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10. Das Vermaechinig
zwei junge Mädchen, die Schwester Hugo's und seine Hugo würde das Verhältniß früher oder später selber, dacht, der aus
Cousine und präsumtive Gattin. Das Sterben Hugo's gelöst haben. .. Wohin sollte es führen, wenn wir) stoßenen Gel
Aus den Berliner Theatern.
einen ehrlichen
dauert etwas lange: starke Wiederholungen erhöhen „alle diese Weiber ins Haus nehmen wollten! ...
„Das Vermächtniß“, Schauspiel in 3 Acten von das Peinliche und Nervöse der Sttuation, aber es Dieser große Phrasendrescher kennt doch auch die Welt. des Drama's
„Alle diese Weiber“ — das sind die Geliebten uusrer jüngerer Schr#
„Auf geht trotzdem ein straffer dramatischer Zug durch
Artbur Schnitzlex. (Deutsches Theater).
Söhne. Sie brauchen keine Geliebte zu haben, aber liebt es, sogen
der Sonnenseike“. Lustspiel in 3 Acten von Oskar diesen ersten Act, der das Beste erhoffen und er¬
sie haben sie dennoch. Ich vertheidige die Sitten= Verklärung zu
Blumenthal und Gustav Kadelburg (Kgl. Schau= warten läßt.
spielhaus).
Nun kommt der zweite Auszug, der die Erwar= losigkeit nicht, aber ich kann der loxen Auffassung des gegen sagen,
—Das war ein merkwürdiger Erfolg, den das tungen lebhaft enttäuscht. Schnitzler klammert sich Herrn Schnitzler von dem, was wir mit Recht „gute Thema kaum
Deutsche Theater am Sonnabend zu verzeichnen hatte. an seine These. Er will sozusagen eine Apologie der Sitte“ neunen, ebenso wenig Empfinden entgegen= aber man da
bringen. Der große, große Fehler seines Dramas ist rücksichtslos a
Ein entschiedener Erfolg, durchaus kein künstlich ge=freien Liebe geben, und das gelingt ihm in keiner
machter, kein „Akustischer“ — aber doch nur ein Er= Weise. Die Eltern Hugo's ehren den letzten Wunsch der, daß der Verfasser uns nicht einen Ausnahmefall gethau hat.
folg, den die Minderheit des Publikums dem Autor des Todten. Sie nehmen dessen Geliebte und Kind vorführte, sondern für die Allgemeinheit seine neue deonomischen
Moral zu prebigen versuchte. Wollte er uns für seine Schnitzler zu
in ihrem Hause auf; sie öffnen ihnen ihre Arme —
bereitete, der eine These zu vertheidigen suchte, für
die, wenn man ehrlich sein will, nur die Bohême der jeder in seiner Art. Die Mutter aus vollem Herzen, Tony erwärmen, so hätte er sie ganz anders in verwerfen.
nder
der Vater mit leisen Bedenken, die Schwester in den Vordergrund rücken müssen. Der sterbende Hugo einen
Gesellschaft verständnißvolles Empfinden haben dürfte.
hätte
Das Schauspiel ist interessant genug, sich etwas ein= enthusiastischer Liebe — liebevoll selbst die Cousine, sagt allerdings: „sie ist mir viel gewesen“ — aber
gehender mit ihm zu beschäftigen. Es spielt in Wien, die der Fremden das Kind dessen neidet, den ihr was sie ihm gewesen ist, das erfahren wir nicht. Der
im Hause eines sogenannten liberalen Politikers, des junges warmes Herz liebte. All' diese Leute erfüllen Was hat sie Großes, Edles, Gutes an diesem leicht= nechn
Professors Losatti — wie mir scheint, in jüdischem also in der That ihre Pflicht; es ist ganz natur= sinnigen Schlingel gethau, daß er verlangen konnte, W
Milien. Dr. Hugo Losatti, der Sohn, ist ein lustiger gemäß, daß sie das in erster Linie des Kindes seine Familie solle sie wie ein eigenes Kind lieben?
Ist sie in der That mehr als seine Geliebte gewesen? Ge
Bursche; es wird auch oft genug betont, wie „lieb wegen thun, dem eigenen Blut zu Liebe, nicht aus
— Nein; sie hat das Elternhaus verlassen und ihren un
und gut“ er sei — im Stücke selbst merkt man Zärtlichkeit für die Maitresse Hugo's. Aber auch
kaum etwas davon. Denn Hugo wird bald dies Kind stirbt — und damtt erlischt, wieder natur= Vater einsam sterben lassen, um ihrer Leidenschaft m
nach Aufgehen des Vorhangs gebrochen und gemäß, auch das Interesse für Tony, die Geliebte leben zu können. Es giebt aber doch knoch höhere order
r ist Hugo's. Dr. Schmidt, der Verlobte von Franzi, Gesetze, als die des liebenden Mädchenherzens. Herr Prose
sterbend auf die Sceue getragen:
bei einem Rennen mit seinem Pferde gestürzt. In der Schwester Hugo's, ist der Erste, der mit glatten Schnitzler scheint anderer Ansicht zu sein. Für ihn natür, wie
den Aeugsten des Todes legt er der Mutter eine Worten auf das „Unzuträgliche“ des eigenthüm= ist es ganz selbstverständlich, daß die Familie das begegnet —
Beichte abz er hat eine Geliebt: und von ihr einen lichen Verhältnisses hinweist, wenn man die Mädchen, das ihre eigenen Verwandten um ihrer breit ausges#
des Verstorbenen noch Schande willen verstoßen haben, festhalten und weiter wenigen Stri
nun vierjährigen Buben. Die Eltern sollen Geliebte „illegitime Gattin“
und Kind wenn er sterben sollle, in das Vaterhaus läuger im Hause behalten wollte; der Professor mit Liebe und Güte umgeben müßten. Und er läßt Sprache hat
seine Tony schließlich in's Wasser gehen, als Losatti deuen die Sp
nehmen. Das ist sein „Vermächtniß.“ Und Hugo stimmt ihm zu, widerstrebenden Gefühls auch dessen
und dessen Gattin ihr in möglichst schonender Weise allzu stark
stirbt, nachdem er sein illegitimes Weib und sein Frau. Seine Schwägerin aber, jene junge Wittwe,
erklären, daß sie nicht länger im Hause bleiben könne echtem Empfi
Kind nochmals gesehen hat. Dieser erste Act ist mit die sich als Gesinnungsprädicantin stets im geeigreten
daß man aber ihr Leben sorgenlos ausgestalten wolle. war sehr u
großem Geschick aufgebaut. Alles ist klar, durch= Augenblick einfindet, will Tony zu sich nehmen, aber
Psychologisch ganz undenkbar ist die heiße Liebe der Losatti, lang
sichtig, auch dichterisch verklärt. Man lernt eine ihre Tochter erklärt sich dagegen. Diese Tochter war
große Gruppe interessanter Leute kennen: die edel= die zukünftige Braut Hugo's; sie konnte dessen Kind! Franzi zu der Maitresse ihres Bruders — oder aber, au talentvo
herzige Mutter, den phrasendreschenden liberalen“ lieben, aber nicht seine Maitresse. Das spricht sie der Verfasser hätte sie motiviren müssen. Aber er Deutschen=The
Vater, den immer correcten, galglatten, herzeus- auch aus; ist das nicht verständlich? Und ist es motivirt nichts. Er läßt seine Leute auch vielfach Erfolg gemach
rohen Dr. Schwidt, die gesinnungstüchtige junge nicht auch verständlich, wenn der Professor einmal bei von dem gütigen Herzen Hugo's sprechen, aber dieses gluube, die
Wittw: als Versechterin der aufgestellten These, und Gelegenheit äußerte: Ich bin der Ueberzeugung, gütige Herz hat fünf Jahre-hindurch-nicht daran ge- oberen Räng