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Kakat
box 15/6
9.4. Der pruaU ZUKInS
alc.
wenig Rechnen und sehr viel Religion hinausreicht. Es bleibt königlicen Akademie der Künste statt. Bei demselben hielt Lord eem Minde
Spaten und
Salisbury eine Rede, in welcher er u. a. sagte: „Wir sind zu einem
eben immer wahr: je ungebildeter die Leute sind, um so leichter
Bird Maure
befriedigenden Abkommen mit der russischen Regierung
wählen sie konservativ. Die geben am sichersten einen konser¬
Her anwesen
Brünn
vativen Stimmzettel ab, die den Namen darauf nicht lesen gelangt, und ich hoffe, daß dieses Abkommen von gutem Einfluß
sein wird. Ich will mich hier nicht darüber verbreiten, wie weit= stellt die Fo
können.
gehende Folgen dieses Abkommen haben mag. Aber mit Rücksicht auf lihnung der
Dort die r
Bei weitem die stärkste dramatische Kraft weist das zweite
in ihren W#
Theater und Musik.
Stück auf, die Groteske „Der grüne Kakadu“. Es spielt in
Teil wird
Paris am Tage des Bastillesturms. Im Keller des ehemaligen
Deutsches Theater. „Die Gefährtin“, Schauspiel in
lind das
Theaterdirektors, jetzigen Gastwirts Prospère, findet sich eine
1 Akt, „Der grüne Kakadu“, Groteske in 1 Akt, „Para¬
wieder einn
sonderbar gemischte Gesellschaft zusammen. Da verkehren zu¬
celsus“, Versspiel in 1 Akt, sämtlich von Arthur Schnitzler,
meinen, auch
nächst allerlei Schauspieler, die mit denkbar größtem Realismus
zum ersten Mal aufgeführt am 29. April.
einem solch
Improvisationen zum Besten geben. Sie fingiren Verbrechen,
Schnitzler ist der bedeutendste unter den lebenden öster¬
Das
die sie selbst begangen haben sollen, und schildern sie so natur¬
reichischen Dramatikern. Den Beweis dürfte er am Sonnabend
seiner Sprch
getreu, daß die Zuhörer, fost im Zweifel, wo die Dichtung auf¬
den Berlinern erbracht haben. Die drei Einakter sind nicht ganz
alte Thema
hört und die Wahrheit anfängt, in ein angenehmes Gruseln
gleichwertig, jedes hat seine Schwächen, jedes aber auch seinen
beste Frau
hineinkommen. Hie und da verirrt sich auch einmal ein wirk¬
eigenartigen Reiz.
ist es nicht
licher Mörder unter diese Scheinverbrecherbande. Der Wirt
Die Gefährtin“ ist das intimste von den drei Stücken,
bleibt. De
selbst behandelt seine Gäste im Stil des allen Berlinern wohl¬
ein Kapitel Seelenanalyse. Professor Pilgram hat seine
auftritt, en
bekannten „Groben Gottliebs“ nur daß die Drohungen, die er
20 Jahre jüngere Frau begraben. Es ist der Abend des Be¬
er sie im k
den feinen Leuten an den Kopf wirft, seiner Jakobinergesinnung
gräbnisses. Man kondolirt ihm. Er geht kaum darauf ein,
die W
nur
entsprechen, und unter dem Eindruck, daß man am Vorabend
spricht nur von seiner Arbeit, an die er nun mit doppeltem Eifer
bringt, da
einer Revolution steht, gerade keine behagliche Stimmung er¬
gehen will. Meint er doch, daß ein Anderer viel mehr Grund
wecken. Aber gerade dies Milieu zieht die überfeinerten bald heiß
zur Trauer hat, als er selbst, sein Assistent Dr. Hausmann. Ein
ist, als
Aristokraten an. Für ihre überreizten Sinne ist es ein
Jahr hat er, der alternde Mann, mit seiner jungen Frau Liebes¬
neuer Kitzel. Sie lachen, wenn sie Prospere an die ihm treu g
glück genossen. Dann sah er, wie die beiden Jungen sich fanden.
Die D
nächste Laterne wünscht. Aber dies Lachen klingt für
Er schwieg, sah alles mit an. Als Mann des „tout comprendre,
den Zuhörer recht fatal. Hört man doch draußen die Massen daß man A
c’est tout pardonner“, halb unter dem Banne der Schwäche,
Kainz
zur Bastille ziehen. Der größte unter den Schauspielern
die jeden Skandal scheut, halb unter dem Einfluß der
Er braucht
Prosvères, Henri, giebt seine Abschiedsvorstellung. Am nächsten
philosophischen Ueberzeugung, daß das, was geschah, mit natur¬
selbstverstän
Tage will er mit seiner Frau, den dirnenhaften Schauspielerin
gesetzlicher Notwendigkeit geschehen mußte, ließ er die Frau, die
Léocadie, aufs Land, um dort in Rousseaustimmung für die Paracelsus
nicht zur Gefährtin, nur zur Geliebten“ geschaffen war ihren
Natur zu schwärmen. Seine letzte Leistung soll die erschütterndste die ganze
Liebesberuf erfüllen. Zehn Jahre ist es so gegangen. Nun ist
habe ich Ka
sein. Mit hinreißender Leidenschaft schildert er, wie er seine
sie tot. Er grollt weder ihr noch seinem Assistenten, da er über
so voll inte
Frau im Ehebruch mit dem Herzog von Cadignan ertappt und
den Dingen, jenseits von Haß und Liebe, steht. Da erfährt er
Rittner
getötet habe. Die Zuhörer, die wissen, daß Léocadie in der
von Hausmann, daß er sich mit einer reichen Erbin verlobt hat,
Grain, der
That ihren Mann mit dem Herzog hintergeht, glauben, Henri
die er seit Jahren liebt. Nun verachtet er ihn und verweist ihm
schauer, die
erzähle die Wahrheit. Sie verraten sich. Henri öffnen sich
das Haus. Aber da muß er hören, daß seine Frau das alles
aher gar
der eben den
Er ersticht
den Herzog,
die Augen.
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Sie war nicht die Geliebte des Anderen. Sie
gewußt hat.
Natürlichkei
war nur eine Dirne. Mit einem resignirten Seufzer begiebt Keller betritt. Draußen jubelt das Volk, daß die
Kriminalist
Bastille genommen ist. Es steckt eine Verve in dem Stück, wie
er sich zur Ruhe. Er ist einfach um eine Erfahrung reicher.
Von köstlig
man sie nur hie und da noch in der dramatischen Litteratur
Mit philosophischer Gelassenheit trägt ers. Der Wert des
Prospére.
findet. Würden einige Längen beseitigt, so könnte man von
Stückes beruht in der wunderbaren Stimmung, die über diesem
hervor. E
einem Kabinetsstück sprechen. Das beständige Intinandergreifen
Begräbnisabend liegt, und in der feinen Schilderung der Stufen¬
vornehmen
von Schauspielerei und Wirklichkeit ist so geschickt gemacht, daß
leiter der Empfindungen, die der Professor durchlebt. Die
Lessin
man manchmal wirklich zweifelhaft wird, wo das Eine aufhört
Schwäche des Stückes ist die Voraussetzung, daß dieser kluge
Anzengru
Mann all die Jahre hindurch nicht hinter die Dirnennatur seiner und das Andere anfängt. Glänzend ist auch die Gegenüber¬
stellung der beiden Welten, der aristokratischen und der anderen. Verdienst.
Frau gekommen sein sollte.