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10. Das Vernaechtnis

Telefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschattt
„OBSERVER“ f. 53
105
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelé“ -
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
Ausschntt aus. Oeodard
cere
vom Venlerufe
Theater.
Paul Schlenther, auf den die
Berliner „Modernen“ und alle Männer
ihres Banners in deutschen Landen
schworen, so lange er noch redete,
sinkt mehr und mehr in Ungnade auch
zurückgewiesen, aber Schlenther wollte
einmal beweisen, daß er es besser ver¬
bei den Neuesten, nun er als Direktor
des Burgtheaters zu handeln hat.
stünde. „Ewige Liebe“ von Faber,
Kürzlich hat die Wiener „Wage“ die
„Herostrat“ von Fulda, Hofmanns¬
thals Gedichte aufzuführen, lag keinerlei
„Bilanz des Burgtheaters“ gezogen.
dringende Veranlassung vor. Auf Ro¬
Shakespere, heißt es darin u. A., der
noch 1895/96 mit 20 Werken und 45
stands „Cyrano von Bergerac“ wollte
Aufführungen (in der vorigen Saison
Schlenther das ganze Winterrepertoire
mit 18 Werken und 46 Aufführungen)
aufbauen. Es wurde für die Aus¬
im Repertoire vertreten war, zählte
stattung eine sehr beträchtliche Summe
in der eben abgelaufenen Saison nur
ausgegeben. „Cyrano“ enttäuschte und
Werke mit 22 Aufführungen. „Julius
der großen Liebe Mühe war umsonst
Cäsar“, „Antonius und Kleopatra“
gewesen. Dabei hat Schlenther noch
„Kaufmann von Venedig“, „Othello“
50000 Gulden Defizit mehr als sein
„Der Widerspenstigen Zähmung“, sämt¬
Vorgänger bei 200000 Gulden kaiser¬
liche Königs amen (mit Ausnahme
licher Subvention! Wird man endlich
einmal einsehen, daß es mit dieser
von Heinrich und Richard III.) fehlen
im Schlentherschen Spielplan. Goethe,
„modernen“ Theaterwirtschaft, mit den
der früher 12—17 Aufführungen im
Fulda, Faber, Rosmer, Philippi eben¬
Jahre zählte, mußte sich heuer mit 5
sowenig weiter geht, wie mit der Be¬
50 Zeitun
wunderungssprudelei in der „moder¬
begnügen (im Vorjahre 9). Grillparzer,
100
nen“ Kritik?
der noch 1889/90 26 Aufführungen von
200
8 Werken (in der vorigen Saison 17
Aufführungen von 8 Werken) hatte, 160.—] im Voraus
000
ist auf e Aufführungen (von 6 Werken)
n Gegiges
en. „Das goldene Vlies“, „Die issausschnitte
— auch steht es den
hient di Jü
in von Toledo“, „Des Meeres und
enten lrei der Liebe Wellen“, „Esther“. „Der ssler zu Andern#
treue Diener seines Herrn“ sind heuer
aus dem Repertoire verschwunden.
Kleist, Hebbel, Mölièké schienen für
Schenther überhaupt nicht zu existieren.
Kein einziges ihrer Werke, ich sage
kein einziges steht im Repertoire.
Die „Standard works“ der Modernen
aber, jene Werke, deren Musterauf¬
führung eine heilige Pflicht des Burg¬
theaters der Gegenwart gegenüber be¬
deuten müßte, jene Werke, die Burck¬
hardt mit harter Mühe ins Burgtheater
gebracht hat, vernachlässigt Schlenther
in der schlimmsten Weise. Ibsen mußte
sich während der ganzen Saison mit
2 Aufführungen (eines Werkes) be¬
gnügen! Anzengruber hat es — Ibsen,
auch
dem Ausländer, zum Troste —
nur zu 2 Vorstellungen gebracht.
In dieser Saison gab Schlenther
10 Novitäten. Davon hatten nur zwei
„Fuhrmann Henschel“ mit 10 Aufführ¬
ungen dank Sonnenthal und „Das
Erbe“ (!) mit 10 Aufführungen dank
Baumeister großen Erfolg. Schnitzlers—
„Vermächtnis“ (11 Aufführungen) und
sein „Einakterabend“ (smal) waren
literarisch interessante und wertvolle
Darbietungen; alles Andere mißriet.
„Der Vielgeprüfte“ von Meyer=Förster
war ein schauerlicher Durchfall, „Peter
Kron“ von der Frau Rosmer eine böse
Niete. Die frühere Direktion hatte
dieses Stück der Frau Rosmer bereits