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Liebelei
5. Aennnnn
box 12/3
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Der Humorist, Wien
1-MlASiE
Diesdester Theaterbrief.
27. April 1912.
Im Königl. Schauspielhause wurde als sehr ver¬
spätete Neuigkeit Artur Schnitzlers dreiaktiges Schauspiel „Liebelei“.
zum ersten Male augesheStück wurde vor ungefähr
15 Jahren, als es neu war, im Residenztheater gegeben, Agnes
Sorma gastierte als Christine. Der Erfolg war groß. Galt doch
Schnitzler seit seinem Anatol=Zyklus für einen der hoffnungsvollsten
Vertreter des modernen Wienertums. Er brachte einen neuen Typus:
„das süße Mädel“, auf die Bühne und eroberte damit das Pu¬
blikum. Aber es dauerte nicht lange, da gab es in allen wiener
Stücken und in den zahllosen Operetten „süße Mädel“ in Menge.
Der Reiz der Neuheit ist dahin. Immerhin war es interessant,
Schnitzlers bestes Werk, und das ist „Liebelei“ geblieben, im
Rahmen des Hoftheaters zu sehen. Auf wiener Lokalkolorit konnte
man zwar nicht rechnen, aber daß die poetischen und dramatischen
Werte des Stückes zu eindringlicher Wirkung kommen würden,
konnte man mit Sicherheit annehmen und hatte sich auch nicht
getäuscht. Alice Verden schuf aus der Christine eine Gestalt von
mädchenhafter, rührender Zartheit. Da war jeder Ton echt, menschlich
wahr und schlicht. Christinens Vater, den alten Geiger Weiring,
gab Hans Fischer ganz prächtig. Er war der rechte Vater für
diese Tochter. Für den unglücklichen Liebhaber Fritz, auf dessen
Stimmung das bevorstehende Duell einen düsteren Schatten wirft,
setzte Herr Wierth seine sympathische Persönlichkeit ein. Brillante
Kypen aus dem lebenslustigen Wien stellten Rudolf Weinmann
und Poldi Müller. Weinmann gab wieder eines seiner schau¬
spielerischen Kabinettstücke und es ist nur zu bedauern, daß dieser
feine Charakteristiker so wenig beschäftigt wird. Weinmann hat
viel Originalität und seine Gestalten vergißt man nicht. Poldi j
Müller, eine neu gewonnene Kraft, gab die lustige Mizzi frisch
und munter und im unverfälschten wiener Dialekt. Bleiben noch
Ida Bardou=Müller, die einer Kleinbürgerin manchen
treffenden Zug gab, und Lothar Mehnert, der die erschreckende
Unerbittlichkeit des Verhängnisses, in diesem Drama den in seiner,
Ehre tödlich verletzten Ehemann, mit tragischer Wucht verkörge#e.