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Liebelej
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(„Liebelei.“) Komödie von Arthur Schnitzler. — von
Ein Paibacher Professor gab vor mehlm sich
einen volkstümlichen Vortrage des Kasinovereines eine Kra¬
—.—
Cetiertercelsehschsten Aersise
Gelie
Analyse sämtlicher Schnitzlerschen Dich lungen. Wir nannt
ten diesen Überblick damals in diesem Blatte eine
Steeple=Chaise durch Blut, Wollust und widernatürliche
Erotik. Arthur Schnitzler als Gesamterscheinung ist als
Dekadenzfrucht zu würdigen. Das hindert uns nicht, ein
Werk wie „Liebelei“ für ein dramatisches Meisterwerk
zu erklären. Gerade bei wiederholter Kenntnisnahme
tritt uns die wunderbare Feinheit der Schilderung, der
meisterhafte Dialog, die Plastik der Gestalten entgegen.
Dabei ist ein Laut echtesten Menschentums hörbar: das
Wesen des Eros fordert von einer rein und tief empfin¬
denden Seele die volle Ausschließlichkeit der Hingabe.
Kulturverderbnis macht aus der großen, verzehrenden
Flamme einen Zeitvertreib, eine lrichte Unterhaltung.
Wo die wahre Empfindung jedoch lebendig wird, da wird
wie hier aus dem leichten Getändel jedoch die Tragödie
eines im Innersten verwundeten Herzens. Mag Schnitz¬
ller in allzureicher Hervorbringung genug Abstoßendes
geschaffen haben, in seiner „Liebelei“ sehen wir eine
Schöpfung, die auch den ethisch ernst denkenden Menschen
ansprechen kann. Die Aufführung am Samstag entsprach
billigen Anforderungen. Frl. Annie Wipperich ver¬
fügt über Seele, Innerlichkeit, Gemüt, um eine Gestlt
zu verkörpern, die in ihrer reichen Empfindung an eine
Luise in „Kabale und Liebe“ oder an Gretch'n in
„Faust“ heranreicht. Das gemütvoll=schwärmerisch ver¬
anlagte Mädchen, dem die erste große Emtäuschung in
der Ziebe das Herz bricht, wurde von der sympathischen
Künstlerin klar erfaßt und lebendig #nacht. Der alte
Weiring hat eine gewisse Ahnlichkeit mit dem alten
Miller in Schillers Jugenddrama, seinem musikalischen
Kollegen in Apoll. Herr Nasch hatte sich gewiß red¬
liche Mühe gegeben, dem so reich und menschlich emp¬
findenden Künstler möglichst lebenswahre Züge zu
leihen; vielleicht blieb aber doch zu viel Pose haften.
Das Stück bietet uns weiter die unübertrefflich lebens¬
wahr gezeichneten Rollen der beiden Studenten, junge
verwöhnte Wiener Lebemänner, die durch ihre Eleganz
und Leichtigkeit der Umgangsformen bestechen müssen.
„Die Herren Goldhaber und Loidner sind wohl
tbeide schon etwas zu alt und schwen für diese Rollen;
Herr Loibner hatte seine Aufgabe ja auch nir als Lük¬
kenbüßer für den erkrankten Herrn Aurich übernommen.
Herr Goldhaber fand sich mit gewohnter Routine und
Geschick in diese nicht leichte Rolle. Frl. Telona ent¬
wickelte als Modistin Schlager ihre gewohnte Munter¬
keit und verdarb nichts. Das süße Wiener Mäoi, das
sie zu geben hatte, mag seinem Ideal nach noch leichter,
duftiger sein. Herr Tema hatte die Rolle zu spielen,
die der Dichter „ein Herr“ nennt, Felix Schweighofers
vielbewunderte Rolle! Wie der steinerne Gast im „Don
Juan“ platzt der Rächer seiner Ehre in das Bacchanal
des ersten Aktes hinein, wir vermißten den tödlichen,
schneidenden Ernst, der erst den vollen Kontrast hervor¬
bringt. In dem Kabinettsstückchen der alten Binder war
Frau Frolda vorzüglich. Das Theater war ausge¬
zeichnet besucht, was hoffentlich die Bühnenleitung er¬
muntern wird, das ausschließliche Schwankfutter etwas
(öfter mit feinliterarischer Kost abwechseln zu lassen. H.