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box 18/2
Reigen
— Utbrchl —
„u h Aien. solchel. Besath auch jus liln
Mohnahne des elergischen Kommissars
wahrscheinlich. Trotzdem sind die umfassendsten Ermittlungen
Engelbrecht wird sich wirksamer erweisen, als die bloße Sistie¬
rung der Spielklubgäste.
angestellt worden, um festzustellen, was an der Meldung des
Nein, man muß den Mut haben, zu rufen: Die deutsche Re¬
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publik wird zur Angeklagten!
„neigen.
Eine Schande war nicht der Strafantrag des Staatsanwalts,
sondern die Tatsache, daß dieser Prozeß überhaupt stattfinden
konnte, daß dies erbärmliche Schauspiel einer geistig und sittlich
Kurt Pinthus.
verkümmerten Menschenklasse, die dünkelhaft ihr perversiertes
Noch klingt mir, am Schreibtisch sitzend, aus der eben ver¬
Gefühl zum Richter über Kunst und Theater aufwirft, dem
ronnenen Nacht die melancholisch=milde Melodie Forster=Larrina¬
hohnlachenden wirklichen Volke geboten werden konnte.
gas im Ohr, der uns in der stillen Feierlichkeit eines Ateliers
Eine öffentliche Schande aber ist es, den in einer Republik
am Flügel demonstrierte, wie diese von Seelenbarbaren als un¬
unter einem sozialdemokratischen Polizeipräsidenten aus der un¬
züchtig empfundene Musik zum „Reigen“ aus einem religiösen,
heuren Schar der künstlerischen Sachkenner in Deutschland aus¬
choralartigen Motiv erwuchs. Noch höre ich die Debatten schwirren
gerechnet dieser Professor Brunner als Referent und Sachverstän¬
über die Rechtslage und Wirtschaftslage, die sich ergeben würden,
diger für künstlerische Angelegenheiten berufen wurde und jahre¬
wenn auf die Aussagen einiger Mucker hin beide Direktoren
lang seine schmähliche Arbeit verrichten darf. Eine Schande ist
eines Theaters und elf ihrer besten Schauspieler ins Gefängnis
es, haß er Freikarten (wer bezahlt sie?) an jeden Kunstfremden
gesperrt würden
Da meldet das Telephon, daß eben alle
** *
verschenken durfte, von dem er annahm, daß dieser Verbitterte sich
im Reigen=Prozeß Angeklagten freigesprochen wurden.
über den „Reigen“ entrüsten würde. Jeder Mensch, der die
Jeder anständige Publizist enthielt sich, solange der Prozeß
Prozeßberichte las, fühlte daß es sich hier gar nicht um die An¬
schwebte, jeder kritischen Aeußerung (Professor Brunner, der
gelegenheit des „Reigen“ handelt, sondern, daß hier — trotz der
Sachverständige, als Einziger allerdings verabreichte ein Manifest
abwechselnden Aeugerungen der Zeugen — ein eminent politischer
am Bußtag), — jetzt aber muß jeder, der jemals mit Leidenschaft
Prozeß vor sich ging. Es handelte sich nicht einmal, wie wohl¬
die Worte Freiheit, Kunst und Menschheit aussprach, jeder, der
wollende Kritiker sagen werden, um den Kampf zweier Welt¬
öffentlich schreibt und spricht, seine Stimme erheben . . ., nicht
anschauungen, sondern es geschah die letzte kümmerliche Revolte
triumphicrend über diesen Freispruch — denn kein Richter hätte
einer entthronten und ohnmächtigen Gesellschaftsschicht gegen die
sich mit einer Verurteilung selbst zu schänden gewagt . . . auch
Gegenwart. Menschen, die nicht die kleinste Bindung zur Kunst
nicht über die eigentliche Streitfrage des Prozisses selbst — denn
und zum Volk fühlen, die so tun, als ob alles menschliche, natür¬
die Sachverständigen aller Richtungen haben im Prozeß alles
liche Gefühl ihnen fremd ist, schmettern all ihren aufgespeicherten,
nur Sagbare über Stück und Aufführung gesagt . . . und nicht
verdrängten Haß gegin irgendein künstlerisches Gebilde, um sich
die giftigste Glosse könnte so ätzend und hinrichtend wirken wie
politisch abzureagieren.
die Aussagen jenes belastungszeugenden Oberregierungsrats und
So gewiß es ist, daß diese Reigenaufführungen nicht ein
Professors, der sich nicht besinnen konnte, wann er vor der Auf¬
einziges Mädchen in die Arme der Unzucht getrieben haben, so
führung des „Reigens“ jemals im Theater war, oder jene alten
gewiß ist es, daß durch dies Reiterstück nicht eine einzige Um¬
Damen, die sonst keine Beschäftigung haben, als vielen Dutzend
armung, nicht ein einziger Kuß angeregt wurde... so gewiß ist
Schutz= und Trutzvereinen anzugehören, und die Tugend der Mit¬
es, daß dieser Prozeß nicht die Schamlosigkeit unserer Kunst und
welt anzuzweifeln, weil ihre eigene Tugend niemals die Mitwelt
unseres Volkes, sondern die Zerrütung unserer Repablik enthüllte.
interessiert hat.
Und man erinnert sich, daß unser Kultusministerium das
Aber es muß über diesen Prozeß hinaus Prinzipielles ge¬
veaktionärste Ministerium der Welt ist, das nicht einmal wagt,
fagt werden; Anklagendes muß gesprochen werden gegen jenes
neue Schulbücher einzuführen. Man erinnert sich, daß niemals
unmögliche Staatswesen, in dem wir leben, gegen jene Republik,
unter dem monarchistischen Regime so viel Bücher und Kultur¬
zu deren Schutz wir dauernd aufgerufen werden.
werke verboten wurden, wie in den letzten beiden Jahren der
Schablonenschreiber werden jeht das Sprüchlein aufsagen,
Republik, Man erinnert sich, daß die ringenden Bücher junger
daß hier Staatsanwalt und Belastungszeugen in Angeklagte sich
Schriftsteller, daß eines der zartesten und rührendsten Bücher der
mandelten. Das ist leicht zu sagen und ist überdies ungerecht. Weltliteratur, Philippes „Bübü“, daß graphische Blätter würdiger
Wak.
##n.2
A. Manning, Berlin. —
Für unstrlangte Mannfkrip
Nerben
Meister verboten wurden,
weise einen Bericht herausgi
tionen dieses Verlages enthi
den anregendsten, reinsten
liche Verhandlung für lang
Und wer es nicht wußt
Der Reigen der Künste und
dem Reich der Lemuren.
aber es kerrscht der Geist h
*
Nach sechstägiger Verha
in dem Prozeß wegen der A
gea“ im Kleinen Schaus
Brennhausen verkündet
tion Fraß Gertrud Cyfol
Reusch sowie die Schauspiel
gewirkt hatten, wurden aus
Gründen von der Anklage de
der Anstiftung und Beihilfe
Kosten der Staatskasse aufer
Das Gericht ging bei der
aus, daß es den Begriff
an sich für das Gericht nicht
stellern innerhalb der #
werden müßten, die geeignet
gefühl eines normal empfin
Beziehung zu verletzten.
alle Mitwirkende zur Veran
liegenden Fall ist das Geri
zweifellos keine Unzücht
irgendeines Mitwirkenden vor
sich die Schauspieler nach
höchsten Dezenz befleißigt, ##
Die Musik schaltete es
mit dieser überhaupt nichts
des Gerichts über den „Reig
dem Stück einen durchaus
er darauf hinweisen wolle,
der Menschen mitunter ist.
sondern aus der Tiefe sei
der Inhalt des „Reigens“ et