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Liebelei
5. Lene box 10/1
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grammes verlängern. Von den Principien gar nicht weiter zu zu sein.
sie, kommen sie einmal in die Straßen hinab, die Eindrück,
die „ziererische“ Umgebung und schreiben bei dem Lichte der
von Wien, wie einer fremden Welt umso tiefer empfangene —
Kerzen aus Lourdes, die in Leuchtern aus Indien stecken,
Emil Zola gleich, wenn er von Meudon aus nach Paris
auf gelbem, rothem, blauem Papier mit grünen, violetten,
oder Rom fährt, um das Milieu krüftigst auf sich wirken zu
orangefarbigen Stiften die realistischen Novellen und sym¬
lassen. Sie müssen in dem Mühsal der Chambres separées
bolistischen Dichtungen. Denn das Grün der Bäume und
bei Champagnergelagen das „süße Mädel“ studiren und
Vogelsang, das zieht nicht mehr; wir brauchen ernstere Probleme,
Nächte opfern. Sie müssen an den Ecken warten, bis so ein
welche Muse, Schweiß und Opfer an Zeit und Geld kosten;
Dichtermodell die Arbeit im Kleidersalon beendet hat. Und
da müssen die „Stimmungsgeber“ aushelfen, die eine Orgel
Kleidern
wie oft werden sie getäuscht, nehmen für tiefen Zwiespalt der
mit langen Pfeifen, Wohlgerüche aus Arabien und Bücher in
Premièren
Seele bei diesen Kleinen, was nur die Freigebigkeit der
gothischer Schrift erst vollständig machen. Und Nächte lang
wüßten,
„Herren“ steigern soll! Denn so ein Poet erräth nicht immer
stöhnen und ächzen diese beklagenswerthen Dichter der Neur¬
die Kinder
sofort das Rechte — er ist immer ein Träumer! Es muß
asthenie, wenn ihnen aus den Gerüchen und Farben, aus
poetischen
nun ein „süßes Mädel“ um das andere erprobt, eine Stim¬
den Molltönen der Orgel jene große geheimnißvolle Stim¬
der hinab¬
mung um die andere versucht werden. Man kann sich da
mung des Dichters nicht kommen will, der sie selbstlos ihre
und, ach,
leicht vorstellen, welche Arbeit, welche Seelennoth und welche
Nerven aussetzen. Unter Marter und Qual suchen sie in den
der das
Ausgaben an Zeit, Nerven, Geld und Kostbarkeiten nöthig sind,
hohen Regalen, wo die Gedanken der fremden Weisen in
flhaft blo߬
bis so ein Werk, wie etwa Schnitzler's „Anatol“, „Das
Schweins= und Kalbsleder gebunden stehen, und suchen immer
Schmerzen
Märchen“ oder Beer=Hoffmann's „Camelia“ und „Das
wieder, bis sie die Gedanken finden zu ihren Werken, welche
r Apflaus
Kind“ vorbereitet wird. Wie würden, wenn man solche Dichter¬
Paul Verlaine's, Henri Ceard's und Maupassant's
en weichen
mühe bedächte, die Zischer und Schimpfer verstummen; denn
Schöpfungen gleichen und klingen, als hätte man sie einmal
nd, wenn
gerade diese Arbeit der jungen Dichter ist ein unendlich schweres,
schon im „Gil Blas illustré“ gelesen, wo Steinlein die
sorgenvolles Geschäft und des Schweißes der Edlen werth.
lieben“ Bilder malt, oder wie in der „Vie Parisienne“ wo
der Dichter
Oh! Ihr Damen in tiesdecolletirten Kleidern, Ihr Herren
die kleinen Cochonnerien von Gerbeault gezeichnet sind,
in hinaus¬
in hohen Stehkragen, die Ihr das Alles nicht wißt, nicht
mit „der milden Stille der Bewegungen griechischer Vasen,
Vöglein
wissen wollt und meint, solch' eine Chamhre separée=Dichtung
dort, wo sie schon mehr Barockfiguren sind mit sensitiven
schön ge¬
mit der Chambre garni=Endung sei gar eine leichte Sache!
violetten Schatten“, wie Beer=Hoffmann denken oder
evon Herz
Wie thut Ihr den Dichtern unrecht!
„wie weiße, zarte, blaue Asphodellen in ihren innigen grünen
wenn die
Endlich ist nun, wie die Belohnung alles Irdischen, die
Farben, die trockenen Thränen scheinen aus schweren,
Schlachten,
Frucht des Fleißes durchgedrungen, mit welchem die Jung¬
gläsernen, blutigharten Augen“, wie Theophil Morreu—
einer kraft¬
Wiener Dichter tage=, ja wochenlang nach blendenden Worten
Loris—Hugo von Hoffmannsthal in unendlich
ngst schon.
suchten, über dem glänzenden Satze oder über die Probleme
schönen träumerischen Fragmenten dichten würden. Endlich ist
täumt; und
der kleinen Menschheit brüten, die sie studiren. Man hat
der athemlose Satz heraus. Man geräth unwillkürlich in den
eit stärkerer
Arthur Schnitzler's „Liebelei“ im Burgtheater gegeben.
Styl der Modernen, „dort, wo er schon fast ein Hammer wird,
hten. Man
Jahrelang saßen sie mit ihm, die „Verkannten“ im
der Blech ciselirt“, um wieder mit irgend einem von ihnen zu
von Wissen,
Café Griensteidl und lobten sich gegenseitig hinauf. Sie
reden.
die Dichter
waren sich ihre wechselseitigen Studienobjecte. Sie lauerten
Schwer also ringen sie. Sie müssen, wenn eine Situation
zen wohnen.
auf jedes bizarre Wort, auf jede fremde Geberde unter ein¬
zu schaffen ist, um das Milien zu suchen, hinaus nach
stlich Stim¬
ander. Was ihnen dabei verwendbar schien, licitirten sie sich
„Klosterneuburg fahren, wie Massenet nach Holland fuhr,
Vorhängen
gegenseitig ab. Zum Beispiel: „Herr E. ist wie ein Brahmane,
als er die „Manon“ geschrieben; sie müssen sich erst in ihre
sischen Bro¬
der eigentlich ein Schotte ist und, einer plötzlichen Laune
Kammer sperren, wo das Leben nur in „scheuen, halben
iererischen“
folgend, zufällig in Wien zur Welt kam!“ Solch' ein Satz,
Tönen“ durch kunstvolle Butzenscheiben zu ihnen dringt, daß
agen würde,
Die heutige Nummer umfaßt 10 Seiten.
X
Kane,