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Liebelei
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5. L EESEA
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Barons Chlumecky. Ist es denn denkbar, daß in
Stütze, welche die Deutschliberalen noch vor zwei
die Ohren stecken und
dem Augenblicke, in welchem sich die deutsch¬
Jahren in der Arbeiterbevölkerung infolge einer
dem großen Umwand¬
liberale Partei, zwar in beklagenswerther Selbst¬
Uebereinstimmung wenigstens auf dem Gebiete
ger der Deutschen so
beschämung, aber doch auch wieder in hellem Auf¬
der Freisinnigkeit finden konnten, brachen sie
sie selbst entwurzelt
mit der leichtfertigen Ablehnung der Taaffe'schen! flackern ihrer einstigen großen Ueberzeugungen und
Bewegung präparirt
Darstellerin der Anna mit dieser Scene erzielte,
steigert. Das Problem, das sich Giäcosa gestellt
dankt sie ebenso sehr Herrn Hartmann, als sich
hat, deutet auf Ibsen'sche Auregüngen. Eine
eton.
selbst. Herr Hartmann zwang das Publicum
Frau liebt einen Freund ihres Gatten; seine
durch sein ergreifendes Spiel, auch mit dem Gatten
Leidenschaft hat sie aus Pflicht zurückgewiesen. Der
zu fühlen, den der Dichter in Nachtheil gesetzt hat,
ater.
Freund hat sich aus Verzweiflung erschossen. Anna,
und so erst entstand die Grundbedingung tragischer
eine ehrliche und energische Natur, macht den ver¬
ppe Giacosa's, welches
Wirkung: daß Recht gegen Recht steht. Es ist
zweifelten Versuch, ihren Schmerz und ihre Liebe
Premièren=Abend des
Herrn Hartmann's Verdienst, daß der Titel des
schweigend in sich durchzukämpfen; vielleicht würde
das Werk eines geist¬
Stückes „Rechte der Seele“ auch dem Manne zu
sie, wenn kein Eingriff den Proceß ihres Innern
Kopfes. Der Ver¬
Gute kommt.
stört, eines Tages wieder das Weib ihres Gatten
ausgedacht und ihn
Nach Giacosa's Drama wurde Arthur Schnitz¬
sein können. Unglücklicher Weise erfährt aber dieser
gekleidet“ haben, wie
ler's Schauspiel „Liebelei“ aufgeführt. Das Publi¬
Alles aus den Briefen Anna's, die er im Nachlasse
Das Stück macht
.
cum fühlte sich vielfach befremdet, ja verletzt, bis
des Freundes vorfindet. Seine Frau ist ihm treu
Experimentes, welches
weilen interessirt, belustigt, gerührt. Ein einheit¬
geblieben, doch vielleicht nicht aus Lieb;, sondern
tor unter scharfsinnig
licher Eindruck blieb aus. Das Publicum wußte
nur aus Pflicht. Von diesem Verdacht bis zür
rnimmt, als den eines
nicht recht, wie es sich verhalten solle. Man ap¬
Besinnungslosigkeit gemartert, fordert er von ihr,
Dichter nicht macht,
plaudirte und zischte. Alles Symptome, durch
die ihr Geheimniß flehend vor ihm bergen möchte,
Wirkung thut dies
welche sich ein eigenthümliches Talent ankündigt.
wie eine werdende Leibesfrucht, Rechenschaft über
theil. Die starke Theil¬
Auch für den Kritiker ist es keine leichte Sache,
die Vorgänge in ihrer innersten Seele. Damit
klischen Krämpfe und
den Eindruck, denn dieses Schauspiel gemacht hat,
greift er gewaltthätig in ihr Selbst, in das Recht
benden und fühlenden
auszulegen und zu begründen. Man kennt die
ihrer Persönlichkeit. Da erfolgt die Explosion.
verbindet sich mit der
wunderliche Naturerscheinung der sogenannten
Alles Niedergehaltene, Zusammengepreßte in Anna,
s Experiments zu einer
Mimicry. Sie beruht nach der Begriffsbestimmung
ihr Schmerz, ihre Liebe für den Todten, ihr Haß
terung. Wohl bleiben
eines berühmten Zoologen „darauf, daß gewisse
gegen den ungeliebten Mann, der sie besitzt, die
Wie bei einer geo¬
Thierformen anderen sehr verbreiteten Arten in
„Reue ihrer Tugend“, Alles bricht, wie Gottes
Situation eine gegebene,
Form und Färbung zum Verwechseln ähnlich
Feuer aus einem entweihten Heiligthum, wider
nen scheinen daher kein
sehen, als wenn sie dieselben copirt hätten.“ So
den Gatten los. Erbarmungslos zerschneidet sie,
Doch darüber hilft
existirt ein Schmetterling, der genau einer Wespe
die bisher ganz mitleidige, selbstverleugnende Dul¬
ikunst Giacosa's hinweg,
gleicht. Auch auf dem Gebiete der Kunst kommt
derin war, das Band, das sie noch mit ihrem
h lebhaft erregt und
Aehnliches vor. Arthur Schnitzler's Schauspiel ist
bis zum höchsten Grade Manne verknüpft. Die tiefe Wirkung, welche die
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