeit
Lovrana a
und Ernst sowohl bei der Fabrikleitung, wie bei seinen Arbeits¬
und in Wien ging keine Bühne daran, die Aufgabe einmal selb¬
ständig zu lösen Nun hat Schnitzler eine verspätete Premiere kollegen beliebt gemacht. Als überzeugter Sozialdemokrat nahm
gesunden;
Müller am Parteileben regen Anteil. Er war Obmann
erlebt. Was dieses Stück an Schönheit und Kraft ausstrahlt,
Ludolf gen
kommt aber vom Dichter, nicht vom Burgtheater. Der Beifall,
der sozialdemokratischen Bezirksorganisation und Kommandant
Moschenizz
des Republikanischen Schutzbundes. Außer seiner Witwe hinterläßt
der ihm gestern entgegenschlug, herzlich, eindringlich, und nach
malige Gr#
den prachtvoll zur Entladung drängenden Aktschlüssen ganz selbst. Müller, der jung geheiratet hatte, eine erwachsene gelebt. Er
verständlich war — dieser Beifall galt dem Werk. Es durfte über Tochter. Seine Witwe erzählt den Hergang des Ueberfalles Sohn des
die Aufführung hinweg siegen.
1901 mit
folgendermaßen:
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