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9. 4. Der gruene Kakadu zyklus
Bühne und Welt.
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noch tiefer regierenden Muse ver¬
uns recht erinnern, eine so strich¬
pachtet haben, hatten taube Ohren,
lose Aufführung in Berlin noch nicht
Weder im Deutschen Theater noch
erlebt. Das Zusammenspiel hielt sich
in den Kammerspielen, weder in der
auf respektabler Höhe, wenn es auch
Königgrätzer Straße noch Unter den
den Stempel einer alles beherrschen¬
Linden kannte man am 15. Mai den
den Regisseur=Individualität, wie
Namen Arthur Schnitzler, und den
Max Reinhardt noch vermissen ließ.
Die Dimensionen des Raumes hatte
gern als aristokratisch verschrienen
der Regisseur Alfred Walter=Horst
— ein
Wiener Aestheten spielten
gar zu freigebig abgesteckt. Das war
wunderlicher Zufall und doch kein
keine räucherige Spelunke, wie sie der
Zufall — an seinem Ehrentage nur
Dichter auf dem Theaterzettel vor¬
das Schillertheater Char¬
schreibt, sondern der Prachtsaal einer
lottenburg und die gern auch auf
unserer neuen Ratskellergebäude in
höhere Pflichten als die der bloßen
Hamburg oder Leipzig. Von den
Unterhaltung ihres Publikums be¬
Darstellern seien die Herren Paeschke,
dachte Neue Freie Volks¬
Gerhard, Wirth und Wiene und die
bühne. Mag Schnitzler auch mit
pikante Leocadie Else Wasas hervor¬
seinen letzten Gaben viele enttäuscht
haben und seine anspruchvollste
gehoben. — Das Neue Volkstheater
Schöpfung, „Der junge Medardus“
in der Köpenicker Straße feierte den
eine Wiener lokalpatriotische An¬
Schnitzlertag durch eine wohl¬
abgerundete Aufführung der „Liebe¬
gelegenheit geblieben sein, er hat mit
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einer ganzen Reihe von Werken ins
der feine
, der „Literatur",
goldene Buch des deutschen Theaters
ironische Einakter, angegliedert wurde.
H. St.
der Gegenwart sich eingetragen und
sowohl als Kassenmagnet, als Autor
Gera. Im Hoftheater erlebte am
der „Liebelei", Anspruch auf die
30. April das vieraktige Lustspiel
Dankbarkeit der meisten Bühnen¬
„Der Pflaumenhandel" von
leiter wie als Dichter des „Einsamen
Ludwig Ganghofer seine Ur¬
aufführung und fand freundlichen
Wegs“, des „Schleiers der Beatrice",
des „Weiten Lands“ und mehrerer
Beifall, nicht ohne eine im Grunde
unvermutete Enttäuschung zu be¬
Einakter auch den verwöhntesten
reiten. Die Anerkennung galt wohl
Feinschmeckern zu Dank geschaffen.
vor allem der liebenswürdigen An¬
So wollen wir es dem Schillertheater
mut, mit der Ganghofer seine
hoch anrechnen, daß es sich mit löb¬
Lebensphilosophie in leichtgeschürzter
lichem Bemühen und in der Haupt¬
Form vorträgt. Denn beim Anblick
sache achtbarem Gelingen an die
der hier auftretenden Salontürken
Aufführung der drei Einakter „Die
des 17. Jahrhunderts gedachte man
Gefährtin", „Parazelsus" und „Der
wehmütig der kraftvollen Gestalten
grüne Kakadu heranmachte, jene
in des Dichters Volksstück „Der Herr¬
vom Dichter selbst zueinander
gottschnitzer von Oberammergau",
sellten Werke, die auf dem Gegensatz
dessen Höhe er in allen seinen
zwischen Spiel und Leben, Illusion
späteren Werken, auch in dem „Hei¬
und Wirklichkeit aufgebaut sind. Das
ligen Rat“, nie mehr erreichte. Man
fein dialogisierte Ehedrama, das den
vermißte in seinem neuen Bühnen¬
Beschluß des Abends hätte bilden
werke vor allem eine dem Ganzen
sollen, büßte als lever du rideau
zugrunde liegende Idee. Um dieses
unter der Unruhe der Zuschauer trotz
Mangels willen lassen uns die oben
des gut abgetönten Spiels von Max
auf den Brettern sich abwickelnden
Reimers, Konrad Wiene und Hedwig
Liebeshändel zwischen schönen Ha¬
Pauly viel von seiner feinen und
leisen Eindringlichekit ein. Resolutere
remsdamen und den Herren der
französischen, in Stambul weilenden
Töne schlägt das Versspiel „Para¬
Gesandtschaft herzlich kalt. Auch die
zelsus“ an. Die anmutige Patrizier¬
frau der Else Wasa und die saftigen
Einkleidung der an sich zeitlosen
Handlung in orientalisches Gewand
Dürerfiguren der Herren Bernecker
ist nicht originell und von anderen
und Bildt prägten sich gut dem Ge¬
schon reizvoller gehandhabt worden.
gab
dächtnis ein. Den Parazelsus
Er¬
So mußte man sich mit der ziemlich
Hans F. Gerhard in Maske und
scheinung weiland Emmerich Ro¬
frischen, unter Leitung des Ober¬
berts in
Wilbrandts „Meister von
regisseurs Reitz gut verlaufenen
Wiedergabe begnügen. Von den Dar¬
Palmyra“
Die Revolutionsgroteske
„Der grüne Kakadu“ hat, wenn wir stellern schnitten die Damen am