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13. Haus Dejorne
box 19/4
Tereption 12801.
Alex. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
„OBSERVER“
L. österr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
vom: 28 118860- U. Montags Zeitung, Wien
— Der Insall wie die kamne soielen überhaunt oit große
Rollen. So überraschte kürzlich bei der Première der „Kettenglieder“
im Volkstheater das sonst so heitere und muntere Fräulein Dewal
durch den tiefen Ernst in der Auffassung ihrer schwierigen Charakter¬
rolle. Außer dem künstlerischen Streben der jungen Dame wirkte
damals noch der Umstand mit, daß Fräulein Dewal am Tage zuvor
bei einem Spaziergang in der Stadt ihr — Portemonnaie verloren
hatte. Das stimmte sie noch ernster, als sie es sonst gewesen wäre
und kam der Rolle ganz außerordentlich zugute. So haben kleine
persönliche Sachen oft große künstlerische Wirkungen und der Zufall
kam dem Spielleiter in diesem Falle nicht übel zu Hilfe.
Aber nicht immer ist er so freundlich, nicht wahr?
— Gewiß, sonst hätte das Censurverbot in Berlin Arthur
Schnitzler's „Haus Delorme“ nicht so übel mitgespielt. D##t glaubte
einer der Schauspieler, der „zufällig“ ein Wiener ist, eine bestimmte
Wiener Künstlerfamilie in den Helden des Stückes zu erkennen und
er machte einen Freund von der Presse darauf aufmerksam. Dieser
blies die Affaire auf und erfand sogar eine angebliche Weigerung,
des Ensembles, die Komödie darzustellen, was aber Niemandem in
den Sinn gekommen war. Das Stück gefiel der Berliner Censur nicht¬
und darum wird es in Wien mit verzehnfachter Neugier erwartet.
O, diese Berliner Censur!s Die beste Reclame ist sie für jeden Autor.
und sie hat sogar dem „Todten Löwen“zu einem — allerdings nur kurzen
— Scheinleben verholfen. Zufällig gehörtzder Sohn eines populären
Bühnengenerals, des Münchener Intendanten Possart, der Berliner
Censurbehörde als Beamter an und sein eigener Papa hat über dessen
Thätigkeit die Aeußerung gethan: „Der Junge war zu schwach, sonst
hätte ich ihn was Anständiges werden lassen!“
Für einen Papa ist das ein etwas hartes Wort.