Faksimile

Text

11.
box 18/3
Reigen
Klose & Seide
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenbirchplatz 21
Zeitung
Zeitung:
Gresela 70
Ort:
Datum:
AL H
Kunit, hiteratur und Willenschaft
Uraufführung in Bonn. Ein seelischer Tatbestand ist sicher in
dem Drama „Hosea“ von Josef Kastein — ein Pseudonym
für einen Bremet Rechtsanwalt
— gegeben, doch blieb er un¬
gedichtet, unverdichtet im Gestrüpp der Worte. Die Ursächlichkeit
des unseeligen Liebesprozesses zwischen dem kleinen Propheten des
alten Testaments Hosea und der Baalspriesterin Gomer ist nicht
klar gebeutet als sschicksalvolle Begegnung zwischen einem Reinen
und einer Unreinen. Erhebt er sie? Zieht sie ihn hinab? Es bleibt
ungewiß. Deutlich wird nur, daß sie ihn so etwas wie haßliebt
einer eifernden Gerechtigkeit wegen, zumal sie seinetwillen in
chlechtmotivierte Schuld verfällt. Sie vermag jedenfalls ihn aus
— das ist
der Gerechtigkeit stürzen zu machen und stürzend soll er
wohl der ethische Sinn dieser dramatischen Wirrnis — die Erfah¬
rung erleben, daß alle Gerechtigkeit ungerecht ist, sso sie nicht aus
der Liebe kommt. Davon aber, daß der Prophet sich zu dieser Er¬
kenntnis schmerzhaft durchlebt, wird man nicht überzeugt, auch da¬
durch nicht, daß Gomer von sich sagt, Hosea in diesem neuen Glau¬
ben, den er sich leidend erwarb, endlich gefunden zu haben und sie
ihm als Weib in die Wüste folgt. Immerhin durchzieht den nicht¬
gestalteten Stoff ein dramatischer Nerv, der manchmal wirkungsvoll
aufzuckt. Den behandelte der Regisseur Dr. Löwenberg nach Mög¬
lichkeit, aber den ungedichteten Wort= und Szenenbestand zu einem
seelischen Ganzen zu verdichten, konnte damit nicht erreicht wer¬
Siegfried Urias und Edith Wiese, sonst gestal¬
den.
ungstüchtige Leute, auf die man etliche Hoffnung ssetzen darf,
mühten sich vergeblich, Klarheit in die Seelen der zwietrachtig Lie¬
benden zu bekommen. Ein Farbensymbol zu den beiden Schmer¬
zensreichen schuf Franz Mannstaedt im Bühnenbild: farb=, form¬
und lichtvoll erdacht.
Schnitzlers „Reigen“ in Paris. Aus Paris wird der Neuen
Freien Presse geschrieben: In Pavis hat sich eine „Compagnie
duditieursdramatiques“ die in ihrer Zusammen¬
setzung an die berühmten Vorbilder des „L'Oeuvre“ und der
„Escholiers“ erinnert und meist aus jungen Enthusiasten be¬
steht, die sich zum Ziele setzten, die Meisterwerke der ausländischen
Literatur zu pflegen. Man erinnert sich noch, daß vor einigen
Jahren in ähnlicher Art dasTheater des „Vieux=Colombier“
im Quartier Latin gegründet wurde, das mit englischen
Stücken des Marrowe begann und heute eines der trefflichsten
Pariser Ensembles darstellt, das vor zwei Jahren einen Siegeszug
durch die Vereinigten Staaten unternahm. Als Eröffnungs¬
stück wurde Schnitzlers „Reigen“ gewählt. Er ist unter
dem Titel „La Ronde“ schon vor einiger Zeit von Sidersky sehr
gut übersetzt worden und wurde in der vom „Vieux=Colom¬
hier“ eingeführten. Vorhangdekoration gespielt, wobei der Be¬
leuchtung die Hauptrolle zufällt. Dies erlaubte ein Vorbe
n
n
huschen der einzelnen Szenen, und es kann festgestellt werden, daß
es zu keinerlei Zwischenfällen oder Störungen
kam. Allerdings fielen hier die Vorzüge der ffranzösischen Sprache,
verfängliche Dinge elegant sagen zu können, sehr ins Gewicht.
Henri Bidou, der heute in der Pariser Kritik die erste Stelle ein¬
nimmt, sagt über die Aufführung: „Das Stück ist ein Mei¬
sterwerk... Die Aehnlichkeit der einzelnen Bilder unterein¬
ander, die gleichen Gefühle, die ewige Täuschung, die ewige
„muflerie"geben dem Werke eine seltsame Bitterkeit
Es gehört zum „théätre libre“, besser gesagt zum sthéätre
rosse“ (mit welchem Ausdruck man in Paris eine gewisse Rich¬
tung grausamster Satire bezeichnet), aber dies alles ist mit einer
Genauigkeit, einen Maßhalten und einem so richtigen Tone gesagt
daß man sofort den wahren Künstler erkennt.“
beherzte Versuch zur Erneuerung wienerischen Devens in sch rugr
Artur Schnitzlers „Reigen“ in
Christiania entrüstet abgelehnt.
Das Blatt „Aftenposten“ spricht von Bordelldramatik.
Christiania, 4. März.
Artur Schnitzlers „Reigen“ ist nun auch nach Norwegen
gedrungen; die Aufnahme scheint jedoch keineswegs beifällig zu
sein; wenigstens schreibt „Aftenposten“: „Wir haben keine Zensur
hierzulande und wir wünschen keine. Die Polizei kann nicht von
vorneherein ein unsittliches Stück verbieten. Das einzige, was die
Polizei kann, ist, nachher den Theaterleiter zur Verantwortung
vor dem Strafrichter zu ziehen, soweit die Grenzen dessen
was das Gesetz für zulässig erklärt, überschritten sind. Aber
das ist nur kleine Hilfe. Die beste Zensur ist die, daß
der Theaterleiter selbst sein Theater und seine Truppe
für zu gut ansieht, um des Gelderwerbes wegen Bordelldramatik
aufzuführen. Publikum und Presse wollen gerne den Glauben an
unsere Theaterleiter behalten. Man hält dafür, daß sie in der
jüngsten Zeit bedenklich nahe der Grenze waren, aber man will
930
und
Brie
Rück.
höflie
sich
genu
sichet
ähnli
Vor
Juli
Iun
prei
dürf
auf
sich
ein,
halt
brec
Zu