Faksimile

Text

r Prere
eenegeen
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters
burg, Toronto.
(Quellonangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Schaubülne, Beris
24. 11. 1910
Lom:
Nach Paul Goldmann von Trinculo
Der Reporter der Neuen Freien Presse, der auch
Theaterkrititen schreiven darf und diese sogar zu Büchern
zusammenstellt, hat an der Figur des Tichters Filippo
Loschi in Schnitzlers „Schleier der Bentrice' auszusetzen,
daß Losch der Bühne dichtet. „Ein Dichter,
sagt er wörtlich, „müßte doch einen Dichter, den er sich
zum Helden erwählt, zunächst einmal dichten lassen.“
Ich will an ein paar Beispielen zeigen, wie nach Herrn
Goldmanns Meinung Schiller und Hebbel ihre Gestalten
eigentlich hätten charatterisieren müssen.
Oberst Max Piccolomini (Oberst):
Ihr habtfgewählt zu eigenem Verderben.
Wer mit mir geht, der sei bereit zu sterben!
(Die Pappenheimer betrachtend):
Doch wie — da steckt so'n Kerl ja seinen Bauch vor!
Was, kommt das bei den Pappenheimern auch vor?
Mensch, Ihnen soll, wenn sie nicht Richtung wahren,
Ein Donnerwetter in den Magen fahren.
Da kann man wirklich die Geduld verlieren —
So'n Kerl. den soll der Deibel frikassieren!
Sie denken jetzt, ich spiel' mich als Tyrann auf?
Gefreiter, schreiben Sie mir mal den Mann auf!
Und Sie ... Ja, Herr, Sie sehen mich verdutzt:
Sie haben ja den Panzer nicht geputzt?
Na warte, Freund, das werd' ich dir nicht schenken.
Wie heißt du? Cohn? Na, das konnt ich mir denken.
Ach so? Sie glauben wohl, ich will Sie foppen?
Gefreiter, dieser Mann muß Grisse kloppen,
Zwei Stunden lang, ganz ohne jedes Rasten.
Und klappt es nicht, spaziert er in den Kasten. (Zur Herzogin):
Pardon, Verzeihung, hochgeschätzte Gnädje,
Daß ich die Chose hier so laut erledje.
Doch ob ich mich auch sehr dajejen sperre,
Der Dienst jeht vor — französisch: gest la guerre.
Der Kriegsgott, laut an diese Türe pocht er .
Ich bitte noch: Handkuß für Fräulein Tochter!
Mit Wahl des Tennispartners soll sie warten ..
Gewiß, ich schreibe sicher Ansichtskarten .. (Kommandiert):
Still. standen! Marsch! Sehr schneidig! Linken, Rechten!
Adien, Friedländer! Servus! Wir jehn sechten!
Musikus Miller (Musiker):
Herr Ferdinand, häufig sind Sie da
Bei mir zur Sinfonja domesticn
Und spielen in meiner Kemenate
Mit meiner Tochter die Mondscheinsonate.
Bis jetzt hat mich die Ehre beglückt,
Ich habe die Augen zugedrückt
Und spielte, ward ich befragt von den Leuten,
Gefühlvoll: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“
Doch jetzt wird es anders, mon ami:
Ich fürcht' eine Kindersinfonie.
Das wäre für mich, wenn ichs erführe,
Fürwahr keine Jubelonvertüre.
Drum frage ich Sie ganz kurz und barsch:
Wann darf erklingen der Hochzeitsmarsch?
Und drücken Sie sich von der Hochzeitsföte,
Und blasen Sie etwa gar Retraite,
Und singt Louise im Mondenscheine
Bald „Einsam bin ich und alleine“
Dann ist es aus mit der Toleranz!
Es erfolgt eine Aufforderung zum Tanz,
Und ich spiel' Ihnen unmittelbar danach
Die Sinfonie mit dem Pankenschlach!
Meister Anton (Tischler):
Zwei Fragen drücken mich mit wucht'ger Schwere.
Zunächst: Was ist das blos mit meiner Kläre?
Zuzweit: Ich habe einen Schrank zu liefern —
Nehm ich da Nußbaum oder nehm ich Kiefern?
Fürwahr der Leonhard scheint mir nicht nobel.
Ihm fehlt der Schliff, er brauchte meinen Hobel ...
Und morgen wünscht zu der Geburtstagsfeier
Das neue Spind der Bankdirektor Meyer.
Weh, wenn die Leute was von Karl erfuhren!
(Geselle, reich mir mal die Polituren.)
Nein, nein, mit Clara muß etwas passiert sein.
(Gewiß: der Schrank muß außen sein sourniert sein.)
Verlor mein Clärchen in dem Liebesspiele?
(Ich nehme Säulen im roman'schen Stile.)
Nein, diese Sorge darf nicht länger währen!
Und dann: was mach' ich mit den „Sekretären"?
Der wünscht die Clara in sein Heim zu führen,
Und jenem soll ich eiwas Leim zuführen ...
So plagt mich meines Lebens Doppelzweck.
Fürwahr, darüber kann kein Mann hinweg.
Die Suppe brockte mir Paul Goldmann ein:
Ich möcht' nur Mensch — und muß auch Tischler sein.