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Kaka
9. 4. Der grucne nadu Zyklus
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Wr
#tügendsamen Basler Bürgersfrau seine hypnotischensborf. Frau v. Hagen und Frl. Wimplinger
Münchener Neueste Nachrichter
chnitt aus:
aben sich ebenfalls jede erdenkliche Mühe gegeben
Künste probieren. Dadurch wird erst einige Verwir¬
München
och hilft das leider bei solchen Versspielereien nicht
rung im Hause Cyprians, des Waffenschmieds, an¬
Z APR.1973
viel. Einen starken Eindruck hinterließ wieder Herrn
gerichtet. Aber die dumpfen Schwaden verziehen sich.
Zützenkirchens Professor Pilgram (in der „Ge¬
dem gefährlichen Spiel folgt wieder die behäbige
ährtin“). Ist das nicht ein Meisterstück feinster
Wirklichkeit und alle sind sehr vergnügt, die sie um
Seelenanalyse bei vollkommenster Beherrschung aller
mindestens eine Erkenntnis reicher geworden sind.
Ein Schnitzler=Abend.
darstellerischen und oratorischen Mittel? Wer macht
Leider kann der Zuhörer das nicht von sich behaupten:
das besser?
denn wer hätte das nicht alles schon gewußt?
R. B.)
Paracelsus. — grune Kaladu.
Dann folgte das gedankenvolle, ganz auf stille
Als vor vier Wochen, gemeinsam mit Farsis ver¬
Resignation gestimmte Intermezzo „Die Gefährtin“,
inglückten „Offenen Türen“, Arr Schnitzlers
ein Stückchen, so menschlich=wahr, ins Typische ge¬
finakter „Die Gefährtin“ i Residenztheater
steigert und doch wieder so durch und durch wienerisch,
zeu einstudiert in Szene ging, da fragte man sich mit
wie es eben nur ein Schnitzler schreiben kann (be¬
ziniger Verwunderung, warum man denn nicht
lieber gleich den ganzen, ersten Einakier=Zyklussziehungsweise konnte!). Und zum Schluß die gro߬
Schnitzlers, dessen Mittelstück dieses Schauspiel artige, handlungsreiche Szene in der Pariser Kneipe
„Zum grünen Kakadn“, deren Wir. auf den glänzen¬
bildet, wieder in den Spielplan zusgenommen habe.
den Einfall gekommen war, seinen hochadeligen
Und siehe da: am Samstag haben sich die beiden
Gästen durch Schauspieler, die Verbrecher spielten,
fehlenden Stücke bei der „Gefährtin“ die sie so schnöde
die nervenaufregende Illusion zu verschaffen, als
verlassen hatten, wieder eingefunden; und damit
befänden sie sich in einer wirklichen Pariser Ver¬
hätten wir also den kompletten Zyklus glücklich
(Die amerikanischen Damen lieben
brecherkneipe.
wieder beisammen.
Ein Grundgedanke ist, wie sich das für einen recht= heute noch solche Sensationen.) Freilich fließen auch
schaffenen Einakterzyklus nun einmal gehört, auch hier, wie im „Vaiazzo“, während draußen die Bastille
erstürmt wird, groteskes Spiel und grause Wirklich¬
diesen drei Stücken gemeinsam: daß im Leben Wirk¬
keit blutig ineinander, und in den Jubel der sieg¬
lichkeit und Spiel fortwährend ineinander übergehen,
und daß im Grunde eigentlich alles nur Spiel und reichen Bürger von Paris mischt sich das Todes¬
röcheln eines ermordeten Herzogs und das schrille
der allein weise sei, der sich dessen stets bewußt sei.
Pathos einer Liebestragödie.
Diese etwas spielerische, unter Tränen lächelnde, im
Herr Steinrück hat diesem Stück den heißen
übrigen echt wienerische Weisheit wird an drei Bei¬
Atem gegeben, der aus ihm weht, und die grellen
spielen aus verschiedenen Zeiten (Mittelalter, Revo¬
Kontraste mit Vehemenz aufeinanderplatzen lassen.
lutionszeit, Gegenwart) demonstriert, mit dem Re¬
Von den Schauspielern zeichneten sich besonders Herr
sultat, daß das einleitende Versspiel „Para¬
v. Jacobi (Henri), die Herren Ulmer, Gura
celsus“ auf ziemlich seichtem Grunde bleibt und in
und Schwanneke und Frau v. Hagen aus; die
der „Gefährtin“ das Problem am tiefsten, ernstesten
adeligen Gäste repräsentierten mit vornehmer Bla¬
und künstlerischesten erfaßt und durchgeführt wird,
siertheit die Herren Graumann, Teschendorf,
während die Groteske „Der grüne Kakadu“ in
Reymer, Schröder, Alten und Frau Swo¬
der Schnitzler, freilich in genialer Weise, mit Ent¬
setzen Scherz treibt, den Reigen mit einem wildenjboda, und als Wirt vermittelte Herr Basil mit
Würde und Ruhe zwischen den Parteien, nachdem er
Furioso prestissimo zu Ende führt.
eine Stunde vorher, als ein richtiger Hexenmeister,
In dem Versspiel sehen wir den berühmten
den Paracelsus so faszinierend wie möglich gemimt
Paracelsus, der um 1500 gelebt und trotz seiner
Quacksalber= und Zaubererallüren ein genialer, und zugleich die Regie des Versspiels geführt hatte.
babnbrechender Arzt gewesen ist, an einer schönen, Die Herren Höfer, Wohlmuth und Teschen¬