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Liebelei
5. Snnennnnn
Lusschnitt aus:
Mönchener Neueste Nuchen
München
20. 8UF 291 3
Theater und Musik
e Stadtheater in Rürnberg. Aus Aurn
(berg, 18. September, wird uns geschrieben:
itter hat sich ein Anrecht darau
Artur Schl. seinen Darstellungen moderner
Gesellschaftslebens, insbesondere desjenigen, das
von der schönen blauen Donau bespült wird, mit
Interesse folgt. Er sucht die Wahrheit und wenn 9
er sie nicht immer findet, so führt uns sein Weg
doch zumeist durch liebliches und reizvolles Gesilde,
das zu schauen man nicht leicht ermüdet. Mit¬
unter wandelt er aber auch gefährlichere Pfude,
hart an Abgründen vorbei, die mit dem Vermerk
„nur für Schwindelfreie“ zu versehen wären. So
in dem Einakter Komtesse Mizzi, wo er uns
an zwei weibliche Wesen zu glauben zumutet, die
seine Phantasie allzu leicht über den Boden der
Wirklichkeit hinwegzutragen scheint.: Die Gräfin,
die im Hause ihres Vaters nach dem von verhäng¬
nisvollen Folgen begleiteten ersten Fehltritt sieb¬
zehn Jahre lang weiter „liebelt“ und sich die Legi¬
timierung ihres Sohnes und sogar dessen Anblick
versagt, und die alternde Schauspielerin, die ihrem
langjährigen gräflichen Liebhaber einen Korb gibt,
um an der Seite eines bescheidenen Fiakerbesitzers
ihre Renten zu verzehren — das sind ziemlich stark
exponierte Gestalten, die sich besser zu einer pikan¬
ten Anekdote oder zu einer witzigen Novelle hätten
verwerten lassen. Der graziösen Form, dem geist¬
sollen Dialog hatte der Dichter bennoch einen
guten Erfolg eines Schnitzler=Abends“ zu verdan¬
ken, in dem das Stadttheater mit dem neuen Ein¬
akter zusammen die „Liebele!“ wieder auf¬
frischte, die man in gewissen Intervallen immer
wieder gern sieht. In den beiden weiblichen
Hauptrollen der beiden Stücke wurden auch zwei
neue Mitglieder „herausgestellt“: die sentimentale
Frl. Emmy Kroeck und die Salondame Frl. Grete
Berger, die jede in ihrer Art genußreiche Leistun¬
gen für die Zukunft versprechen.
GSueE
chaie. Gisrasiscaes Contralbian, Leinzig
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[Nurgberg. Das gewiß anzuerkennende und nachahmenswerte
MBekrehen des Stadttheaters, Literaturabende zu veranstalten, hat als
ersten diesjährigen eine Saminlergbendggzeitigt, der den Einakter
„Komtesse Mizzi“, etwas pär zür hiesigen Erstaufführung brachte.
Die engbegrenzte Handlung dieser Komödie beschränkt sich nur auf die
Sühne eines vor 17 Jahren gemachten Fehltrittes. Als Satire auf
den österreichischen Hochadel ist das Stück selbst nichts weiter als eine
temperamentvoll gehaltene und daher leidlich unterhaltende Plauderei.
Der Abend war insofern von literarischer Bedeutung, als die voraus¬
gegangene Aufführung von „Liebelei“ wieder einmal dargetan hat,
daß dieses an seinen dramatisch belebten Stellen immer noch eindruckszes
volle Schauspiel offenbar das Beste bleibt, was uns Schnitzler geben
Karlhejhz Schaftz.
konnte.
Kaiser=Wilhelmstraße 8. — Druck von Breitkopf & Härtel in Lehig#
Ausschnitt aus:
Sillzer Voiksb.
0n
vom:
Theater.
Liebelei.
Schauspiel von Artur Saulit
Artur Schnitzler stieg mit seinem von einfacher
Tragik und wunderbarer Schlichtheit erfüllten Schauspiel
„Liebelei“ aus der spielerischen Welt der Anatol=Szenen
in die Gefilde hoher und bleibender Dichtung empor. Aus
dem Schriftsteller des Wiener Lebemannes und des süßen
Mädels war der Dichter der armen Geigerstochter Christine
Weiring geworden, die ihre tiefe Herzensneigung zu dem
leichtsinnigen, melancholischen, reichen Studenten Fritz Lob¬
heimer in den Tod treibt. Mit dieser tiefen menschlichen
Lebenstragödie hat Schnitzler sein Bestes gegeben. Nie
wuchs sein Können seither darüber hinaus. Die rührende
Gestalt des armen Bürgermädchens kann Goethes Klär¬
chen und Gretchen unbedingt an die Seite gestellt werden.
Die Aufführung stand auf der Höhe von erstklassigen
Großstadtvorstellungen. Ich habe Schnitzlers Werk in ersten
Besetzungen in München, Dresden und Wien gesehen, allein
es wurde nirgends besser gespielt als diesmal auf unserer
Bühne. Das wird man nicht glauben wollen. Aber es ist
doch so! Trotzdem fand die Darstellung eine merkwürdig
ühle Aufnahme. Kaum daß der Vorhang nach den Akt¬
chlüssen zweimal hochgehen konnte. Der Geschmack unseres
Publikums scheint wirklich schon sehr verdorben zu sein,
sonst hätte diese prächtige Vorstellung anders ausgenommen
werden müssen. Der Besuch des Hauses war etwas besser
wie am Vortage.
Fräulein Lilard (Christine) war von ergreifender In¬
nigkeit. Sie spielte die Tochter des ##ien Weiring nicht,
sie lebte sie. In der großen Szene des letzten Aktes, da
sie vom Tode und von der Untreue ihres Geliebten erfährt,
fand sie Töne von überzeugender Kraft. Die ganze Qual
der furchtbaren Augenblicke sprach aus ihren, vonn Tränen¬
schleiern erfüllten Augen, aus ihren hilflosen Gesten, aus !?
ihrer manchmal im Weinen erstickten Stimme. Ihr äußeres
und inneres Gegenbild, die resolute, lustige Mizzi Schlager,
bei der kein Ereignis tiefer greift, fand in Fräulein Pi=
stor eine hervorragende Darstellerin. Sie wirkte wie ein
Typus jener Menschen, die ihr Glück dort suchen und
finden, „wo es keine großen Szenen, keine Gefahren, keine;
tragischen Verwicklungen gibt, wo der Beginn einer Liebesh
keine besonderen Schwierigkeiten und das Ende keine Qualens#
hat, wo man lächelnd den ersten Kuß empfängt und mit ss
sehr sanfter Rührung scheidet.“ Ihr ähnlich, wenn nicht!1
gleich, ist Theodor Kaiser, Fritzens Freund. Skrupellos,
leichtsinnig, heiter. So stellte ihn Herr Walter auch
auf die Bretter. Vollendet erfaßt und dargestellt! In seiner
Zeichnung störte nicht ein falscher Strich. Fritz Lobheimer.
den verhätschelten, verwöhnten Sohn aus gutem Hause, der
keiner ernsten, großen Liebe fähig ist, der immer nur spielt,
nur Liebeleien kennt und an die Liebe nicht glaubt, spielte
Herr Rolden meisterhaft. Eine bessere Darstellung der
schweren Rolle ist nicht mehr möglich. Dem alten Weiring
verlieh Herr Hübner, ein junger, aber sehr talentierter
Charakterdarsteller, packende Züge. Frau Maltana (Katha¬
rina Vinder) und Herr Le Bret (Ein Herr) boten in
ihren kleinen Partien einwandfreie Leistungen. L. A.
Aus der Theaterkanzlei
wird uns berichtet: Donnerstag den 2. Oktober gelangt Max
Halbes Drama „Jugend“ zur Aufführung. Der Freitag bringt
eine Reprise der vorzüglichen Operettenneuheit „Prinzeß Gretl“
von Reinhardt. Als Festvorstellung und zugleich als erste
Opernaufführung der neuen Spielzeit geht Samstag den 4. d.
Meyerbeers hochdramatische Oper „Die Afrikanerin“ in Szene
Die Vorstellung wird außer Abonnement, Viertelscheine weiß
Vorbezug, gegeben. Jarnos anmutige Operette „Die Förster
Christl“ ist für Sonntag in den Spielplan aufgenommen und
sind in den Hauptrollen die Damen: Berndt, Dudek, Starek
Schrom, sowie die Herren: Claar, Egger, Hampl, Nästelberger
und Schmidt=Renner, welch letzterer die Inszenierung besorgt
beschäftigt. Dirigent dieser Vorstellung ist Kapellmeister Hern¬
ried. Es wird nochmals aufmerksam gemacht, daß die Vor¬
stellungen präzise 7½ Uhr beginnen.