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des Theatergesetzes („Beweggründe der öffentlichen
Lienung“) zur Erwirkung des Verboies eine Lüge
ist, da nirgends die öffemliche Ordnung gestört
wurde, so gab sich der Landeshauptmann für diese
Lüge einfach nicht her und so schritt denn die Mayr¬
regierung zum Verfassungsbruch und verbot ohne
jede gesetzliche Handhabe aus eigenem weitere Auf¬
führungen. Das ist ein so aufreizendes Verhalten, daß
der schärfste Protest dagegen nicht scharf genug sein
kann, zumal jedes Kind weiß, daß sich diese christlich¬
soziale Regierung den Nullen ihrer parteigenössischen
Landeshauptleute gegenüber nicht einmal das Ver¬
angen nach Einhaltung der Gesetze zu stellen er¬
laubt. In Wien handelt es sich aber um einen
Sozialdemokraten, und einem Sozi gegenüber ist
doch wohl, wenn er sich auf Gesetz und Recht stützt,
ein bißchen Verfassungbrechen noch am Platze. Das
will die „sittliche" „Tagespost“ nicht offen sagen,
und so lieber die Methode Funder, der Lüge und
Verleumdung, der Begeiferung und Herabsetzung
dessen, was ist. Ernste und, anständige Menschen de
handeln die Frage freilich von einem anderen Ge¬
sichtspunkt als die böswilligen Schwachköpfe der
„Tagespost“, und man lese nur, wie etwa die „Neue
Freie Presse“, die, wie die Erfahrung lehrt, gewis
gerne bereit ist, den Jargon der „Tagespost“ einzu¬
hängen, wenn sie dazu nur halbwegs Gelegenheit
hat, sich zu der Angelegenheit verhält. Sie schreibt
„Das Verbot der Regierung ist erfolgt aus Rücksicht
gegenüber einer parteipolitischen Strömung, die sich
gänzlich unberechtigterweise in diese rein künstlerische
Frage eingemengt hat. Nachträgliche Verbote haben
überhaupt viel Gehässiges und sind ein Armuiszeng.
nis für die Behörde, die nicht imstande war, im
vorhinein zu dem richtigen Schlusse zu gelangen,
Entweder das Ministerium haiie die Ansicht, daß
diese Aufführung nicht statifinden dürfe, dann hätte
von allem Ansang an die Entscheidung in diesen
Sinne erfließen müssen. Zuerst jedoch die Aufführung
erlauben, dann aber den politischen Strömungen
nachgeben, ist inkonsequent und kennzeichnet die
Flüchtigkeit, mit der in Österreich über wichtige
künstlerische Fragen entschieden wird.“ Man ver¬
gleiche damit die gehässigen Ausfälle der Grazer
Kuppelpresse, die sich erdreistet, zu schreiben, der
„rote Terror“ habe sich des „Reigens“ bemachtigt
während die Wahrheit ist, daß der weiße Terror die
Verfassung bricht und die journalistische Gelegen¬
heitsmacherin die Mauer dazu macht.
Noch sind wir nicht so weit, daß auf jeden Win
eines Piffl die Verfassung gebrochen werden kann
Gen. Reumann, der Wiener Landeshaupimunn, an¬
erkennt den Verfassungsbruch nicht und leitet dem¬
gemäß den gesetzwidrigen Erlaß auch nicht weiter,
o daß das Theaterstück runig aufgeführt werden
kann, bis der Verfassungsgerichtshof entschieden
haben wird.
Für den Schutz der Rechte des Laudeshauptmannes.
Wien, 11. Februar. In der heutigen Sitzung de¬
Landtages stellte Gemeinderat Speiser namens der
Sozialdemokraten einen Dringlichkeitsantrag, worit
unter Hinweis darauf, daß das vom Minister des
*
Innern erlassene Verbot der Aufführung von Schniß
lers „Reigen“ in die Kompetenz des Landtages ein¬
greife, der Bürgermeister als Landeshauptmann auf¬
gefordert wird, die Autonomie des Landes gegen je¬
den Eingriff der Bundesregierung energisch zu
wahren.
Sowohl bei der Verlesung des Antrages, als bei
der Begründung desselben durch den Abg. Speiser
kam es zu stürmischen Szenen zwischen den Sozial¬
demokraten und den Christlichsozialen, wobei die
letzteren mit den Pultdeckeln Lärm schlugen. Schließ
ich wurde dem Antrage die Dringlichkeit zuerkannt
Von seiten der. Christlichsozialen wurde das erlassene
Verbot verteidigt.
Der Landeshauptmann und Bürgermeister er¬
klärte unter lekhaftem Beifall der Sozialdemokraten,
nichts werde ihn dazu bringen, die Aufführung des
„Reigens“ zu verbieten. Er lasse die Verfassung der
Stadt Wien nicht schänden. Er werde von seinen
Rechte nicht abweichen.
„Arbeitertille“
Die Alpine, die „Bossische Zei¬
tung, die „Tagespost“ und die
Italiener.
Wenn dem Großschieber Castiglioni, der seit dem
Zusammenbruch durch die Mitwirkung des italieni¬
schen Generals Segré zum Herrn und Gebieter fast
der meisten Wirtschaftszweige in Österreich und Un¬
garn geworden ist ser ist Herr der Alpinen, Gebieter
von Daimler, Fiat und Puch, kontrolliert ein halbes
Dutzend Großbanken usw usw.), die Lüftung des
Schleiers über seinen Alpineaktienkauf durch die
Berliner „Vossische“ zu Gesicht bekommen haben
ollte, so wird der gute Mann herzlich über den Ult
gelacht haben, den sich da einer mit der sonst gewiß
ganz ernsten, alten „Vossin“ erlaubt hat. Die reichs¬
deutlchen Leser der Berliner Zeitung haben vom
steirischen Erzberg, den Betriebsverhältnissen bei der
Alpinen und den Aktienkäufen durch den Triestiner
Arzt Castiglioni sicherlich ebensoviel Kenntnis wie
insere meisten Leser vom Kontrapunkt, und so darf
es nicht wundern, wenn ein Artikel, der die Tenden
hat, zu beweisen, wie sehr sich Ententetapitalisten bei
ihren Schiebereien verrechnen können, produziert
wverden kann, der den haarsträubendsten Blödsinn
über das traurigste österreichische Wirtschaftskapite
zum Inhali hat. Wir hätten die „Enthüllungen
ruhin vorübergehen lassen, wenn nicht die „Tages
post“ durch Wiedergabe des ganzen Artikels bewiesen
hätte, wie sehr ihr auch die primitivsten Kenntnisse
der wirtschaftlichen Vorkommnisse fehlen und wie sehr
sie jeder Dummheit aussitzt, die sich mit „Eingeweiht¬
heit“ drapiert. Ist schon die Unkenntnis der Berliner
„Vossischen Zeitung" über Wirtschaftsvorgänge bei
uns blamabel, noch dazu bei soviel Häufung von
handgreiflichem Unsinn, wie man ihn sonst nicht leicht
findet, so ist die Wiedergabe des Artikels durch die
Grazer „Tagespost“ eine wahre Schande und eine
Zumutung an ihre Leser, die sich wohl fragen mü߬
ten, ob denn dieses Blatt nicht einen Menschen hat,
der imstande wäre, einen Wirtschaftsaufsatz, der dies
größte steirische Werk behandelt, auf seine annähernde
Richtigkeit zu prüfen, ehe er der Offentlichkeit über¬
geben wird, noch dazu an leilender Stelle.
Damit wir dem ehrenwerten und fachweisen
Blatt, das nach Abdruck des Berliner Artikels selbst¬
gefällig „die Wahrheit der Darstellung im großen und
ganzen“ feststellt, nicht Unrecht tun, führen wir an,
daß ihm eine Stelle des Berliner Alpine=Artikels,
allerdinas die schreiendste und für jeden Schuljungen
als Blödsinn erkennbare, selber auffällt. nämlich die,
auf die sich der Bossische Arlikel aufbaut und von
dem der von der „Tagespost“ besonders hervorgeho¬
bene Satz gilt, daß „die Mitteilungen in den Einzel¬
heiten bisher nur ganz wenigen Eingeweihten be¬
kannt seien und sie kein Dementi und keine Abschwä
chung auch nur um ein Jota zu erschüttern ver¬
möchte“. Die „Vossische Zeitung“ erzählt und die
„Tagespost“ setzt es ihren Lefern vor, daß der Schie¬
der Castiglioni sich durch Käufe von Alpineaktien
zu phantastischen Preisen in den Besitz der Aktien¬
majorität brachte und einen großen Teil davon der
Turiner Fiat-Gruppe zu noch phantastischerem
Preise überließ. Warum tun das Castialioni und die
Fiat=Gruppc? Aus valutarischen Erwägungen etwa?
Mag sein, sagen die „Vossin“ und die „Tagespost“
„Weit stärker aber war der Wunsch der Italiener
sich dieses glänzenden österreichischen Unternehmens
zu bemächtigen, wobei sicherlich, wenn nicht die zu¬
versichtliche Erwartung, so doch mindestens die stille
Hoffnung mitsprach, das Ergebnis der Abstimmung
werde diesen Teil Dentschösterreichs zu Italien schla
gen.“ (Sieast es!] „Daß solche Erwartungen aufs
gröbste getäuscht worden sind, ist bekannt.“ (Aber hof
entlich nicht erst durch die „Vossische“.) „Damit zer¬
schlug sich die letzte Hoffnung der Italiener, aus die
em Geschäte mit einem blauen Auge herauszukom¬
men.“ (Hofft nei weiter!) Diese Zeugnisse von Trot¬
teshaftgikeit bezeichnet die „Tachcost“ bescheiden,
vi
Sonni
Landesregierung Hilfe der
nicht „in den Nesseln sitzt“,
reichische Bevölkerung.
Bevor sich der Triestiner
danken trug, die Aktienmajor
sen, hatte die österreichische
sion einen Plan ausgearbei
gemeinwirtschaftliche Anstalt
Tagespost“ und vornehmlich
rische Landesregierung prote
Staat sich anmaße, über di
lichen Erzlager zu verfügen.
behender und mit wohlwoll
Banken und des von den
assenen Schumpeter bemächt
dem Rücken des Protestes der
gespost“ eines großen Teil
130.000 Stück und nich
und die „Tagespost“ von 190
„Tagespost“ und steirische
es, die die Alpineaktien an
verschachern hälsen, das nur
über unser größtes Unterne
vollste Rohstoffquelle erhielt.
fidie ohnegleichen, wenn die
aufbringt zu behaupten, daß
Regierung die Tragweite
di
erkannt hat. Das Gegenteil
erkannte die Tragweite nur
gespost“ und der christlichso
war die Lösung durch Herrn
lieber als die Verwaltung di
den Staat selbst.
Das zur impertinenten B
an Unwissenheit, sondern auc
eidenden „Tagespost“. Und
Behauptungen, wie stark Cas
sitzt. Als Castiglioni Alpine
talienischer Baluta, kostetee
recht erinnern, ungefähr 50
oder nach dem damaligen
sage und schreibe einhundert
amten Aktienposten von 13
13 Millionen Lire. Für 6##
scheffler à la Castiglioni ein
13 Millionen Lire konnte m
mehr als vielleicht einen
Aktie vo. 500 K per Stück
Kronen per Stück gestiegen.
Castiglioni die 130.000 Stü
aufte, ungefähr 65 Million
ger als 689 Millionen Kron
o „in den Nesseln“, daß er
inen nicht weniger als die §
lionen Kronen verdienen wü
„blaue Auge“ ist, mit dem
Alpinekauf davonkommen wer
„Vossin“ und die „Tagespost
gewinn noch zu gering und di
dere Verdienste gewöhnt. So
des Artikelschreibers und da
post“ aus. Was nun die üb
Artikel über Arbeiter und
hätte sich der Eingeweihte u
einem Artikel des Direktors
pinen in der Weihnachtsnum
Presse“ besser unterrichten kö
Es ist kaum der Mühe wa
von der unmöglichen Beschäf
beiter bei der Alpinen, mit
gerechnet haben soll, einzuge
witzer Hofarbeiter weiß, daß
ofern sie beschäftigt wurden
lawischen Arbeitern höchsten
Verwendung fanden, da sie
Hochofenarbeit den einheimi
deutend nachstanden.
So glauben wir gezeigt
chaftsweisheit der „Tagespo
nlicht einmal imstande ist, ei
gebei
das kaum zwei
zu