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I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyeiö“, VIII. Josefsring 31a. —
Ausschnitt aus: ösidentsche Rundschat
vom “0
3.40
Ungereimtes von der Woche. Seitdem du, Wien,
— Der Jüd' erst recht am Ruder ist;
verchristlicht bist,
Im Handel, Wandel, Kunst, Theater — Der Schmul
Wer heut' in's „Borg¬
ist Macher und Berather!
Vor lauter Judendichtern steht: —
theater“ geht,
Sein „Erbe“
Philippi ist ein Halbgott dort,
lebt unsterblich fort,
— Und seiner Dichtkunst als Beleg
Herrn
Dient der Tantiémen-„Dornenweg“
Hirschfeld von dem Strand der Spree — Schmückt
Die „Neie Freie" voll
auch das Dichterportépée!
Man
Extase — Preist seine schillergleiche Nase,
sieht dem auserwählten Mann — Den „Dichter“ an der
* Einst schlug die Juden dort in Bann
Nase an
Athenisch Leo Ebermann — Doch kläglich von
der „ersten“ Bühne — Schwand Leo's Kalle, seine
Jetzt preist man Schnitzlerals¬
Phryne,
Der das Vermächtniß“ angetreten! —
Propheten.—
In allen Sätteln stets gerecht — Ist Ludwig Fulda,
Zions Knecht. — Er schmiedet Schwänke, schwere Reime:
Erwuchsen
Still in der Brust verborg'ne Keime
tragisch aus der Saat — Zum Götterdrama „Herostrat“
Und alles
Die Muse hat den Mann geweiht,
Volk er stets erfreut — Aus seiner Dichtung Bundes¬
lade: — Schlagsahne, Syrup, Limonade . . . — Held
Schlenther schmunzelt an der Kasse: — „Du bist's,
auf die ich mich verlasse! — So lang die Juden laufen
kosch're Kunst hier froh ge¬
'nein — So
So lange jüdisch noch die Presse, — Auf
Für
5 deih'n!! —
Mit Grausen ind
10 „uns're Lait'“ ich nie vergesse.
20 denk' ich jetzt der Zeit, — Da mit der Feder kampf¬
50 bereit — Ich für die deutsche Kunst, die wahre —
" 100
Jetzt trag' ich
für Honorare
Zu Felde zog
vor dem Mund ein Schloß, — Vorbei dein Frohndienst, ge
Tboum
Jetzt kann fest angestellt ieht
„Tante Voß“!
Abonm
ich ruh'n, — Bin Herr Direktor, brauch' nichts thun, —
deri
Als nur den dichtenden Semiten — Erfreut die off nen
Hände bieten; — Ich thu's mit holder Gönnermiene —
Und froh gedeiht die „erste“ Bühne!“ —
Goethe nennt sich ein Verein, — Da soll es auch
sehr arisch ein! — Es sprach dort jüngst Herr Justus
Die Presse lobt ihn voll Geschrei; —
Frey,
Warum? Weil er mit Frey verschämt — Den Namen
Herr Neckeles,
2 S verbrämt
Herr Jeitteles — Sind Goethe-sehr gescheiteles! —
Sie nicht als
Ob die Kohnkordia zu Prag
Ehrenglieder mag? — Dir, Wilhelm Jordan,
deutscher Mann, — Hat frech die Schmat) man ange¬
Jüngst mußt' ich's lesen zornentbrannt: —
than! —
Von der Kohn¬
Du bist zum Ehrenglied ernannt
kordia, koscher süß, — Der Jüden Prager Paradies; —
Der Karpeles, der Teweles, — Der Pinkeles, der
Wie die Mischpoche selig grient, — Das
Löweles,
hast du, Jordan, nicht verdient! — Ein teutscher
Recke, ragend stolz, — Von echtem Kern, aus Eichen¬
— Nun
holz, — Deß Bardensang so kraftgestählt,
— Warum denn
der Kohnkordia zugezählt!! —
nahmst du, deutscher Mann, — Das Ehr'geschenk der
Koschern an? — Wer achtzig Jahre deutsch gelebt, —
Nach Knoblauchkränzen doch nicht strebt? — Wer von
— So trefflich seinen Sang uns
der Nibelungen Noth
Der braucht zu seinem Ruhm fürwahr —
bot,
Nicht Kohn, nicht Adler und nicht Klaar!
ger, im Regierungsschoß
— „Zwar war der
Ließ jüngst man einen Ukas los:
Bismarck wohl es werth, — Daß ihn der Preuße
schätzt und ehrt, — Doch hier ward seinem Ruhm die
Schranke: — Das ist der öst'reich'sche Gedanke! —
Weil es
Darum sein Denkmal sei verpönt,
loyale Seelen höhnt, — Weil man mit Hochverräther¬
— Darum be¬
lippe — Verletzt die klerikale Sippe!
stivimen Wir allein: — Der Denkstein darf kein Denk¬
sei, Regierung, doch so gut,
stein sein!!!“
— Nenn' Einen uns aus frommer Brut, — Dem wir,
dem Staatswohl zum Ergetzen, — Statt Bismarck einen
Wir kennen einen „großen“
Denkstein setzen?
Mann, — Der hält uns All' in Zauberbann, — Den
Alle wir nach Volkesrechten — Bald ausgehauen
sehen möchten!! — O, sorget, die Ihr uns regiert, —
Teut-—
Daß ER bekommt, was ihm gebührt!
Telefon 12801.
Ausschnitt
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
0•5
„OBSERVER“ N. 27
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31a. —
Ausschnitt aus Arenend Wanr
Oaler
vo 2/270
Wiener Bühnen.
Burgtheater. Das dreiactige Schauspiel „Das Vermächtniss“
von Arthur Schnifzler hat zur Heldin ein armes Mädchen aus dem
Voike, das in illegitimer Ehe mit dem ältesten Sohne einer reichen und
angesehenen Professorsfamilie lebt. Ihr Geliebter stirbt und sie kommt
als Vermächtniss mit ihrem kleinen Buben in sein Elternhaus, wo sie
die Frauen für, die Männer gegen sich hat. Es stirbt das Kind und es
kemmt zu Conflicten, denen das Mädchen in den Tod entflieht. An¬
erkennenswerth ist der Muth und die Wärme, mit welcher sich der
Antor seiner Schutzbefohlenen annimmt und das Problem zu lösen sucht;
in dieser Hinsicht gehören ihm gewiss die Sympathien eines jeden
rechtlich Denkenden. Aber er construirte zuerst das Problem und erfand
dazu die Menschen, und so macht das Ganze einen unnatürlichen Eindruck.
Hässlich und abstossend wirkte es auch, dass er während fast des ganzen
ersten Actes den jungen Doctor sterben lässt. Die Damen Schratt,
Hohenfels, Schmittlein, die Herren Hartmann, Tressler,
Devrient spielten vorzüglich. — Eine Tendenzarbeit roheren Calibers ist
Philippi's Vieracter „Das Erbe“, der in Deutschland dadurch locales
Aufsehen erregte, weil hier der Conflict zwischen dem alten Bismarck
und dem jungen Kaiser in sehr durchsichtiger Veränderung auf die
Bühne gebracht wurde. Der alte Commerzienrath Sartorius hat vor
35 Jahren unter dem alten Baron Larun ein riesiges Etablissement für
Gewehrlieferungen u. s. w. gegründet und seither geleitet; der junge
Baron, aufgestachelt durch einen ehrgeizigen und schuftigen Beamten,
will sich die Bevormundung nicht mehr gefallen lassen; es kommt zum
jähen Bruch, der alte Sartorius bleibt wohl moralisch der Sieger, zieht
sich aber freiwillig in den Ruhestand zurück. Philippi ist ein routinirter
dramatischer Handwerker, er kennt alle Kniffe und Eflecte, arbeitet
Faber dabei mit scheinbar modernem Realismus, durch den er die innere jus
Leere und Nichtigkeit seines Opus gut zu maskiren weiss. Das Stück
list insofern sehenswerth, als unser lieber, alter Baumeister (Sartorius) das
det.
Adarin eine sogenannte „Bombenrolle“ hat, die ihn durch alle vier Atte
Afast unausgesetzt auf oflener Scene höchstanstrengend beschäftigt. Heir
Baumeister war von grossartiger Ausdauer, Jugendlichkeit und Kraft.