Faksimile

Text

box 17/5
11. Reigen
Seite 10
Wien, Mittwoch
geben, den Intentionen des Dichters zu entsprechen und
dabei etwas durchschimmern zu lassen, das die Schlüpfrig¬
keiten der Dialoge mit einem gewissen ethischen Schimmer
umgibt. Am besten waren Frl. Keller in ihrer schlichten
Natürlichkeit, Frau Carlsen in der gut gespielten Ver¬
legenheit der in Ehebruchangelegenheiten erfahrenen Frau
und Frau Olly in der von echten Theaterblut erfüllten
Selbstpersiflage einer kapriziösen Schauspielerin. Köstlich
waren Herr Lackner als ungarischer Husaren=Oberleutnant
und Herr Ziegler als Dichter. Nett war der junge
Wengraf, lebenswahr in der vorgeschriebenen Gemein¬
heit Frl. Markus und Herr Sima und auf verlorenem
Posten mutig kämpfend Iwald. Von dem Regisseur
Dr. Heinz Schulbaur wird behauptet, er habe die
Inszenierung „delikat“ gestaltet, weil er in den kritischen
Momenten das Licht ausschalten ließ. Das Gegenteil wäre
wahrscheinlich selbst dem Antor zu „undelikat“ gewesen.
treu—.
Eine neue Lohnbewegung
in den Theatern.
50prozentige Gagenerhöhung von heute ab.
Gestern wurden die Wiener Thea erdirektoren durch die
Forderung der Bühnenmitglieder, Musiker und des technischen
Personals nach einer 50prozentigen Erhölung der Gagen
und Löhne, die schon heute in Kraft treten soll, überra cht.
Auch die Staatsthcater haben sich dieser Lohn¬
bewegung angeschlossen.
Keldorfers „Lieder für große und kleine Kinder“
fanden am Donnerstag im großen Musik ereinssaal wieder
ein zahlreiches, dankbares Publikum. Es ist wohl nicht
mehr nötig, die Schalthaftigkeit und Junigleit diesr ein¬
fachen Weisen hervorzuheben, die durch die Konzertsängerinnen
Fräulein Grete Schwoiser und Emilie Ruschka so¬
wie den von Keldorfer mit vielem Fleiß zu ammen¬
gestellten Kinderchor ganz vorzüglich zum Ausdruck ge¬
bracht wurden. Der Komponist begleitete die Lieder am
Klavier und Meister Valker spielte allen zum Dank den
Orgelpart. Stürmischer Beifall erscholl nach jedem Lied
und viele dieser reizenden Lieder mußten wiederholt werden.
Im Deutschen Volkstheater gelangt Mittwoch, 2. d.,
nachmittags 2 Uhr, Schillers „Don Carlos“ mit Herrn
Leszi Major=Hillinger in der Titelrolle und Sonn¬
tag, 6. d., nachmittags ½3 Uhr, Schönherrs „Glaube und
Heimat“ zur Aufführung. Frau Vosckmar spielt zum ersten¬
mal die Nottin, Herr Sima den Peter Rott. Für die leit¬
genannte Vorstellung gelten vollstümliche Preise ohne
Vormerkgebühr.
Die Neue Wiener Bühne bereitet zum Fasching¬
Dienstag (8. Februar) die Erstaufführung des satrischen
Lustspiels „Rabagas“ von Victorien Sardon vor.
Das Wiener Bürgertheater veranstaltet Mittwoch¬
2. Februar (Feiertag), nachmittags ½3 Uhr, eine Schil er¬
feier. Zur Aufführung gelangt Schillers „Kabale und
Liebe“ dargestellt durch das Ensemble der Wanderbühne
des Volksbildungsamtes, unter der künstlerischen Letung
des Regisseurs Friedrich Rosenthal. Der Vorverkau
beginnt heute.
Konzert. Rosmarie Hild, eine selten begabte junge
Sängern, hatte schon wiederholt die Aufmerhamkeit der
Kritik auf sich gelenkt. So durfte man auch auf ihren
diesjährigen Liederabend mit Recht gespannt sein. Schon
der Aufbau des Programms bedeutete einen sehr an¬
Theater und Kunst.
Die Erstaufführung
des „Reigen“.
Ein unbestrittener Seshl
Gestern hat ins den Kammerspilen offizielle Premiere
von Artur Schnitl##s „Keigen statdgesunden. Zwei General¬
proben waren dieser Aufüung vorangegangen. Im
letzten Augenblick schien mand#em## nicht ohne Bedenken
entgegenzusehen. Die chsstlich Desse brachte nämlich An¬
kündigungen, daß man sich dess Aufführung nicht gefallen lassen
werde. Man befürchtete „Gfolgedessen Störungen — diese Be¬
fürchtungen erwiesen sichtls ungerechtfertigt. Der Verlauf der
interessanten Premiere war ein vollkommen glatter. Es stellte sich
ein unbestrittener Erfolg ein. Schon das dritte Bild
schlug kräftig ein, alle Pointen des geistreichen Spiels
wurden belacht. Der erotische Humor nahm gefangen, die Wirkungen
steigerten sich immer mehr und mehr, und das Publikum würdigte
sichtlich auch den tieferen Sinn der Dialoge.
Zum Schlusse war der Beifall am stärksten. Man rief nach
dem Dichter. Er war wohl im Hause, aber er leistete den Heryor¬
rusen keine Folge. Da der Applaus immer lebhafter wurde, er¬
schienen sämtliche Darsteller im Reigen vor dem Vorhang, was
ein hübscher Regieeinfall war. Das Publikum wollte das Theater
noch immer nicht verlassen, so daß zum Schlusse Direktor Bernau
gezwungen war, für den Dichter zu danken.