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bündig, ruhig und kühl, wie es
0
Sein Auftreten im Nationalrat
st.
als einen Mann von Kenntnissen,
de
geradlieniger Tatkraft und Kalt¬
1hl
Beherrschtheit scheint die Sozial¬
ein
zu reizen. Sie, die sich angeblich
der Verfassung erhoben hatten,
wieder während der Aus¬
esministers völlig ihre Fassung
1#7
Rand und Band
wie
Maienzeiten der Opposition.
n
von parlamentarischem Benehmen
r den Zuschauer beinahe ein ergötz¬
uhren zu sehen, die im vorgeblichen
ihre ganze Kultur ablegten. Be¬
tat sich zu Beginn der Minister¬
hervor. Er, das Musterbild
der — wenn man sich an die Zeit,
Präsidentenstuhl saß, erinnert
Rüde, stand eifrig tätig mitten unter
Abg. Mataja erst brachte ihn
einnung und den weiteren Lärm
tr besorgen. Sie taten es mit
gkeit, so daß Bundesminister
tte, sich verständlich zu machen
mehrmals unterbrechen mußte. Die
astemokraten steigerte sich gerabezu
n Bundesminister schließend erklärte,
i über sein Wirken getrost allen
nschen. Beschimpfungen erhoben
trommelten auf die Ministerbank
ten von Tätlichkeiten bedroht. Die
ersef. Gleich das erste Konzert war
hiefür. Daß dem begeisterten Mahler¬
eLied“ liegt, konnte man zum voraus
on nicht die Einheitlichkeit und Wucht
#huthmischen Zug und die seingetönte
sind Schatten an diesem Abend erleht
Te Deum gelang ausgezeichnet. Der
isen des Dirigenten willig gehorchende
Rkeit und Arbeitskraft des viel¬
esiors Franz Schalk ist schlechtweg
wenn es auch in einer Hinsicht be¬
en muß, daß sich zumal in den
zerten bei dem routinierten und
n bereiten Manne oft eine begreifliche
lwacht, die den aufzuführenden Werken
förderlich sein kann. Das war deutlich
kratenen Wiedergabe der dritten Ein¬
verspüren. Frau Gertrud Förste
empfundenen und beseelten Vortrag
er von Mahler begeisterten Beifall.
eberbürdung Schalks bot seinem über¬
nd begabten Stellvertreter Hermann
kl willkommene Gelegenheit, den ver¬
zu ergreifen und dabei seinem
achen. So gelang die Aufführung des
würdig und entbehrte nicht einer ge¬
und Tiefe der Auffassung. Die Chöre
eromenwollen und rhythmisch strassen
vorzüglich, desgleichen die trefflichen
Bauer-Pilecka, Boruttan
schalk in diesem Gesellschaftskonzert
ng er im fünften philharmo¬
mentskonzert für den abwe¬
n die Bresche. Hier schien er seine ur¬
nd Kraft wiedergewonnen zu haben.
ing erklang die sinfonische Dichtung
tdeckt, wahre Beifallsstürme dankend
ingschön gewann Huao Wolfs „Italie¬
übrigens der Ausführung durch ein
liegen würde, wundersam tönendes,
Leben. In schwungvoller Encraie und
heit gab Brahms „Vierte“ den gro߬
s gelungenen und mit Beifall aus¬
M. S.

zensur in Wien ausschließlich der Landeshauptmann von Wien
befugt ist. Das Verbot beweist, daß der Regierung das Diltat
er Klerikalen höher steht als die Bestimmungen der Ver¬
fassung. Es wird die Frage gestellt, ob der Bundesminister für
Inneres den verfassungswidrigen Erlaß über das. Verbot der
Aufführung des „Reigen“ sofort zurückziehen wolle?
Schon bei der Verlesung der Anfrage zeigte sich im Saale
lebhafte Unruhe. Die Abgeordneten sammelten sich in dem
Halbrund um die Ministerbank, als die Sogialdemokraten ihren
Sturmbock, Abg. Leuthwer, für die Einleitung erregter
Szenen vorschickten. Aus der Begründung der Dringlichkeit der
Anfrage durch Abg. Leuthner ist sachlich nur wieder das eine
estzustellen, daß es eine brutale Rücksichlslosigkeit ist, einen
bedauernswerten, schonungsbedürftigen Kranken in bewuster
bsicht in eine Angelegenheit zu hetzen, der er nicht gewachsen
ist und die ihn zubem noch Aufregungszuständen aussetzt, vor
denen ihn ein wohlmeinender Arzt sicher nur eindringlich
warnen würde.
Bundesminister Dr. Glanz: Schon vor Zulassung der Aus¬
führung des „Reigen“, die durch den Magistrat in seiner
Eigenschaft als politische Landesstelle erfolgt ist, hai der Herr
Poligeiprasident beim Herrn Bürgermeister von Wien auf die
schweren Bodenken gegen die Aufführung dieses Bühnenwerkes
aufmerksam gemacht. Er verwies hiebet auch auf die geteitte
Beurteilung, die vor längerer Zeit schon die bloße Vorlesung
der zehn Dialoge in der Publizistik gefunden habe. Der
Magistrat als politische Landesbehörde hat jedoch dessen¬
ungeachtet nach Anhörung des Zensurbeirates mit dem Bescheide
vom 12. Jänner d. J. die Aufführung zugelasse n.
(Zanischenrufe.)
Die Aufführung des Stückes gob alsbald zu lebhaften
Erhererungen in der Oeffentlichkeit Anlaß.
Abg. Pick (sozdem.): In der „Reichopost“! (Zwischennufe
bei den Soztaldemokraten; Gegenruse bei den Christlich¬
sozialen. Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz: Hiebei sprach sich die weit
überwiegen de Mehrzohl der uffeutlichen
Stimmen...
Abg. Seitz (sozdem.): Wo haben Sie das gezählt? Woisen
Sie uns das nach! (Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz: ... dahin aus, daß die Auf¬
führung ihrem ges##ten Eindruck nach
eine arge Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit
bedeute. Kundgebungen aus der Bevölkerung und zahlreiche
ich betone das
Artikel der Presse verschiedener Richtung
noch einmal — ließen erkennen, daß diese Vorführungen mit
Wiener Bevölkerung in scharfem Gegensatz
stehen. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den
Christlichsozialen.)
Abg. Seig (sozdem.): Woher wissen Sie das?
Abg. Witzanv (sozdem.) ruft: Die christlichsozialen Ab¬
geordneten haben sich die Füße abgelaufen, damit sie Karten
ekommen. (Stürmischer Widerspruch und Protestrufe bei den
Zwischenrufe des Abg. Leuthner.)
Thristlichsozialen. —
Präsident Weißkirchner zu Abg. Leuthner: Sie haben
dann ein Schlußwort. Wollen Sie jetzt mit den Zwischenrufen
aufhören
Bundesminister Dr. Glanz: Ich meine, es wäre wirklich
demokratisch, auch mir die Redefreiheit zu gewähren. Die
Herren können ja dann kritisieren.
Abg. Pick (sozdem.): Keinen Eiertanz!
Bundesminister Dr. Glanz: Wenn man Argumente
bekämpfen will, muß man sie hören. (Stürmischer
Beifall der Christlichsozialen. Forigesetzte lebhafte Zwischenrufe
bei den Sozialdemrkraten, von denen sich besonders Abg. Seitz
bemerkbar macht. Er schreit u. a.: Sie haben bis jetzt nur über
stbetische Meinungen geredet, aber kein einziges Argument
vorgebracht.)
Abg. Dr. Mataja (christlsoz.): Der Herr Präsident
als Krawallmacher!
Der Präsident gibt wiederholt das Glockenzeichen und
mahnt die Abgeordneten zur Ruhe.
Bundesminister Dr. Glanz: Es war nun meine Absicht.
vorerft dem zur Beurteilung des Falles zunächst berufenen
Herrn Bürgermeister von Wien Gelegenheit zu geben, zu
dieser neuen, durch den Eindruck der Aufführung gegebenen
Sachlage Stellung zu nehmen. Ich wandte mich daher in einem
Schreiben an den Herrn Bürgermeister, nicht etwa um die
Verantwortung auf ihn abzuwälzen, sondern weil ich es
für
ein Gebot der amtlichen Courtoisie hielt, zunächst ihm selbst
eine abändernde Verfügung im eigenen Wirkungskreise
zu
ermöglichen. Der Herr Bürgermeister teilte mir jedoch hierauf
mit, daß er nicht in der Lage sei, von seiner ersten Entscheidung
abzugehen.
us Rücksichten der öffentlichen Sittlichkeit
sah sich nun das Bundesministerium für Inneres veranlaßt,
die wei eren Aufführungen des „Reigen“ zu untersagen.
Zwischenrufs.) Es mußte hiebei darauf Bedacht nehmen, daß
es sich um ein Stück handelt, dessen Grundlage, ja, wenn ich so
agen darf, dessen Leitmotiv eine Sache bildet, die bei allen
Völkern, selbst solchen, die sich auf niederen Stufen der Zivili¬
ation befinden, den natürlichen Gefühlen ent¬
sprechend, mit einer gewissen Diskretion um¬
tracht kommenden Behorden an sich begrundet ist, das
Wissenschaft und Praxis niemuls bezweifelt haben, daß es von
inseren obersten Gerichtshöfen stets einmü ig anerkannt wurde.
daß es auch in unsere neue Verfassung übernommen wurde.
vie die Art. 103 und 142 ausdrücklich bezeugen. Dem Recht
der Aufsicht entspricht anderseits die Ver¬
pflichtung zur Durchführung der getroffenen
Anordnungen. Auch diese Verpflichtung ist eine unbe¬
strittene gewesen und kommt auch in der neuen Verfassung
zum Ausdruck. Die Regierung wird in anlogen Fällen immer
"
renau so handeln, mögen sie welches Land immer betreffen:
Fortgesetze lärmende Zwischenrufe des Abg. Leuthner.) Der
Präsident ruft ihn zur Ordnung.
Bundesminister Dr. Glanz: Gerade in dem von Herrn
Abg. Leuthner erwähnten Falle aus Steiermark wird das
hehe Haus Gelegenheit haben, sich davon zu überzeugen, daß
die Regierung auch diese Frage in einer durchaus objektiven
und pflichtgemäßen Weise lösen wird.
Auf die gegen mich persönlich gerichteten Bemerkungen
will ich nicht näher eingehen. Ich glaube, das Urteik
über mein Wirken getrost jedem anständig
denkenden Menschen überlassen zu lönnen.
Stürmischer Beifall und Händeklatschen bei dem Christlich¬
ozialen. — Fortgesetzte lärmende Zwischenrufe bei den Sozial¬
demokraten.) Ich kann nur beionen, daß mich persönliche An¬
griffe, mögen sie von wo immer kommen, nicht einen Schritt
weit von dem, was ich als Pfischt erkannt habe, abzubringen
mstande sind. (Lebhafter Veifull und Händeklatschen bei den
Christlichsozialen, stürmischer Widerspruch, Pfui= und Abzug¬
rufe bei den Sozialdemokraten.)
Ein Handgemenge,
Die sozialdemokratischen Abgeardneten Zelenka, Wit¬
ternigg und Widholz brängen sich an die Ministerbank
und schlagen iollwütig mit den Fäusten auf den Tisch vor
Bundesminister Dr. Glanz. Mit einiger Befriedigung könn n
diese Herren nun behaupten, auch endlich einmal schlagende
Argumente vorgebracht zu haben. Ihr Vordrängen weckt den
Ehrgeiz ander Genossen. Auch sie wollen ihre starken Seiten
zeigen, da sich endlich wieder einmal eine köstliche Gelegenheit
zu bieten scheint, nach Herzensluft mit den Händen reden zu
können. Sie balgen sich deinabe untereinander, an die Mini¬
sterbank heranzukommen. Beschimpfungen werden laut. Ge¬
johle gegen Bundesminister Dr. Glanz: „Hinaus mit ihm!
und ähnliches, wie eben der entfesselte Geist aus ihnen spricht,
soweit er nicht seinen ständigen Sitz in den geballten Fäusten
hat. Es hat den Anschein, als wollten die Genossen den Bun¬
desminister, der durch den Hinweis auf die „anständigen
Menschen" ihr Mißfallen erregt hat, von seinem Ratz weg¬
brängen. Dr. Glanz schaut kühl dem Treiben zu und bleile
ruhig sitzen. Die christlichsozialen Abgeordneten versuchen, sich
durchzudrängen, um den Minister vor Tätlichkeiten zu schützen.
In der Mitte des Saales bildet sich ein drängender, stoßender
Knäuel. Die akustische Belebung der Szene besorgen die
Sozialdemokraten mit Bravour. Abg. Sever (sozdem.)
kommt im allgemeinen Gedränge einem fremden Ellenlogen
mit seinem Gesicht etas zu nahe. Steigerung der Entrüftung
zur Empörung. Innigere Tätlichkeiten scheinen beinahe un¬
vermeidlich. Doch es gelingt den Ordnern beider Parteien, die
Streitenden zu trennen, bevor die Auseinandersetzung end¬
gültig jenen Komment annimmt, den die Sozialdemokraten
beim Versammlungssprengen zu üben pflegen.
Präsident Dr. Weiskirchner bemerkt, nachdem sich der Lärm
einigermaßen gelegt hat: Ich muß üder diese unqualifi¬
zierbaren Vorgänge mein tiefstes Bedauern aus¬
drücken. (Beifall. Anhaltende Zwischenrufe und Lärm.) Durch
olche Vorgänge wird die Wüwe dis Hauses aufs tiefste ge¬
schädigt. (Beifall. — Zwischenrufe und anhaltende Unruhe.)
Abg. Volker (christlsoz.) führte dann aus: In der Debatte
at es sich um das Theaterstück „Reigen“ gehandelt. Aus diesem
Theaterstück ist plötzlich eine Verfassungsfrage geworden. Es
ist uns jetzt ein neues Theater vor Augen geführt worden. Ich
weiß nicht, warum die Sozialdemokraten den Abg. Leuth¬
ner hieher geschickt haben, um hier einen neuen Reigen
von Schimpfereien aufzuführen und den Reigen
der Beschimpfungen von Landeshauptmann zu Landeshaupt¬
mann bis zum Minister fortzuführen. Der heutige Krawal
und die Angriffe gegen den Minister zeigen, daß Sie keine
chtung vor der Verfassung haben. (Lebhafter
Beifall und Händeklatschen. —
Andauernde Zwischenrufe bei
den Sozialdemokraten.) Wer einem Minister sagt er
ei ein Bedienter, und nicht weiß, daß der
Minister ein Diener des Volkes ist, der hat keine
Achtung vor der Verfassung. (Eneuerter lebhafter Beifall und
Händeklatschen.) — Sturmische Zwischenrufe bei den Sozial¬
demokraten.)
Nicht um einen Kompetenzkonflist handelt es sich,
sondern darum, daß das Sittlichkeitsgefühl der Bevölkerung
verletzt wird, und wenn der Bürgermeister Neumans als