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Kunst und Wissenschaft.
„Deutsches Theater“. Zum ersten Male:
Die Gefährtin, Schauspiel.
Der grüne
Kakadu, Groteske. — Paracelsus, Versspiel von
Arthur Schnitzler.Nachdem Sudermann Erfolg
mit einem Einacterabend hatte, konnte es die Direction
unternehmen, auch einen solchen von Schnitzler, einem
der erfolgreichsten Bühnendichter der letzten Jahre, zu
veranstalten. Und wie bei Sudermanns Morituri
wurde uns — zwar ohne geistiges Band wie bei
Morituri — zuerst ein Nocturno geboten, dann der
Mord und schließlich das Spiel mit dem Vergehen.
Der Abend brachte dem Dichter nach jedem Einacter
mehrere Hervorrufe, ja nach dem zweiten Stück
wollten die Vielzuvielen mit ihrer Hände Ar¬
heit einen demonstrativen Erfolg zu Wege
bringen, aber es nützt nichts
der Abend bot
bei den Besonnenen drei Achtungserfolge und nicht
mehr.“ „Die Gefährtin“ handelt von einer
Todten, die als junge Gattin des um 20 Jahre älteren
Professors Pilgram den jungen Dr. Hausmann liebt
und dem Gatten untren wird, trotzdem sie wußte, daß
ihr Liebster eine Andere liebt! Die Gemeinheit wird
Aoch dadurch gekrönt, daß die Freundin der lüderlichen
Frau, Olga Merholm, von Allem wußte und es dem
betrogenen Manne verschwieg, obgleich sie seine geistes¬
verwandte Freundin war und ist. Verlogenheit von Anfang
bis Ende. Hr. Nissen schmückte sich als Professor eine
Für 50 Zeittgreuliche Maske an; wie sollte er auch einen wirklich
Emenschlich aussehenden Mann darstellen, wenn er sich
100

inclusive
Porto.
200
gar so unwahr zu benehmen hatte! Dieser Professor

Zahlbar
verstand Alles, begriff die Untreue, hatte Fischblut und
im Voraus
war ein construirter Homunculus. Nicht weniger
" 1000
construirt war Olga Merholm, die falsche Freundin nitte ist das
Im G
Abonnement und allzu nachsichtige Dame. Thut nichts, Herr; steht es den
Schnitzler wurde gerufen.
Abonnenten
ändern.
„Der grüne Kakadu“ ist der Name eines Wirths¬
hauses und die Handlung, wenn man von einer solchen
Feden kann, spielt am Abend des Tages der Er¬
stürmung der Bastille. Ein gekünstelter Vor¬
gang klingt tragisch aus. In einer Spelunke
spielen Schauspieler, die bei dem Wirth, der ein ehe¬
maliger Theaterdirector war, dafür engagirt sind,
Strolche; und der vornehme Adel kommt in diese
Spelunke um sich den Spaß anzusehen. Natürlich ist
auch ein wirklicher Spitzbube und ein wirklicher
Künstler darunter. Dieser Künstler liebt Léocadie,
Phryne und Schauspielerin, und heirathet sie. Aber
ssie unterhält auch das Verhältniß mit dem Herzog
won Cadignan weiter und Heuri
ist der
MName des Künstlers
heuchelt den Adeligen
wor, daß er den Herzog bei seiner Frau in der
Garderobe fand und ihn erstach. Alle Welt
glaubt, es sei Komödie, nur die Schauspieler und
Der Wirth=Director, die von der Liebschaft seiner Frau
wissen, rathen ihm, zu fliehen. Er hört jetzt, daß Alle
von dem Verhältniß wußten, und enun erfährt er —
er, der wirklich nur eine Posse aufführte, das
in
Weib ihn betrüge. Er ist
und
ritt, ersticht
h. Jetzt
a
Dritter, und
nbet
fen: „Es lebe die Freiheit!
fällt der Vorhang.
Einzetheiten sind in dieser „Groteske“, wie der Dichter
iden Einacter seltsamer Weise nennt, recht amüsant,

faber der kolossale Aufbau, des Fünkchens von Hand¬
Aung wegen, wirkt verstimmend. Das Publicum blieb
fruhig, einige Leute aber, die nicht Publicum geuannt.
zwerden dürfen, „tobten in die Hände Sie müssen;
zsich nicht wundern, daß über ihr Wesen nun viel geklatscht¬
zwird und daß man dies ein — Unwesen nennen wirds
Das Versspiel „Paracelsus“ zeigt den lange
Iverkannten und in unserer Zeit erst voll gewürdigten
Hohenheim, dessen Vorname Bombastus als Begriffs¬
swort überging und einen Typus bezeichnet, wie er vor?
dem Waffenschmied Cyprian dessen Gattin durch Hyp¬
nose zur Selbstbezichtigung bringt und sie wieder vom
* Traume befreit. Er hatte ihr suggerirt, sie wäre dem
Gatten untreu geworden, woraus sich komische Scenen
ergeben. Dann befreit er die Arme in neuer Hypnose#
wieder von der Suggestion und der grobe Waffen¬
schmied muß an den Zauber des Paracelsus glauben.
Das Stückchen ist gefällig und wird länger auf
Repertoire bleiben als die voraufgegangenen.
dem
Es
sollte indessen statt Versspiel Scherzspiel
heißen, denn auf irgend welchen literarischen
oder theatralischen Werth kann es keinen An¬
spruch erheben. Josef Kainz, der den Schauspieler
Heuri im Grünen Kakadu“ meisterhaft sprach, spielte
auch die Rolle des Poracelsus wunderbar echt und
wahr. Seine Ueberlegenheit kam rühmenswerth zur
Geltung. Neben Kainz sind voll besonderer Auer¬
kennung zu nennen Lomise Dumont als des Waffen¬
schmieds Gattin und Else Heims als dessen Schwester.
Um gerecht zu sein, sei noch betont, daß H. Rittner
im „Grünen Kakadu“ den echten Strolch vortrefflich
spielte und daß Maria Reisenhofer als Léocadie
G—.
berückend aussah.