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11. Reigen
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zineusten und P
die musikalische Untermalung einer Szene, eigentliche
Höhepunkte, fortreißende. tragfähige Weisen erwarter
Die Orchestrierung, in der
man aber vergeblich.
Streicher und Holzbläser die beherrschende Rolle
nicht sehr farbigen
haben, arbeitet mit einfachen,
Mitteln.
Frl, Else Müller — zuerst, als Institutsfräu¬
ein, so wenig reizvoll zurechtgemacht, daß die schnell
entflammte Begeisterung des Barons Klaus=Rupp¬
— entfaliete in der Titel¬
recht kaum verständlich war
rolle nach der Metamorphose bunte Laune, und Paul
Heidemann (Klaus=Rupprecht) übertraf sich selbst
und holte die Lustigkeit aus Worten, Mienen und
Gelenken. Direktor Charlé, der verdienstliche
Spielleiter der Aufführung, gab in fein umreißender,
heiterer und zuweilen melancholisch überhauchter
Charakteristik den Baron=Vater. Herr Kaliger lieh
seinen hübschen Tenor dem Sohn und Herr Linke
seine harte, groteske Komik dem Kammerdiener. Frl.
Elly Leux, eine Schwester von Lori Leux, zeigte
angenehme, nur in der Höhe nicht ausreichende
Stimmittel, Frl. Pepi Zampa war ein moiliges,
drolliges, sprühendes, bewegliches, rassiges Kammer¬
kätzchen, und Ida Perry, die immer Zuverlässige,
bewährte sich als Veteranin der Liebe. Herr Neisser
war ausersehen einen Rumänen darzustellen, wie er
unrumänischer gar nicht gedacht werden kann. Die
Unechtheit wurde durch die Aussprache „Lei“ statt
„Ler“ sehr überzeugend unterstrichen.
Ascher, der dirigierte, kam auf die Bühne, als
freundlich=unleidenschaftlicher Beifall könte.
R. W.
Das „Reigen'=Verbot.
Der Vertreter der Hochschule für Musik, R.=A.
Dr. Alsberg, hat, wie wir mitteilten, erklärt, daß
die Leitung der Hochschule für Musik nach der dezen¬
ten Darstellung von Schnitzlers „Reigen“ im
Kleinen Schauspielhaus erkannt habe, es bestehe für
sie kein Grund mehr, sich an die einstweilige gericht¬
liche Verfügung zu klammern, die Frau Eysoldt
und Direktor Sladek mit Haftstrafe bedrohte,
wenn sie das Werk aufführten. Zu dieser Erklärung
teht nun in diametralem Gegensatz eine Meldung,
für die ihre Verbreiter, die „Polit.=parlamentar.
Nachrichten“, sich auf eine „unterrichtete Seite“ be¬
rufen.
Es heißt da, die Mitteilung, daß das gerichtliche
Verbot der Aufführung von „Reigen“ aufgehoben sei,
treffe nicht zu. Nachdem sich das gerichtliche Ver¬##
bot als wirkungslos erwiesen habe, sei nunmehr die
Auflösung des zwischen der Musikhochschule und
der Direktion Sladek=Eysoldt bestehenden Ver¬
tragsverhältnisses auf dem Weg des
Zivilprozesses eingeleitet worden.
Wir haben noch in später Stunde bei der Direk¬
tion des Kleinen Schauspielhauses Nachfrage gehal¬
ten, und man hat uns versichert, daß von einer sol¬
chen, nach der Alsbergschen Erklärung immerhin
überraschenden Wendung der Dinge dort nichts be¬
kannt sei, daß man aber der Austragung des Pro¬
zesses (wenn es wirklich zu ihm kommen sollte) mit
Seelenruhe entgegensehe. Nebenbei bemerkt, wurden
die beiden ersten Wiederholungen von „Reigen“ mit
einmütigem Beifall ausgenommen.
Im übrigen dürfte die Quelle, aus der die „P.
P. N.“ geschöpft haben, nicht schwer zu finden sein,
denn auf demselben Manuskriptblatt, das die obige
Information enthält, stehen die folgenden Aeußerun¬
für
gen des Direktors der Hochschule
Musik zu der „Reigen“=Affäre:
Bei Erwirkung der einstweiligen gerichtlichen Verfü¬
gungen, nach der die Aufführung untersagt wurde, waren
lediglich ideelle Interessen der mir anvertrauten Anstalt
maßgebend. Der Charakter des Hauses als staatliches
Schulgebäude war im Vertrag mit Frau Eysoldt beson¬
ders berücksichtigt, da die im § 1 enthaltene erste Be¬
dingung des Vertrags Stücke ausschließt, die in sittlicher,
religlöser, politischer oder künstlerischer Beziehung Anstoß
erregen können. Dazu hat Frau Eysoldt bei den Ver¬
handkungen über den Vertrag, als es sich um diese An¬
erkennung handelte, wiedetholt und feierlich zugesichert,
daß ihre Direktionsführung aus dem Theater eine sitt¬
liche und künftlerische Erziehungsanstalt höchsten Ranges
schaffen würde, deren Leistungen nicht nur für die Stu¬
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