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4. Ana
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ALLGEMEINE KUNsr-CHRONIK.
——
Unsres Fühlens heut und gestern,
legenheit; ich kann das ganze Buch mit bestem Gewissen
Böser Dinge hübsche Formel,
empfehlen.
Glatte Worte, bunte Bilder,
„Mi
n von Heinz Togôte. lerling.
Halbes, heimliches Empfinden,
ueste Ro
Wotes und
Agonien, Episoden
ut
bereit
Manche hören zu, nicht alle.
Manche träumen, manche lachen,
ichvo
Liebes
Manche essen Eis und manche
Per¬
in dem
Sprechen sehr galante Dinge.
ion
erden Ein
Kritisch kann ich mich in solche Stimmung wol versetzen,
Liede“; soll diese ganze
und menschlich vermag ich sie zu begreifen, zu Zeiten
ner L.i
zu Ende führen; dann will
auch zu theilen: sie ist ja so bequem, wie jedes Gehen¬
Tovote zeigen, dass er auch andere Stoffe Beherrscht. Dies
lassen und Gleiten immer bequem ist. Aber es gibt
falles erfahren wir aus dem langen Vorwort, mit dem Tovote,
Stunden, da man sich mit größeren Absichten und ziel¬
nach seiner schlechten Gewohnheit, auch dieses Buch ein¬
bewusstem Widerstand hinwegtäuschen möchte über die
leitet. Welche Berechtigung hat ein Vorwort bei einem
eigene Schwäche, und für diese Stunden wüsste ich keinen
Roman Ungefähr die gleiche wie eine lange gedruckte
schlechteren, keinen unsympathischeren Begleiter als
Einführung bei einem Bilde. Entweder ist es überflüssig,
Schnitzler’s „Anatol“, Und noch etwas liegt in ihm, was
oder es zeigt einen Fehler des Buches an. Ein Kunstwerk
ihm ein größeres Publikum immer fernehalten wird: etwas
braucht keine Einleitung, keine Erläuterung, keine caplatio
Negatives. Es fehlt ihm j. ne Brutalität und Deutlichkeit,
benezolenttar; an sich muss es verstanden werden, sonst
die ein Künstler immer nöthig hat, wenn er wirken will,
war des Künstlers Liebesmüh verloren. Bei Tovote's
jener Hochdruck, den er seinen Gedanken und Empfindungen
Romanen sind die Vorworte auch immer zu entbehren.
verleihen muss, sobald sie sich von seiner Seele loslösen,
Unsere jungen Schriftsteller lieben es, ihrem künftigen
und der allein sie der Offentlichkeit begreiflich und an¬
Biographen vorzuarbeiten. Und niemals noch ist der Unfag,
nehmbar macht. Die meisten Bücher, in denen feine Dinge
die unbedeutendsten Mitlebenden biographisch zu behandeln,
auf feine Art gesagt werden, sind zuerst für den Ver¬
zu solcher Ausdehnung gedichen wie gerade heute. Diese
fasser geschrieben, dann für einen beschränkten Kreis
Anmerkung war nöthig; kürzer kann ich mich über das
bekannter oder, durch Anlage und Erfahrungen, ver¬
Buch selbst fassen. Ein junger Mann, der ein junges
wandter Personen und erst in dritter Linie, nach einem
Mädchen zärtlich liebt, entdeckt, dass ihr Vater in Wirk¬
langen Zwischenraum, auch für ein entfernteres Publikum.
lichkeit auch sein Vater, der Geliebte seiner angebeteten
So zarte Regungen und Triebe, wie Schnitzler sie schildert,
Mutter ist. Die moderne Art, das kleinste Gefühl gleich
verstehen nur einzelne, fast allein die Freunde, denen man
auf ein Dutzend Seiten hinaus auseinander zu zerren,
einen Ton ganz leise nur anzuschlagen braucht .. und
besonders wenn dies so wahl- und ziellos geschicht wie
sofort erwacht in ihrer Erinnerung eine gemeinsame
bei Tovote, ist nicht nur ermüdend, sondern gibt auch
Stimmung, ein gemeinsames Gefühl, alt und vergessen
kein rechtes Gesammtbild. Auch Tovote’s Methode, zu
durch lange Jahre. Sie sind für Menschen, die, selbst
arbeiten, die wir aus seinem eigenen Geständnis (vgl. Ein¬
Künstler, ähnliche Empfindungen aus eigenster Erfahrung
leitung zum „Frühlingssturm“) kennen, mag daran Mit¬
kennen und die halben und flüchtig angedeuteten durch
schuld tragen. Von allen Modernen hat es Tovote am
alle Winkelzüge und Vertuschungen einer verfeinerten
schnellsten zu einer gewissen Beliebtheit gebracht. Wenn
Technik herausspüren) Diese werden in „Anatol“ manches
ich boshaft wäre, würde ich sagen, gerade das spreche für
Reizvolle finden: im Großen und Ganzen aber wird es
seine geringere Künstlerschaft.
dabei bleiben müssen: ein unsympathisches Buch. Immer¬
„Anatol.“ Von Arthur Schnitzler. (Berlin,
hin aber ein Buch, stark durchfiutet von einer, wenn auch
Bibliographisches Bureau.) Schnitzler ist einer der be¬
nicht allzu starken, Persönlichkeit; eines von denen, die
gabtesten des jungen Wien. Das wird man erkennen, wenn
man sich von der Seele schreiben muss. Ob es sich Schnitzler
erst einmal sein Schauspiel „Das Märchen“ im Berliner
aber wirklich von der Seele und nicht erst recht in sie
Lessing-Theater zur Aufführung gelangt sein wird. Vor¬
hinein geschrieben hat?
F. M. F.
läufg bietet er uns siclen kleine Einakter, graziöse Plau¬
„Der verlorene Sohn.“ Berliner Sittenbild von
dereien, bei denen
sinnige, geistreiche und witzige
Paul Bliss. (Verlag von Freund & Jeckel, Berlin 1892.)
Franzosen Pathen g.
en haben. Auf dieses hindeutend
Ein prächtiger Mensch, dieser Karl Meinhold, alles kann
tenden Verse von Loris nehmen
mag, wer will, die
er, Klavier spielt er, süß und leidenschaftlich zum Ver¬
— das Vorwort e
schtzehnjährigen zum Buche eines
lieben, Novellen schreibt er, dass es eine Art hat, nur
Dreißsigjährigen
zende Verse übrigens, die nur den
charakterfest kann er nicht bleiben. Hiedurch verschuldet
lass sie auch vor fünfzig ändere
einen Fehler h.
er den Tod seines ihm zugethanen Zöglings Willi, mit
h vor gar keines passen würden.
Bücher, d. h.
dessen Mutter er buhlt, und den Selbstmord der ihn hin¬
Aber sie sind
er Stimmung hervorgegangen, von
gebungsvoll liebenden Sophie Walter, die ihm ihre Ehre
der ein großer
#nserer jungen Wiener Schriftsteller
geopfert. Seine für sie gehegte, scheinbar tiefere Neigung,
sich treiben 1.
nd in deren Strömung sie sich bei¬
die der Drang nach Reinheit in ihm erweckte, macht einer
nahe als Steuer fühlen. Sie bezeichnen diese Stimmung
neuerwachenden Leidenschaft platz, die ihn dem Laster
sogar ganz gen
und schließlich dem Wahnsinn entgegenführt. Bliss’ Roman,
Als pielen wir Theater,
im Allgemeinen kein originelles Werk, weist bei allen
Spielen unsre eignen Stücke,
Mängeln Einzelzüge auf, die eine ganz hervorragende Be¬
Frühgereift und zart und traurig,
Die Komödie unsrer Secle,
gabung des Verfassers verrathen. So sei hier besonders des