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seine Uitermacht zu zeigen. Iustina hat die Leiben, ( schmatte, binaus. Aber die Euthällung ist nicht
geschrieben werden könnten, eine Zeitstimmung zu
die letzte, nicht die furchtbarste. Um den lebenden
schaft des Junkers Anselm erweckt, der sich ihr ver¬
uns. Unsere jungen und jüngsten Dichter wehren sich
Freund zu rechtfertigen, gibt Olga Merholm die
geblich mit heißen Liebesanträgen nähert. Paracelsus
gegen die erlösende Empfindung, gegen das Erwachen,
Todte, an der nichts zu halten ist, preis. Das pflicht¬
nützt diesen Sachverhalt, den er mit sicherem Blicke
das uns ins Gleichgewicht bringt, sie drängen uns
vergessene Weib des Professors wußte, daß ihr Ge¬
erspäht hat, versetzt, zu Gaukeleien aufgefordert, das
ins Halbdunkel hinein und lassen uns darin zurück,
liebter verlobt sei; es war ihr gleichgültig, wie Alles,
Weib des Waffenschmieds in hypnotischen Schlaf und
ohne befreiende Wahrheit im Gefühl, ohne die Mög¬
was außerhalb der Sphäre ihrer Leichtfertigkeit und
suggerirt ihr vor dem Erwachen die Vorstellung, daß
lichkeit, jene Identität von Licht und Wärme, die der
Sinnlichkeit lag. Selbst das untrene Weib, das
sie sich dem Junker hingegeben habe. Der Effect
Poêt Grillparzer, lange vor den Forschern der Ge¬
Pilgram hochherzig duldete, war eine Wahnvorstellung
ist ein so vollständiger, daß die im Banne der Sug¬
genwart verkündete, zu erfüllen. Die drei Schnitzler¬
— eine Verlorene hatte ein Jahrzehnt neben dem
gestion stehende Frau ausführliche Geständnisse ablegt
schen Dramolets sind ungemein charakteristisch in dieser
fremden Mann gelebt. Dem Schluße des interes¬
und Paracelsus selbst zu zweifeln beginnt, ob Wahn¬
Richtung. Sorgfältig gegliedert in den Voraus¬
santen Seelengemäldes fehlt eine kräftige Symbolik.
vorstellung oder Erinnerung aus ihr reden. Nicht, um
setzungen, streben sie keinem Abschlusse zu, fein in die
Auf Monologe ist bekanntlich ein Verdict gelegt, das
den verzweifelten Gatten zu beruhigen, sondern um
Welt der Träume, Triebe und Zwangsvorstellungen
vorgezeichnete Geberdenspiel sagt uns zu wenig —
sich selbst Klarheit zu schaffen, macht der Wunderarzt
hineindeutend, sagen sie uns nichts vom Erwachen
ein Nachtstück ist an uns vorbeigegangen.
der einen Suggestion ein Ende, um eine andere her¬
und von der Selbstbeherrschung, äußerlich zu einer
„Der grüne Kakadu“ ist der Name einer
vorzurufen; er nöthigt Justine, die Wahrheit aus
Wirkung hingeleitend, sind sie, innerlich gefaßt, doch
Pariser Spelunke, in der in den Tagen des Aus¬
dem Grunde ihrer Seele hervorzuholen und in Worten
Fragen ohne eine Antwert. Sie bescheiden sich, uns
bruchs de französischen Revolution Komödsanten und
zu verkünden. Nun erklärt sie, daß sie zwar rein ge¬
die Vorstellung zu geben, daß wir, nachtwandelnd am
Aristoreaten verkehren. Der Wirth Propere (Herr
blieben, aber Gedankensünden begangen, und daß
vermeintlichen Tag, mit trügerischer Sicherheit hart
Zeisler ein ehemaliger Director einer herumziehenden
es die höchste Zeit für sie sei, den Junker aus
am Abgrunde durchs Leben schreiten, und daß: ein
Truppe, veranstaltet hier eigenthümliche Komödien,
den Augen zu verlieren. In ihrem Wahrheitsdrange
furchtbarer Weckruf aus unbekannten Tiefen den
die den Geschmack der Uibersättigten und Blasirten
gesteht sie ihre alte Liebe zu Paracelsus, der einst
Sturz jeden Moment herbeiführen kann. Gewiß liegt
reizen. Seine Schauspieler geberden sich als Ver¬
gleich jenem Junker von heute, durch Resignation und
ein Reiz in diesen Enthüllungen, die uns wieder nur
brecher, erzählen die furchtbarsten Schandthaten und
Abschied ihre Unschuld begnadete, verräth sie zuletzt
Schleier zeigen, und fraglos liegt mehr Geist in dieser
bereiten dadurch den aristokratischen Zuhörern ein
auch die Neigung ihrer Schwester Cäcilie (Frl. Urfus)
Bescheidung als in jener breitmäuligen Allerwekt¬
prickelndes Vergnügen. Zugleich fühlen sich die vor¬
zu dem gefährlichen Anselmus und weist dem Ver¬
weisheit, die uns im Strom der Redensarten über
nehmen Spelunkenbesucher dadurch gekitzelt, daß man
führer einen willkommenen Ausweg aus seinen Her¬
die Klüfte des Daseins hinwegtragen möchte. Aber es
ihnen Cynismen an den Kopf wirft und sie en
zenswirren. Cyprian ist gewarnt, und Paracelsus zieht
gibt etwas Höheres als diese skeptische Bescheidung,
canaille behandelt. Hinter den überreizten Scherzen
als stolzer Sieger von dannen. Die mit Feinheit ge¬
und die Großen der Kunst und der Menschheit haben
lauert die Wahrheit, unter die Komödianten, die
führte Satire deutet ins Unbestimmte hinaus. Der
ein Verlangen darnach in uns erweckt, das sich nie¬
allzu zuversichtliche Cyprian glaubt jetzt durch Er¬
mals und nirgends, am allerwenigsten aber auf der
wahrhaftige Geständnisse den Eindruck einer matten
fahrung klug geworden zu sein, aber nus will be¬
Mittagshöhe der dramatischen Kunst, die das Licht¬
Komödie machen und die Grafen und Herzoge, die
dünken, der Arzt gab ihm wohl die Diagnose, aber
bedürfniß so hoch gesteigert hat, zurückdrängen läßt.
mit der Canaille zu spielen meinen, fühlen eine un¬
keine Heilmittel in die Hand.=
Es fällt uns nicht ein, dem Dichter mit der Schul¬
heimliche Sehnsucht nach der Brutalität, die sie mit
In der modernen Welt, in der das zweite Stück¬
weisheit zu kommen, die alles zwischen Himmel und
Basiliskenblicken anzieht. Unter den Aristokraten ist
chen „Die Gefährtin“ spielt, bedarf es keines
Erde ausgerechnet haben will, und wir stellen uns
einer, der Herzog von Cadignan (Herr Tauber), dem
Paracelsus, um die Seelenthore zu öffnen. Sie thun
gewiß nicht an die Seite des selbstzufriedenen Phi¬
angeblich kein Weib widersteht, unter den Schau¬
sich allgemach von selbst dek Erkenntniß eines weisen
listers, den die dämonische Kraft seines Paracelsus
spielern ein Virtuose Henri (Herr Freiburg), der
Mannes, des Professors Pilgram (Herr Freiburg) auf,
beschämt. Aber der Anspruch auf Erlösung aus
seiner Art von Weiblichkeit widerstehen kann. Heuri
der zu edel ist, um tlug zu sein. Pilgram kehrt von
„schwebender Pein“ wird im Bereiche der Kunst nie¬
macht die Geliebte des Herzogs, die Schauspielerin
dem Begräbnisse seiner Frau, die vor zwei Tagen
mals verstummen, und jenes moderne epigramma¬
Leocadie (Frl. Dienstl), zu seiner Frau, und träumt
einem Herzschlage erlag, in seine Wohnung zurück
tische Dramolet, das sich mit einer tiefgreifenden oder
sich in eine rechtschaffene Idylle mit der Verlorenen
und leidet unter dem conventionellen Mitleid der
keinzugespitzten Frage begnügt, kann die Menschen
hinein. Für seine Spelunkenkomödie aber wählt er
Menschen. Nicht deshalb aber, weil dieses Mitleid
wohl stimmen, aber nicht befriedigen. Das Publicum
sich das Motiv, daß er seine Frau im sträflichen Zu¬
nicht an die Größe seines Schmerzes heranreicht,
will durch Nacht zum Lichte geführt sein; es will hell
sammensein mit dem Herzog betroffen und den letzteren
sondern weil er mit dem Geheimniß seines wahren
sehen über die Hellseherei hinaus, es soll tagen, gleich¬
getödtet habe. Vielleicht sind unter der Schwelle des
Schmerzes allein ist. Nicht die Trauer, sondern das
viel, ob dem Untergange oder dem Aufgange, ob in
Bewußtseins Ahnung und Zwangsvorstellung in ihm
Gefühl, nicht trauern zu können, erfüllt ihn mit
der letzten Erkenntniß die Schwere des Menschen¬
mächtig — aber er spielt die Kowödie in der festen
eigenthümlichem Schauer. Die Frau, die er heute
geschicks empfunden und überwunden wird, oder ob
Meinung, daß er glücklich liebe und Leocadie ihm
begrub, hat er längst verloren. Das bischen Duft, das
die Nachtgeister vor der Heiterkeit des Morgens zurück¬
treu sei. Zu seinem Entsetzen gewahrt er, daß man
sie in sein Leben brachte, verflüchtigte sich rasch.
weichen. Die dramatischen Skizzen Schnitzlers, die
diesmal die Komödie für Wirklichkeit nimmt, ver¬
Nach einem Jahre der Tändelei wandte sie sich von
von innen heraus in die fragmentarische Form ge¬
nimmt er, daß Leocadie ihn erst gestern mit dem
dem bei weitem älteren Manne, mit dem sie kein
drängt werden, leben sich in der Dämmerung aus.
Herzog betrogen habe, hört er die Worte der Zu¬
geistiges und kein gemüthliches Interesse theilte, völlig
Das Publicum nahm Antheil an diesen feingestimmten
stimmung, die den Bericht über seine Rachethat be¬
ab, und Pilgram gewährte ihr die Freiheit. Er
Kunstblättern, aus denen soviel intimes Schaffen an¬
gleiten. Die Komödie, die für Wirklichkeit genommen
wußte sie in sträflichem Einverständniß mit seinem
muthet; aber es fühlte sich nicht durchwärmt und
wurde, geht in die Wirklichkeit über. Der Herzog
Assistenten Doctor Hausmann (Herr von Wymetal)
gehoben. Man dachte mit, man folgte mit Aufmerk¬
erscheint gerade recht, um dem Wüthenden zum Opfer
und wartete nur ein Geständniß ab, um auf das,
samkeit, man war gefesselt, ohne daß eine Be¬
zu fallen; der Dolch, das Spielzeug des Komödianten,
was er nicht mehr besaß, zu verzichten und den beiden
freiung folgte; man bewunderte manchen Zug, aber
durchbohrt seine Brust. Während der Mord geschieht,
die Vereinigung möglich zu machen. Eine Freundin
das Ganze hinterließ Verwunderung.
verkündet eine hereindringende Volksmenge, daß die
des Hauses Olga Merholm (Fräulein Baumgart),
Das hier zuerst gegebene, schon durch den Vers
Bastille genommen sei — und inmitten all' dieser
die ein fein angedeuteter Zug tiefer Neigung an den
über die nackte Wirklichkeitsmalerei herausgehobene
Schrecknisse und Wirren weidet sich eine aristokratische
vereinsamten Mann fesselt, hält diesen für den her¬
Stückchen „Paracelsus“ ist ein physiologisches
Lebefrau (Frat Buska) an Mord und Wildheit und
kömmlichen betrogenen Gatten und will ihm die Ent¬
Märchen in dem Sinne, in dem Jules Verne physi¬
gibt in ihrer Erregung dem Liebhaber (Herr von
deckung, daß er nichts zu betrauern hat, ersparen.
kalische geschrieben hat. Die zur Kunst ausgebildeten
Wymetal) ein Stelldichein. Eine geistvolle Colorit¬
Unter dem Vorwande, ein eigenes Geheimniß zu be¬
modernen Versuche mit Hypnose und Suggestion
studie, ein Stück Pathologie des Uiberreizes, der die
wahren, versucht sie compromittirende Briefe der Ver¬
werden da ins Fabelhafte gesteigert, um die Thore
Herzen und Köpfe krank gemacht hat — aber doch
storbenen den Augen des Witwers zu entziehen. Pil¬
einer Frauenseele weit aufzuschließen. Theophrastus
nicht eigentlich ein Geschichtsbild. Was uns da berührt,
gram läßt sie gewähren, gibt ihr aber zu verstehen,
Paracelsus Bombastus (Herr Tauber), der berühmte
ist nicht der treibende Puls der Geschichte — der
daß sie sich unnütz Mühe mache und daß er Alles
Gelehrte und Charlatan des sechzehnten Jahrhunderts,
längst durchschaut habe. Uiber den Tod der Gattin
Athem der Fäulniß weht uns entgegen, und nirgends
der seine Zeitgenossen verblüffte, erscheint im Besitze
zeigt sich ein gesundes Leben, das aus der Verwesung
hinaus will er deren Neigung gelten lassen; er ist
von Kenntnissen und Fertigkeiten, wie sie den moder¬
bereit, dem jungen Gefährten, der auf die Todesnach¬
neu emporsteigt.
nen Hypnotiseuren geläufig sind. In seiner Vaterstadt
richt hin aus einem Nordseebad zurückgekehrt, wie
Unsere Darsteller haben die feinen Züge der
Basel, in die er nach langen abenteuerlichen Wan¬
Skizzen nachempfunden. Herr Tauber machte mit
einem Bruder die Hand zu reichen; er räumt dem
derungen zurückkehrt, producirt er sich unter großem
Geliebten ein Recht auf die Trauer ein, die ihm, dem
gutem Gefühl aus dem Paracelsus einen Schatten
Zulaufe auf dem Markte und unter den Zuschauern
Gatten, versagt ist. Aber der junge Doctor Haus¬
des Mephisto: er gab ihm etwas vom volksthümlichen
befindet sich auch der ehrsame Waffenschmied Cyprian
mann trauert nicht, die Todesnachricht fiel nur wie
Magier und dabei einen dämonischen Zug, der aus
(Herr Schmidt), der einst als Nebenbuhler des Stu¬
ein leichter Schatten auf sein junges Glück, auf die
der Tiefe überlegenen Könnens hervordringt. Frl.
denten Paracelsus den Sieg davon getragen und die
eben vollzogene öffentliche Verlobung mit einem
Immisch hielt als Justina das normale Gehaben
Braut heimgeführt hat. Der beschränkte Cyprian stannt
Mädchen, dem er schon vor zwei Jahren die Ehe ver¬
der wohlerzogenen Frau und das Wesen der Beichten¬
über den Wunderarzt und glaubt ihn dennoch ver¬
sprochen hat. Pilgram hört die Nachricht mit Er¬
den, die einem unbewußten Zwange folgt, gut aus¬
achten zu dürfen. Er lädt ihn zu sich ins Haus, um
ihn zu bewirthen und sich protzig über ihn zu erheben. staunen und mit wachsender Entrüstung. Er weiß einander. Herr Schmidt gab dem Cyprian den