Faksimile

Text

Liebelei
5. L box 10/1
238
und Durchführung auregend wirkt und daß die letztere
bei ihm entwickelt sich allmählich aus der Tändelei mit
sich, bis auf einzelne Theile des letzten Aktes durch eine
Christine, der Tochter des Violinspielers Weiring, eine
erfrischende Lebendigkeit vortheilhaft auszeichnete. Die
ernstere Neigung. Christine selbst aber weiß von keiner
Novität fand eine günstige Aufnahme, der Autor wurde
Tändelei. Fritz ist ihre erste Liebe, und sie gibt sich voll
wiederholt gerufen.
und ganz ihrer Leidenschaft hin. Aber ein „Herr“, wie
der „Störer frommer Liebe“ kurzweg auf dem Zettel
bezeichnet wird, mit dessen Frau Fritz eine Liebelei schon
Aus der Nähe.
vorher angeknüpft hatte, fordert ihn vor die Pistole und
Mainz, 13. Januar. Ein frecher Einbruch wurde
schießt ihn nieder. In ihrem Schmerz über den jähen
in der Nacht vom Samstag zu Sonntag in dem Hause
Tod des Geliebten aber muß Christine nun noch erfahren.
Markt Nr. 22 verübt. Als gestern Vormittag der dort
daß ihre aufrichtige Liebe der Welt eben nur
wohnende Inhaber des Gold= und Silberwaarengeschäftes,
„Liebelei“ gilt und von ihr als solche behandelt wird.
A. Riva, seinen Laden betrat, fand er die Montrescheibe
Verzweifelt eilt sie davon; sie will das Grab des Ge¬
hinter dem geschlossenen Rollladen in einer Ecke zertrümmert
liebten aufsuchen, ihr Vater aber bricht mit den Worten:
und zwei Kästchen mit Ringen im Werthe von ca. 600 Mark
Sie kommt nun nie mehr zurück!“ zusammen, und er
waren von den im Schaufenster ausgestellten Waaren ge¬
stohlen. Die Diebe, denn mehrere müssen es gewesen sein,
spricht damit wohl auch die Meinung des Dichters aus.
hatten den nicht verschlossenen Rollladen gehoben und
Der Gedanke, der dem Stücke zu Grunde liegt, ist ge¬
mittelst eines Backsteines das Loch in die Ecke der Scheibe
wiß ein wohl berechtigter und und zur dramatischen Be¬
gemacht, durch welches sie dann ihren Raub herausholten.
handlung gut geeigneter. Aber wir meinen, der Dichter
Zu welcher Stunde und von wem der Raub ausgeführt
hätte seine Absicht auch erreichen und auch seinem Stück
wurde, konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden, da die
einen gehörigen Bühneneffekt sichern können, wenn er
direkt über dem Laden wohnende Familie kein Geräusch ge¬
hört hatte, und Herr Riva selbst fand, als er nach Mitter¬
nicht ein gar zu strenges Gericht gehalten und nicht un¬
nacht nach Hause kam, noch Alles in bester Ordnung. —
erbittlich die letzten Konsequenzen gezogen hätte. Aus dem
Vom Rhein meldet der „M. Anz.“: Das Wasser sinkt
Spiel konute sich drohender Ernst entwickeln, ohne daß
anhaltend. Das Brückenpegel zeigt heute nur noch 1,28 Meter
gerade das Schlimmste eintreten mußte, das allerdings
Wasserhöhe. Der Strom führt in seiner ganzen Breite Eis
durchaus möglich, aber doch der seltenste Fall ist, und so
mit, welches am rechtsseitigen Ufer, vom Main kommend
die Lehre, die gegeben werden soll, im Grunde abschwächt,
bereits eine Dicke von nahezu 5 Zentimeter erreicht hat.
statt sie eindringlicher zu machen, wie es die Absicht war.
Die Temperatur, welche in der Nacht von Samstag zu
Außerdem widerspricht dieses grasse Ende dem Ton des
Sonntag fast 6 Grade Kälte erreicht hatte und gestern im
Vorhergegangenen viel zu sehr, als daß es auf den Zu¬
Laufe des Tages bis auf 2 Grad Wärme stieg, sank in der
letztverflossenen Nacht auf nur 2½ Grad unter Null. Das
schauer die rechte Wirkung haben sollte. Man sieht mehr
Barometer fällt stark.
die Absicht des Dichters, als die folgerichtige Nothwendig¬
Rüdesheim, 12. Januar. Der Rhein führt bis jetzt
keit in der Wendung, die schließlich das Alles nimmt.
nur auf der rechten Seite das Eis vom Main. Das sig¬
Nachzuxühmen ist der Dichtung eine wohlthuende
nalisirte Eis vom Neckar, welches das Abfahren der
Natürlichkeit in der Art, wie sie die Begebenheiten auf
Schiffbrücke bei Worms nothwendig machte, ist im
der Bühne sich abspielen läßt, und in der Führung des
Rheingau noch nicht eingetroffen. Die Nahe ist im unteren
Dialogs. Das zeigt sich namentlich in den beiden ersten
Lauf bis über Münster hinaus zugefroren. Die Mainschiff¬
Akten, während in dem letzten Akte manches Uebertriebene
fahrt ist eingestellt, ebenso der Betrieb sämmtlicher Fähren
und Gespreizte, gesteigert vielleicht durch die Art, wie es
im Main, während die Rheinschifffahrt zu Berg und Thal
vorgebracht wurde, in an sich selbst wahr empfundenen
noch ungestört ist.
Situationen stört. Sehr hübsch sind dagegen die Vor¬
Cassel, 13. Januar. In der Farbenfabrik am sog.
gänge im ersten Akte gezeichnet, und man mag diesen
Graß bei Wehlheiden entstand gestern in der Mittagsstunde
Schilderungen noch besonders nachrühmen, daß der Ver¬
Feuer, bei welchem das Innere eines mit Waaren ge¬
fasser, wie heikel auch die Situation sein mag, die er
füllten Lagerhaufes vollständig ausbrannte. Auf die Allar¬
mirung hin war die Wehlheidener und die Wahlershäuser
vorführt, doch einen frischen, gesunden Ton überall zu
Feuerwehr alsbald an der Brandstätte erschienen, und ihrer
wahren weiß, der das Bedenkliche mildert und dem
rastlosen Thätigkeit gelang es, ein weiteres Umsichgreifen
Zuschauer kaum recht zum Bewußtsein kommen läßt. Die
des Feuers zu verhüten. Gegen Abend konnten die Mann¬
Charaktere, die leichtlebige und leichthe zige Mizi mit
schaften von der Brandstätte wieder abrücken.
ihrem gleichgesinnten Theodor und die ernstere
*
In, 12. Januar. Die Mosel treibt in der ganzen
warmfühlende Christine mit dem mehr ihrem
Ctro
breite von Trier bis Coblenz starkes Eis. Die
gearteten Fritz haben wirkliches
Wesen ähnlich
Stromrinne ist bereits zugefroren. Die niederrheinischen
Lebensblut in den Adern und geben sich natürlich und
Schleppdampfer suchen schleunigst die Häfen zu erreichen.
ungezwungen. Was Hans Weiring als seine Lebens¬
Elberfeld, 12. Januar. (Tel.) Aus dem Wettbewerb
ansicht produzirt, mag man bei dem Bruder der ver¬
für die Stadthalle in Elberfeld gingen mit dem ersten
einsamt hinlebenden alten Jungfer begreiflich finden, für
Preis hervor: S#er und Nicol. Frankfurt a. M.:
den Vater, der eine Tochter zu erzieh##nd zu hüten hat,
zweite Preise erhielten: Reinhart und Süßengütz. Entin,
will es nicht recht passen und läßt die Sorglosigkeit, mit
Kuten und Müller, Straßburg; dritte Preise: Freutzer,
welcher das gut geartete Mädchen sich trotzdem in die
Aachen, Thyrist und Berger, Berlin, Beck, Darmstadt.
leicht erkennbare Gefahr begibt, erklärlich erscheinen.
Ansbach, 12. Januar. Der seit längerer Zeit anhängige
Der Eindruck des Stückes wird leicht ein verschieden¬
[ Prozeß der Gemeinde Neuendettelsau wegen Ver¬
artiger sein, aber wie man es auch beurtheilen mag, man
pflichtung ihres Patronatsherrn von Eyb zur Holz¬
wird ihm nicht absprechen können, daß es durch Stoff lieferung zum Bau des neuen Dorfschulhauses wurde