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box 18/3
11. Reigen
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Zeitung: Berliner Tageblatt
Ort:
Berlin
Datum:
92
72 XX Schnitzlers „Reigen“ setzt seinen Weg fort, der von Verbot
zu Verbot und-damit zu einer niemals endenden Propaganda für das
Schauspiel führt. Jext ist der „Reigen“ in Breslau durch
den
dortigen Polizeipräsidenten Liebermann verboten worden.
Begründung stützt sich u. a. auf den § 183 des Reichsstrafgesetzbuches
und behauptet, daß die Darsteller unzüchtige Handlungen im Sinne
dieses Paragraphen vornehmen. Allerdings, wie einschränkend gesagt
wird, nicht „in der Oeffentlichkeit", aber das sei auch nicht erforderlich,
um ein Verbot zu rechtfertigen. — Hoffentlich wird in Breslau weder
„Faust“ noch „Romeo und Julia“ vorbereitet. Paßt auf, Liebermann
verbietet sie!
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
schrich
Zeitung:
Ort:
6
Datum: -
4.OL 10
= Schnitziers „Reigen“ setzt seinen Weg fort, der
von Verbot au=Verbot und zu einem niemals endender
neuen Anreiz für spekulationslüsterne Theater führt.
Jetzt ist dor „Reigen in Breslau durch den dortigen
Polizeipräsisenten Liebermann verboten worden.
Die Begrundung stützt sich u. a. auf den § 183 des
Reichsstrafgssetzbuches und behauptet, daß die Dar¬
unzüchtige Handlungen vor¬
steller
nehmen allerdings, wie einschränkend gesagt wird,
nicht in der Oeffentlichkeit, aber das sei auch nicht er¬
forderlich, um ein Verbot zu rechtfertigen,
Die Eichendankt-Oirn-n.#
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Volkswacht
Zeitung:
Ort:
Breslan¬
Datum:
P.
Protest gegen das Breslauer „Reigen“=Verbot.
7
Der „Vorstand der Ortsgruppe Breslau des Schutzver¬
bandes deutscher Schriftsteller nahm zu dem Bres¬
lauer
Reigen“=Verbot in nachfolgender Entschließung Stellung:
Rit dem vom Breslauer Polizeipräsidenten bewirkten Ver¬
bot Euh Breslauer Aufführung von Schnitzlers Szenenfolge
„Der eigen“ fügt sich der Kette unberechtigter behördlicher
Eingriffe in Dinge künstlerischer Kultur ein neues Glied ein.
Das Verbot muß umso befremdlicher wirken, als der „Reigen
in zahlreichen deutschen Städten unbehindert aufgeführt wurde
und weiterhin aufgeführt wird und als ihm durch Entscheidung
der 6. Zivilkammer des Landgerichts IlI in Berlin ausdrücklich
hochwertig moralische Eigenschaften zugesprochen wor¬
den sind. Ist so schon das Verbot an sich durchaus unhaltbar.
so fordert seine Begründung energischen Einspruch aller künst¬
lerisch interessierten Volkskreise heraus. Es ist schlechthin un¬
diskutierbar, wenn hier der § 183 des Reichs=Strafgesetzbuches
herangezogen und gesagt wird, die Darsteller nähmne unzüchtige
Handlungen im Sinne dieses Paragraphen vor. Die Behauptung
aber, die Aufführung widerspreche dem sittlichen Empfinden
des gesunden Teiles der Bevölkerung, stellt eine
so schwere Herabsetzung derjenigen Kreise dar, denen künstlerische
Einsicht und sittliches Verantwortungsgefühl einer Aufführung
dieses Werkes eines anerkannten Dichters von hohem Rang
ethisch und ästhetisch einwandfrei erscheinen lassen, sie unter¬
stellt diesen Kreisen — und übrigens auch der erwähnten Ber¬
liner Gerichtsbehörde — so bedenkenlos krankhaftes Empfinden,
daß hier schärfster Protest am Platze ist. Wenn weiterhin gesagt
wird, auch unbestrittene Kunstwerke könnten unzüchtig sein, so
zeugt das zum mindesten von einer merkwürdigen ästhetischen
Auffassung. Wir wissen uns mit weiten Kreisen des Volkes
einig in der Meinung, daß ein wirkliches Kunstwerk nicht
anders als sittlich wirken kann — was nicht heißt, daß es
moralische Absichten haben müsse — und eben darum geben wir
der zuversichtlichen Erwartung Ausdruck, daß an zuständiger
Stelle schleunigst Maßnahmen ergriffen werden, das durch nichts
zu rechtfertigende Verbot der Breslauer „Reigen“=Aufführun
aufanheben.