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Liebelei
neenene eneenennen
—..Oesellschaft veröffent¬
ht jetzt ihren Geschäftsbericht für die Zeit vom 1. Apvil 1923
s zum 30. September 1924. Aus der sehr umfangreichen Schrift
sprechen wir zunächst im Handelsteil der rorliegenden Nummer
e drei Bilanzen, die das Unternehmen i. dieser Zeit aufgestellt
kt. Eine eingehende Würdigung des Berichtes behalten wir
is vor.
Schnitzlerabend
Schiller=Theater.
Dem gestrigen Abend des Schillee=Theaters gab Arthur
schnitzler das Gepräge. Im Wirbel des diesjährigen
aisonbeginns, der Sensationen aus allen Welt= und Theater¬
genden heranzerrt, ist es eine Seltenheit, daß ein deutscher
egenwartsdichter von poetischer Kraft und technischer Virtuosität
if der Szene erscheint, und die Stimmung, die gestern das ge¬
ällte Niesenhaus erfüllte, erweckte den Wunsch, diese Ausnahme
ir Regel gemacht zu sehen. Dem Meisterstück Schnitzlers
Liebelei“, das ein Menschenalter hindurch seine volle Kraft be¬
ahrt hat, schickte man eine Anatolszene des Dichters „Weih¬
achtseinkäufe“ wie einen Prolog voran. Aus unbekannten
ründen. „Liebelei“ erschöpft die Zeit und Stimmung eines
heatersabends. Die Anatolszene hat manche Keimzelle mit dem
kroßen Wiener Liebesstücke gemein, und es ist darum sehr frag¬
ich, ob die wurzelstarke Behandlung der Motive glücklich mit der
enialen Skizze vorbereitet wird. Aehnlichkeiten ergänzen ein¬
mder nicht, und die Andeutung ist keine glückliche Vorbereitung
ür die Deutlichkeit.
An sich betrachtet war die überaus feine Szene der Mondäne
kit dem leichtfertigen Schwärmer, der Gesellschaftsdame, der am
Veihnachtsabend der Mut zum Beglücken fehlt, mit dem träumeri¬
hen Lebejüngling, dem dieser Mut zum Mutwillen geworden,
ne willkommene Gabe. Lina Lossen gab, wie oft vorher, die
eldin dieses Gesprächs mit vollendeter Feinheit, die das Ge¬
fihl zögernd zurückhält und doch in einer entschlossenen Wallung
ingesteht, und Erwin Faber stand ihr mit einer gewissen Art
onVerlegenheit, die an hölzernes Wesen streifte, als Anatol
ur Seite.
Das Schauspiel „Liebelei“ hatte Jürgen Fehling mit un¬
erkennbarer Liebe inszeniert, aber es hatte ihm nicht vorgeschwebt,
aß das Stück den Wiener Erdgeruch an sich trägt, daß es von der
eimatlichen Umwelt des Dichters die Farbe erhält, wie etwa
halbes „Jugend“ aus der westdeutschen Umwelt. Wenn ein
haus über einen Veteran, über einen künstlerischen Meister ver¬
igt, dem das Wienerische natürlich ist, so sollte es sich diesen Vor¬
bil für den Musikus, dem die Lebensanschauung der Donaustadt
kur Quelle der Nachdenklichkeit geworden, nicht entgehen lassen.
den Hauch des Lokalkolorits brachten nur zwei Gestalten auf die
zene: Mathilde Sussin als Strumpfwirkersfrau — köstlich in
er Erscheinung — im geschwätzigen und lässigen Wesen, und in
er volkstümlichen Nachgiebigkeit des Natureils, und Heinrich
chnitzler, den man gern als schauspielerischen Interpreten
es Vaters kennenlernte, treffend in der vom Moment be¬
möglich erscheint, darauf aufmerrsam gemacht, daß sie als Lus¬
rechte Männer daraus auch die Konsequenz ziehen und
den Dienst quittieren müßten.
Die Deutschnationalen zeigen sich dieser Logik gänzlich un¬
zugänglich. Sie, die Erben der preußischen Konservativen,
erziehen ihre Anhängr zu der Bekundung einer verfassungs¬
und damit auch staatsfeindlichen Gesinnung und geben allen
herrschten fidelen Art des Wesens, im oberflächlichen Zynismus,
und in der Freundschaft des „guten Kerns“, die trotz alledem im
U
Wesen des leichtfertigen Genossen durchschlägt. Ein wenig Echt¬
ba
heit des Tones brachte auch Maria Paudler als Mizzi mit,
wenn auch die sorglose Naivität des Wiener Mädels in den allzu
starken Strichen ihrer Darstellung vergröbert erschien.
Sonst drängte der typische, rein menschliche Charakter den
individuell volkstüml hen zurück, aber er erwies sich in Lucie
Wi
Mannheim und Jakob Tiedtke stark genug, dem poetischen Kern
Al
der tief innerlichen Handlung zum Durchbruch und zum Siege
bri
zu verhelfen. Die Mannheim war kein süßes Wiener Mädel,
e
aber voll Natur in der einheitlichen Empfindung, die alles im
sie“
schlichten Wesen zurückdrängt, im fessellosen Gefühl für den Ge¬
kön
liebten, in der ergreifenden Verzweiflung um den Tod, den er
für eine andere Frau erlitten. Der Schrei des Entsetzens über
die letzte Aufklärung kann nur einem starken Talente so gelingen.
Tiedtke war als Musikus ganz Weichheit der Empfindung, die
sich für voll berechtigt hält; er wirkt in den letzten Szenen er¬
greisend mit Christinen, in deren Gefühl das alte Herz aufgegan¬
gen, zusammen. Richard Duschinsky harte als Fritz nur
eine Seite des Charakters erfaßt; die Empfindsamkeit, die
auf
ihn ganz und gar beherrschte; den Lebejüngling, der wenigstens
in den Aeußerlichkeiten hervortreten muß, blieb er schuldig. Sein
Mi
Fritz hatte zu viel von einem Schlemihl (worauf auch die weißen
schi
Handschuhe, die er im Straßenanzuge trug, deuteten), von einem
den
erwischten Schuljungen in der Szene mit dem „Herrn“, den
Patry mit vollendeter Gewandtheit darstellte. Die Hauptszenen
waren glücklich inszeniert, namentlich das Gelage der jungen
Leute im ersten Akt, und die ergreifende Wirkung des Stückes
A. K.
zu vollem, lange nachhallendem Erfolsge geführt.
Ein Opfer der Giftgase. Aus London wird berichtet:
der
Der Technologe Professor Maxwell Lefroy, der sich bei
Sti
Experimenten mit einer neuen Gasart eine Vergiftung zuge¬
eing
zogen hatte, ist heute an deren Folgen gestorben, nachdem er be¬
reits vor vier Tagen das Bewußtsein verloren hatte.
Aus den Theatern. Die Erstaufführung der neu einstudierten Oper
„Die Afrikaneri “ in der Staatsoper findet endgültig am
Sonntag, 18. Oktober und zwar zugleich als Festvorstellung anläßlich
der Grundsteinlegung des deutschen Sportforums statt.
ihrei
Kunstnachrichten. Prof. Dr. Elfried Bock, Kustos an den Ver¬
leisten
liner Staatsmuseen, vollendet morgen, 16. Oktober, sein 50. Lebens¬
jahr. Als einer der besten Kenner der Zeichenkunst und Graphik vor
inte
allem, der zugleich ein unermüdlich liebenswürdiger Berater ist, genießt
ten
er in der Kunstwelt weithin bedeutenden Ruf. Die verschiedenen Publi¬
kationen über Handzeichnungen deutscher Meister, über die Radierungen
wür
Ostades und namentlich über die Schwarzweiß=Kunst Menzels, zu dem
Ger
ihn eine besondere Neigung hinzog, sind hervorragende Dokumente kunst¬
historischen Wissens und Scharfblicks. Vocks Neuausgabe der Dorgerlohs
beil
Kompendium des Menzelschen Holzschnlttwerles gilt mit Recht als eine
vorbildliche Leistung.
grö¬
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