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11igen
Weiter nichts, bittejschön. Hier hört die Geschichte auf.
Cheater & UUFON
Reigen Kleines Schauspie'haus
Auftakt: Gertrud Eysoldt, Direktor des „Kleinen Schau¬
spielhauses“ tritt vor den Vorhang: Das Kultchtninisterium
hat als glücklicher Besitzer dieses Hauses und #l# Inhaber eines
verklausulierten Vertrages die Aufführung ion Schnitzlers
„Reigen“ durch Auswirkung einer einstmaligen Verfügung zu
inhibieren versucht. Oberster Grund: Schnitzler ist unsittlich.
Unterster Grund: Die Gertrud Eysoldt wär einstens dem
Kultusministerium nicht willfährig. Resultat: Schikane. Er¬
folg: Der Vorhang geht hoch über einem nachdenklich=melancho¬
lischen Stück. Eindruck: Eine Aufführung für Schülerinnen,
gegen die Salome der Orska gehalten. Sollten, Gertrud
Eysoldt und Max Sladek in die angedrohte Haft sommen, dann
könnte vielleicht das Kultusministerium inzwischen die Dramen
seiner Geheimräte aufführen lassen.

Diese Menschheits¬
komödie sollte noch ironischer gespielt werden; noch mehr mit
wissendem Lächeln; noch mehr als Schicksal. Selbst der kleinste
moralische Unterton wirkt störend. Else Bäck, Kurt
Goetz, Victor Schwannecke, Poldi Müller,
Forster=Larrinaga und Blanche Dergan tanzten
den traurig=lustigen Reigen mit letzter nur möglicher Zurück¬
haltung.
Ludwig Marcuse.
Prinzeßchen Sarah, Komische Oper
Diese Operette, deren Musik von Leo Ascher und deren
Text von August Neidhardt (nach Carl Rößlers Lustspiel) „Im
Clubsessel“) gearbeitet ist, ist besser als viele andere. Un¬
wahrscheinlichleiten, Ungereimtheiten, Blech und recht viel
konventionelle Töne gibt es auch hier. Aber es überwiegen die
menschlichen Züge. Sie machen, daß von der Arbeit eine
angenehme Wärme ausgeht. Die Aufführung selber erweist
sich dann als wohltuender Wärmeleiter. Ihre stärksten Kräfte
sind Direktor Charlé, unter Operettenfiguren ein Menschen¬
darsteller, und Else Müller, die sich als Humoristin von
höchsten schöpferischen Qualitäten erweist. Es hat etwas lange
gedauert, ehe Berlin die Else Müller entdeckt hat. Um so
restloser scheint jetzt ihr Sieg werden zu sollen.
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Schnitzlers „Reigen“ vor Gericht.
Einspruch des Kleinen Schauspielhauses
Vor derselben Kammer des Landgericht III, die auf Antrag
der Hochschule für Musik am 23. Dezeniber die einstweilige Ver¬
fügung erlassen hatte, durch die der Direktion des „Kleinen Schau¬
spielhauses“ die Aufführung des Reigen unsersagt worden war,
ist gestern über den Einspruch der Frau Gerfrud Cysoldt und
des Herrn Maximilian Sladek verhandelt worden. Der Vor¬
itzende, Geheimrat Bock, ein Mann, der dem Theater und der
Literatur keineswegs fremd gegenübersteht, bemühte sich unter dem
um
Eindruck einer Vorstellung, der er selbst beigewohnt hatte,
einen Vergleich auf folgender Grundlage: Beschrändung
von
Serienaufführung des Reigens auf zwei Monate, Ferhaltung
Jugendlichen, Lösung des Mietvertrages am 31. Mai 1921. D##
Direktion des „Kleinen Schauspielhauses“ lehnte den Vergleich ab
mit der Begründung, entweder sei die Aufführung des Stückes
unsittlich, dann dürfe die Hochschule für Musik auch nicht in
eine beschränkte Zahl von Aufführungen willigen, oder
das Stück errege keinen Anstoß, dann habe die Direktion keinen
Grund, auf eine vorzeitige Lösung des Mietsvertrages einzugehen.
Im Gegensatz zu diesem unzweifelhaft konsequenten Standpunkt
nah mdas Kultusministerium, vertreten durch seinen Referenten
Dr. Seelig und Rechtsanwalt Alsberg, eine recht anfechtbare
Haltung ein. Es ging nämlich aus den Erklärungen hervor, daß
es dem Kultusministerium in Wirklichkeit darauf ankommt, den
Saal der Hochschule für Musik, in dem die Aufführungen des
„Kleinen Schauspielhauses“ stattfinden, für andere Zwecke freizu¬
bekommen, und daß es die angebliche Unsittlichkeit der Reigen=Auf¬
führung nur als Vorwand benutzen will, um dieses Ziel möglichst
rasch zu erreichen. Daraus ergab sich die seltsame Situation, daß
sich Frau Eysoldt auf ein vom Deutschen Bühnenverein erbetenes
Gutachten des Professors Alfred Klaar stützte, der Vertreter des
ozialistischen Kultusministers dagegen sich auf Herrn Professor
Roethe berief — immerhin eine verblüffende Bundesgenoffen¬
schaft. Das Gericht ist gestern noch zu keinem Urteil gekommen,
sondern hat beschlosse, daß zunächst die Beisitzer einer Vorstellung
des „Reigen“ beiwohne sollen. Das Urteil wird am Donnerstag
M. R.
10 Uhr vormittags publi#iert werden.
Ausstellung „Farbe und Mo#“. Die Akademie der Künste öffnet
ihre Ausstellungssäle in Zukunftch den Werken der angewandten
Künste. Im Februar beginnt die Ausstellung „Farbe und Mode“ veran¬
staltet vom Verband der Deutschen Mode=Industrie und der Interessen¬
gemeinschaft der deutschen Farbstoffabriken. Das Programm, deffen
Ausarbeitung und Ausführung in den Händen des Professors Bruno
Paul liegt, behandelt den ZusammenhngWirkeng mit
der Mode und der Farbenanwendung.