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Anato
4. 1
box 7/3
Kritik.
110
Manche hören zu, nicht alle,
Schnitzler ist hier wieder der liebe, herzige
Manche träumen, manche lachen,
Kerl, als welchen ich ihn in seinem treff¬
Manche essen Eis ... und manche
lichen Schauspiel „Das Märchen“ und —
Sprechen sehr galante Dinge ...
und auch sonst kennen gelernt habe.
.. . Nelken wiegen sich im Winde,
Hochgestielte, weiße Nelken,
Bin neugierig, ob sich unsere Theater¬
Wie ein Schwarm von weißen Faltern ..
leiter zu diesem Einakter entschließen werden.
Und ein Bologueserhündchen
Lustig und wahr zu sein, — dazu haben
Bellt verwundert einen Pfau an.
es die deutschen Schwänkefabrikanten nie
Anatol kehrt — originell, aber auch
bringen können, und die französischen auch
etwas monoton! — in allen Seenen wieder.
nicht: letztere sind nur lustig, erstere ge¬
Natürlich ist er nur ein Pfeudonym für
wöhnlich keins von beiden. Drum be¬
Arthur Schnitzler. Zumeist ist sein Freund
herrschen sie unsere Bühnen. Einmal sollte
Max bei ihm, den ich auch kenne, und
man es versuchen, nur einmal, zum kosten:
immer eine andere Dame: Cora, Gabriele,
man lasse ausländische Frivolität und in¬
Bianca, Emilie, Annie, Else, Ilona. Also,
ländische, von alten Späßen lebende Phili=
Erlebnisse eines „Dekadenten“, Nuancen,
strosität beiseite und gönne einem Tich#
Episoden, traurig und lustig, Schnurren
das Wort!
Karl Kraus.
Dialag sehr fein, sehr natürlich. Für den
Soziale Litteratur.
Gesamteindruck sind Loris' Worte die ent¬
Willy Pastor. Vom Kapitalis¬
schiedene Formel. „Halb und heimlich“
mus zur Einzelarbeit. Berlin. Putt¬
und ohne Aufregung, wie wenn es sich vor
kammer & Mühlbrecht. 1892. Die
Licht und Lärm scheute, so im raschen, ich
v. Kardorffsche Doppelwährung
der
möchte sagen, Gleichgiltigkeitsstilder Dramen
Biehl=Ackermannsche Innungs und
Strindbergs und, wie sich die jungen Ita¬
53.
die stets ungeladenen Gäste jed¬
liener ausnehmen, wenn sie das Spiel der
tagsperiode. Nach langen Teoclichen.
Duse protegiert.*)
dem ewig gleichen Inhalt werden die
Mir als Nichtdekadenten hat natürlich
Eindringlinge verabschiedet. Eben stecken
das fünfte Stückchen am besten gefallen,
sie schon wieder den Kopf zur Thüre
und ich mache kein Hehl aus der auf¬
herein. Herrn v. Kardorff entschlüpfte
richtigen Freude, die ich an diesem „Ab¬
der jedenfalls originelle Gedanke, daß nur
schiedssouper“ hatte, gleich damals, als mir
das Silbergeld die Militärvorlage kom¬
es ein Freund Schnitzlers, auch so eine
pensieren könne, die protestantischen und
Art Anatol oder Max oder so was, vorlas.
katholischen Reaktionäre kündigen einen
Das ist eine tolle, köstliche, prächtige Ko¬
Antrag betreffs Einführung des obliga¬
mödie, ein kleines Kabinettstück flotter
torischen Befähigungsnachweises an. Das
Realistik. Er versteht es, in so engem
Material über diese letztere Frage ist erst
Rahmen wahrhaftige Menschen zu schaffen.
kürzlich in einer fleißigen Arbeit, die aus
Realismus des Lustspiels! Für mich ist
dem Conradschen staatswissenschaftlichen
dieses „Abschiedssouper“ ein Seitenstück
Seminar in Halle hervorging, dargestellt
zur „Cavalleria rusticana“ des Giovanni
worden. Wir halten mit Hampke, dem
Verga.
Verfasser der Untersuchung, die gezeich¬
Es ist ein echtes Bühnenstück, nur
neten Bestrebungen nicht nur nicht für
müssen auch die Darsteller, besonders die
schädlich für unsere Industrie in ihrer
Darstellerin der Annie, was können. Dann
technischen Vervollkommnung und in ihrer
ist dem Prachtlustspiel der Erfolg sicher.
Stellung auf dem Binnen= und Weltmarkte,
wir gehen sogar noch einen Schritt weiter
*) Teufel! Da hin ich ja wiederum ganz in
den Bahrstiel hinein geraten!
und erklären die zünftlerische Bewegung