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Liebele
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22. Februar 1896.
Seite 2.
der heraus, aus der Anbetung, mit der] Durch diese Frage ist er mit dem tragischen Schicksale
ndenten hängt, aus der Sorge, mit der seiner Tochter, der er jede Freiheit gewährt, verknüpft;
ensverhältnisse des Geliebten eindringen er kennt im Herzensgrunde die Leichtfertigkeit so wenig
er Eifersucht gegen jene vornehme Dame, wie sie, er irrt und leidet mit ihr und wird mit ihr
zugrunde gehen. Zunächst wirft das Schicksal in
en sie Fritz jüngst im Theater vernach¬
einer Liebesscene zwischen Fritz und Christine seine
itz sucht für seinen Theil abzulenken und
Schatten voraus. Fritz hat im Gedränge seiner Duell¬
er spielt den überlegenen Lebemann, der
angelegenheit das mit Christine verabredete Rendezvous
he Mädchen sanft in die Grenzen der
versäumt und sucht das Mädchen während der Abwe¬
ückführt. Aber es geht ihm nicht vom
senheit des Vaters in seiner Wohnung u. Der
stinens Ernst greift in seine Seele hin¬
Zauber der Schlichtheit und Hingebung umgibt ihn.
nigkeit thut ihm weh wie ein Vorwurf
und ohne es auszusprechen, fühlt er, daß jener große
das Gefühl trauriger Ahnung, das ihn
Roman, um den er sein Leben wagen muß, eine
rlich überwiegt trotz alledem die leichtfertige
geckische Thorheit gewesen, während ihn hier im Je¬
ein schriller Glockenton, der einen nächt¬
reiche der vermeintlichen „Liebelei“ aller Zauber der
anmeldet, diese Stimmung durchbricht.
Liebe, alle Innigkeit weiblicher Hingebung umbegt.
gt die Mädchen in's Nebenzimmer, und
Ein verhängnißvolles Zu spät! schwebt über allen
t den unerwarteten und doch längst heim¬
Entzückungen dieses schlichten Gesprächs, und eine
en Besuch. Die Unterredung mit dem
angstvolle Ahnung gibt jedem Worte eine tiefere Be¬
z und inhaltsschwer. Der Mann der
deutung. Da Fritz endlich vom Theodor abgeholt
Frau“ (Hr. Schmidt) sucht den Ver¬
nd legt ihm die Beweise seiner Schuld wird und eine Reise vorschützt, die ihn für mehrere
Redensarten werden ausgetauscht; der Tage fernhalten wird, bricht der Schmerz des einfachen
einen Zweikampf zügelt die Leidenschaft Mädchens mit elementarer Gewalt hervor. Im dritten
Acte tritt die Katastrophe ein. Fritz ist im Duell ge¬
n, der sich mit der Aussicht auf Genug¬
fallen, der älte Geiger, dem die Tochter Unkerdeß ihr
den gibt. Theodor spricht dem Freunde
Abentener und ihren Fehltritt gestanden hat, kennt den
Fritz sucht sich zu beherrschen, und den
wieder in den Salon gerufen werden, ganzen Verlauf des Unglücks und sucht die Tochter,
igkeit von vorhin vorgegankelt. Mizi ist die in fieberhafter Angst des Geliebten harrt, auf das
auf den alten Ton gestimmt, aber Chri= Aeußerste vorzubereiten. Sie hört aus seinen milden
s Aengstliche der Situation und bangt Worten nur die Unglücksbotschaft heraus, sie liest das
bten, vor dem sie schweren Herzens Ab= Schreckliche von dem Gesichte Theodors herab, der sich
mit Mizi ein findet, um zu trösten; sie erräth, daß ihr
Die übermüthigen Grüße der Lustigen
Fritz um ein Weib gefallen ist, und die schöne Dame,
on der Gasse in die Stube zurück, in der
die sie vom Theater herkennt, und in ihren jähen
er Last des furchtbaren Erlebnisses zu¬
*Der zweite Act führt in ein anderes Milieu, Schmerz mischt sich die furtchbare Erkenntniß, daß sie
in dem Leben des Mannes, der ihr Alles war, nichts
s Heim, in die Wohnung des Violin¬
als ein Spielzeug, ein Nebending, ein „Liebelei“ ge¬
ng vom Jesefstädter Theater (Hr. Rencker),
wesen ist. Sie will den Todten sehen; aber die Erde
es Glück in seiner Tochter findet. Der
hat ihn bereits aufgenommen. Nichts bleibt ihr zurück
st ein wunderlicher Philosoph, so eine Art
als das Gefühl der Scham und der Verzweiflung; sie
n ins Wienerische übersetzt, „Einer, der
stürzt aus dem Hause fort, Theodor und Mizi ver¬
t versteht,“ aber mit seiner weichen Natur
folgen sie, um sie zu retten, aber der Alte, der sie
seren Ergebnissen gelangt, als das nor¬
ll des Helbel'schen Kleinbürgers; er führt kennen muß, bricht mit den Worten: „Sie kommt
nicht wieder“ zusammen,
gen und nicht die Axt, und aus seiner
Schnitzlers Schauspiel ist eine Anlagetragödie
nicht der rauhe Trotz hervor, der die
wie die meisten bürgerlichen Dramen unseer Zeit, die
heilt, sondern die milde Nachgiebigkeit, die
nicht aus theatralischen Eindrücken, sondet aus der
rn Verhältnissen anschmiegt. Er hat jahre¬
Tiefe der Lebensbeobachtung hervorgehen. schuld und
me Schwester behütet und sie unter seinem
Untergang der Helden wachsen aus den gesechaftlichen
los dahinsiechen gesehen, ihm schaudert
Verhältnissen hervor, in denen sich die Chaftere ver¬
fleichen Schicksal seines Kindes, und in
stricken. Aber kein Wort vorlauter Tendt dringt
mmenheit nirft er die Frage auf, ob die
über die Schranken der künstlerischen Darstang her¬
kinem eingeengten, kargen Dasein für einen
aus; Alles ist gesehen und empfunden, in 1 Hand¬
kstraum der Jugend entschädigen kann.

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damit hatte man ein unerschöpfliches hema
ch will Sit bei meinen Bekannten
angeschlagen.
Dinah erinnerte sich gerade über dasrak¬
ike sehr für Ihre besondere Liebens¬
koinen Gebrauch tische der umgelegten Krägen, als Lonkic i
Beil. z. Boh. Nr. 52.
lung iritt keine schlaue Absichtsichkeit, im Worte keine
herausfordernde Rabulistik hervor; die Natur webt die
Tragik des Stücks, die Charaktere sprechen sich und
keine ihnen angedichtete Weisheit aus und das Be¬
deutende ist in die Einfachheit des Tones gebannt.
Die Energie, mit der das Motiv behandelt ist, die
Meisterschaft des Milieus, das namentlich im ersten
Acte sich ungemein reich entfaltet, und der Stimmungs¬
reiz der Hauptscenen bezeugen dichterische Kraft und
eine dramatische Technik, die der sichergestaltenden Kunst
und nicht dem Bereiche der kleinen theatralischen Künfte
angehört. An dem ergreifenden Eindrucke, den das
Schauspiel machte, hatte die wohlgestimmte Auf¬
führung einen wesentlichen Antheil. Die einzelnen
Darbielungen waren nicht gleichwerthig, aber die Regie
des Herrn Dalmonico hatte für eine charakteristische
Inscenirung, für ein gutes Ineinandergreifen der Kräfte
und für eine gleichmäßige Leichtigkeit des Tones gesorgt.
Vortrefflich war Frl. Jasser in der Rolle der Chri¬
stine; in der kleinbürgerlichen Sphäre gestaltet diese
Schauspielerin am sichersten und wirksamsten. Sie
brachte Vertrauen, Hingebung, Schmerz und ging doch
in keinem Tone über die Einfalt und Einfachheit der
Verhältnisse, aus denen Christine herparg###bsen ist.
hinans. Volksthümlicher Ernst gehörte zu den schwie¬
rigsten schauspielerischen Tonarten. Frl. Fasser be¬
heirrschte diese Tonart vom Anfang bis zum Ende ihrer
Rsolle; sie gelangte auf die Höhe, Tragik, ohne das
schllichte Mädchen aus der Wiener Vorstadt einen Mo¬
mant vergessen zu klassen. An der Mizi des Frl.
Wtoller hatte sie eine sehr glückliche Contrastfigur;
de; seichte, leichtfertige, in seiner Oberflächlichkeit leicht
knische Naturell war in der Darstellung des Frl. 1
hller charakteristisch ausgeprägt und auch die Local¬
bung der Gestalt eine durchaus gelungene. Die
müthige Leichtsertigkeit Theodors fand in Herrn
uber einen temperament= und humorvollen Ver¬
er; er bildete, wie er sollte, das belebende Element
ersten Actes. Schwächer war Herr Gregory,
zwar den Hauptinhalt der Rolle vermittelte, aber
rechte Farbe der Charakteristik nicht fand. Er hatte
der Erscheinung zu viel vom Sonntagsstutzer, in
Bewegung zu viel Theatralisches, in der Rede zu
von jenem Bildungston, der zur süddeutschen Be¬
emlichkeit nicht stimmt; am besten gelang ihm die
zie Scene, in der er die weiche Stimmung, die all¬
mach in das Gespräch eindringt, gut anzudeuten
jußte. Herr Reucker, der den alten Geiger spielte,
Lat offenbar ein Bewußtsein von der Bedeutung dieser
kleinen Rolle; er versuchte nicht ohne Erfolg nach der
Seite der resignirten Schlichtheit und der grenzenlosen
Milde hin zu charakterisiren; aber der Ton gerieth
ihm viel zu salbungsvoll. Recht resolut charakterisirte
Frl. Klein die zudringliche Hausfreundin Katharina
Binder, die den Ton des Marktes auf die Scene
bringt und viel Kraft und charakteristische Haltung
gab Hr. Schmidt dem betrogenen Ehemann, der
#urzen Pro#e3 macht. Die Darsteller wurden stürmisch
gerusen. Das Stück ist ein Lebensgewinn für das
„Theater, und dem Autor, der sich mit diesem Drama
einführte, wird' noch viel Lebenskräftiges zu danken
sein.
A. #.