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14. Der Schleier der Reatrice
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am Burgtheater zutheil werden mage, so ist das pure
Heuchelei. Wenn die heranwachsenden Talente in
einer Wiener Redaction sitzen und vollends als Kritiker
über das Theater schreiben, dem sie ein Stück an¬
hängen wollen, so braucht niemandem um ihr
Fortkommen bange zu sein. Räumt man nun
auch die Möglichkeit ein, dass die Herren sich
selbst einreden konnten, in dem juristisch völlig
belanglosen Falle Schnitzler lasse sich eine Rechts¬
frage von principieller Wichtigkeit zur Entscheidung
bringen, so bleibt noch immer die Frage nach
der Competenz offen. Es ist für die Beziehungen,
die sich in Wien immerdar zwischen Theaterkritik
und Theaterkanzlei spinnen, nur zu bezeichnend, dass
sich in einer Frage, die schlimmstenfalls die materiellen
Interessen des Bühnenautors tangiert, zu allererst die
Kritiker zum Worte melden. Man hört ordentlich, wie die
protestierenden Herren Bahr und Bauer bei der Nach¬
richt von der definitiven Ablehnung des Schnitzler’schen
Stückes erschreckt ausrufen: Was heute Schnitzlern
passiert ist, das kann morgen auch uns passieren;
das verfüllt uns mit aufrichtiger Besorgnise für uns
und für die anderen heranwachsenden Talente...
Und könnte eine solche Behandlung ihnen nicht
auch an anderen Theatern zutheil werden? Sagen wir
z. B.: am Deutschen Volkstheater. Warum protestiert
Herr Bahr nicht gegen das Verfahren, das gegen ein
zwar noch nicht beglaubigtese, wohl aber von ihm
entdecktes Talent, gegen einen Herrn Rudolf Holzer,
geübt ward? Auch ich stelle „die Qualitäten des
Werkes in dem vorliegenden falle gänzlich außer
Discussion-; ich kenne Herrn Holzer nicht und nicht das
Stück und bin nach der von ihm vor etlichen Jahren
im Raimundtheater abgelegten Talentprobe nicht erpicht,
es kennen zu lernen. Aber ihm ist im Gegensatz zu
Herrn Schnitzler, dem höchstens eine Enttäuschung
widerfuhr, thatsächlich eine Unbill zugefügt worden.
Herr Holzer, der, als sein Stück im Burgtheater von