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Liebelei
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Sheater u. Musik.
Maifestspiele VIII.
Ohne Liebe, Lustspiel in einem Akt von
Marie von Ebner=Eschenbach. (Zum ersten¬
mal am 22. Mai 1903.) Liebelei, Schauspiel
von Arthur Schnitzler. In der Reihe der
österreichischen Bühnendichtungen erschien auch ein
Einakter von Ebner=Eschenbach. Der Name der
Dichterin zählt auf dem Gebiete der Novelle zu
den gefeiertesten nicht nur in Oesterreich, auf der
Bühne ist kein Werk von ihr heimisch geworden.
„Doch sag ich nicht, daß das ein Fehler sei.“ Die
Bühne ist nur die lauteste, nicht immer die beste
Stelle, auf der die Poesie zu Worte kommt. Und
wenn auch die Sehnsucht begreiflich ist, zu allem
Volke vernehmlich und sinnlich zu sprechen, so
hängt doch die Beherrschung des Bühneneffektes
von so vielen Dingen ab, die nicht zur Gabe des
echten Dichters gehören müssen, daß wir die Ebner¬
Eschenbach, die wir verehren, nicht um den ge¬
ringsten Grad tiefer ansetzen werden, weil ihr der
Schritt auf die Szene nicht gelungen ist. Auch
Gottfried Keller hat beim besten Willen kein
Theaterstück zusammengebracht. Freilich, so lange
der Vorhang oben ist, entscheidet nur die Wirk¬
samkeit auf den Brettern und dieser Anforderung
###sprach des einaktige Lustspiel nur in be¬
scheidenem Maße. Das Stück schildert, wie
zwei Liebende, die zu einander gehört haben,
nach einem Irrweg — Graf Marko Laßwitz hat
inzwischen eine unglückliche Ehe durchlebt
sich wieder zusammenfinden. Er hat die laute,
heftige Liebe gesucht und die stille, reine Flamme
verkannt, die im Herzen Emmas für ihn brannte.
„ohne
Und im Zeichen dieser sanftern Glut
—.
Liebe“ — geben sich Emma und Marko das
Wort, einander anzugehören. Das Ganze beruht
auf zarten Fäden, und es läßt sich nicht sagen,
daß die feineren Wirkungen bei der Aufführung
ganz herausgearbeitet wurden. Frl. Burgau,
die das Abwehrende der ersten Wiederbegegnung
sehr glücklich kennzeichnete, ließ in der entschei¬
denden Szene das Zittern des Gefühls, das unter
kühlen Worten hindurchklingen muß, doch
venig vermissen. Und Herr Steil, dessen
her Ton recht warm klang, brachte gleich¬
die flackernden Lichter nicht an, mit denen
Schlußszene des Stückes rechnet. Die alte
Gräfin gab Frau Pauli=Baumgart durch¬
aus liebenswürdig und auch Herr Rübsam
spielte den etwas beschränkten Rüdiger anschaulich.
Das Fallen des Zwischenvorhangs unterbricht
störend die Stimmung — war das vielleicht nur
ein Zwischenfall, der nicht gewollt ist? Das Publi¬
kum bereitete dem Stücke eine freundliche
Aufnahme — aus Achtung vor der Dichterin. —
Der Novität folgte Arthur Schnitzlers „Lie¬
belei", in seinem knappen sichern Aufbau und
in seiner großen Stimmung ein Meisterwerk.
Lotte Medelsky in der Rolle der Christine gab
der Aufführung ein besonders Interesse, das sich
inseinem übernosten Hause kundgab. Die Berichte,
rmepier-rausgigen, haben nicht zu viel
rochen. Man kann nicht mit mehr Wahr¬
gkeit und Innigkeit diese Gestalt dem Dichter
hbilden. Das war das „süße Mädel“, das
ganz und gar Gefühl und Natur ist und doch im
Gegensatz zur leichtfersigen Mizzi Schlager, ein
schwerblutiges Wesen, das sich fest ansaugt an
seine Liebe und mit ihr zagrunde geht. Ihr Glück
ist voll Schmerz und bangen ##ens. Wie fein
hob Frau Medelsky die Züe hrer ernsten See¬
lenstimmung heraus
Eifersucht auf den
Bruderschaftskuß, den Mit ion Fritz bekommt,
das tiefe Weh bei der Frage nach der frem¬
den Dame, und der selige Dank nach einem
jeden herzlichen, ehrlichen Wort. Doch mit
Einzelheiten ist wenig gesagt, wo die Einheit der
Gestaltung dem Leben so nahe kommt. Ueberwog
in den ersten zwei Akten dem Drama gemäß der
sanfte, gedämpfte, wehmütige Ton, so brach die
Verzweiflung im letzten mit so wilder Lohe her¬
vor, daß der Zuhörer in die tiefste Erschütterung
hinein gerissen wurde. Das Entsetzen, das die
gläubige Seele bei der Entdeckung ihres Schick¬
sals erfaßt, gehört zu den mächtigsten Bühnen¬
eindrücken, die wir hier in den letzten Jahren mit¬