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11. Reigen
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schau
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einen Kulturgewinn erblicken und sich
dabei auf das Vorbild der alten Grie¬
chen berufen möchte, der vergißt, daß
in Hellas die Frauen das komische
Schauspiel nicht zu besuchen pfiegten,
woraus sich die Unbekümmertheit er¬
klären läßt, die sich Aristophanes in
der Behandlung geschlechtlicher Ver¬
hältnisse erlauben durfte. Was bei den
Griechen ein Herrenrecht war, verbietet
uns die Rücksicht auf die Frauen, und
nur die durch den Krieg bewirkte sitt¬
liche Verrohung ist es, die unsere Büh¬
nen zwingt, ihr zu gehorchen, wenn
anders sie dem wirtschaftlichen Zusam¬
menbruch entrinnen wollen.
Im Burgtheater hat es wie
der einmal ein bißchen gekriselt, und
es war nicht das erste Mal, dal
Wiener Bühnen
Albert Heine in den zwei Jahren der
Tapfer kämpfen die Wiener Bühnen
ihm anvertrauten Leitung seine Demis
gegen die Not der Zeit, die auch in der
sion gab. Es müssen zwingende
Welt des Scheines ihre Opfer fordert.
Gründe gewesen sein, die ihn bewogen
Es sind nicht immer die earisten Waf
nunmehr auf der Niederlegung seines
fen, mit denen sie den Kampf ums Da¬
Amtes zu beharren, sonst wäre Anton
sein führen, und vielfach tritt an Stelle
Wildgans wohl nicht so schnell an
der soliden künstlerischen Arbeit ein
seine Stelle berufen worden. Was von
merkantiler Großbetrieb. Amerikanische
em neuen Mann für das Burgtheater
Kriminalstücke, wie das jetzt auf der Re
zu erhoffen ist, steht in den Sterner
naissance-Bühne gegebene Schauspie
„Das Geständnis“ oder Spekulationen
lassen hat, ist noch zu frisch in Er
wie die auf der Neuen Wiener Bühne
innerung, um schon historisch gewer¬
mit Hilfe eines reichlichen Aufwandes
et zu werden. Was bedeuten zwei
von nacktem Fleisch versuchte Wieder¬
kurze Jahre in einer stürmisch beweg.
erweckung der „Lysistrata“ sind letz¬
ten Zeit, wo alles, was wir tun, ein
ten Endes Geständnisse der trostlosen
Suchen und Tasten ist. Zu den suchen¬
Lage, mit der sich unsere Theaterbe¬
den Künsten gehört auch Elisabeth Rä¬
triebe wohl oder übel abfinden müssen,
mings Schicksalstragödie „Der Hof“
und wenn sich die Kammerspiele ent¬
mit deren Uraufführung Albert Heine
schließen, Schnitzlers „Reigen“ öffent
von der Leitung des Burgtheaters Ab
lich aufzuführen, dann spricht das
schied nahm. Die unruhigen Geister,
mehr gegen das neue Publikum, das
die er rief, grüßten noch einmal aus
solcher Reizmittel bedarf, um von sei¬
dem Stücke, grüßten mit jenem neuen
nem schnell errafften Reichtum etwas
Pathos, das Fritz von Unruh, Carl
für die allgemeine Kunstpflege abzuge
Sternheim, Richard Beer-Hofmann und
ben, als gegen die Bühnenleiter, die
Franz Werfel nachgerühmt wird. Nicht
aus der Not des Zwanges eine Tugend
eder, der da lauschte, konnte es ver¬
der Freiheit machen. Wer aber im Kul¬
nehmen, aber alle fühlten ein unge¬
tus des Nackten und des Zotenhaften
wöhnliches Wollen, ein starkes Ringen
Den Suden
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