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Text

4.9. Anato
Zyklus
(Quellenangabe ohne Gewahr.
Illustriertes Wiener Extrablatt, Wien.
Ausschnitt auf
Abendblatt
vom
Theaterzeitung.
Deutsches Volkstheater. Gestern wurde
Schnitzlers Reichthinflatternde Einakterreihe
„Anatol" gegeben, fünf feinstens hinskizzierte
Bildchen aus dem göttlich leichtsinnigen Junggesellen¬
leben einer längst verflossenen, ach, wie weit
schon hinter uns zurückliegenden Zeit. Schützen¬
Grenzmarken zwischen
gräben bilden
voreinst und heute. In „Weihnachtseinkäufe
spielt nun das wunderschöne Fräulein Annemarie
Steinsteck die junge Frau und spielt sie mit
kokettem Geist und einer fast wienerischen Anmut. Im
„Abschieds souper ist nun Fräulein Hedwig
Ihre herbe Frische
Keller die „Annie".
und flinke Spitzungigkeit lassen vermuten, daß
in dieser noch sehr jungen Künstlerin eine scharfe
Salondame steckt, vielleicht eine zweite Waldow. In
allen fünf Stückchen sah man Herrn Hans Lackner
mit Vergnügen wieder und freute sich, daß dieser
vortreffliche Schauspieler dem Hause, in dem sein
Talent so viele schöne Erfolge gefeiert hat und in
de den Schallen an ihnen ansainneet
gerissen hätte, nun doch erhalten bleibt,
Wiener Angeneine Zeitung, Wien
Ausschnitt aus
vom 9. AUGUST
Wien, 19. August.
(Deutsches Volkstheater.) Die Neubesetzung einer
holden Weiblichkeit, die Anatols Dasein mit süßer Qual
erfüllt und seine Tage zur himmlischen Hölle gestaltet —
um im Tone zu bleiben, den Artur Schnitzler, lang, lang
ist's her, anzuschlagen beliebt hat — gibt Gelegenheit, zu
sagen, daß Fräulein Keller als Annie im „Abschieds¬
souper eine anmutige Ueberraschung auch für die bedeutete,
die es niemals verstehen konnten, warum man dieses natür¬
liche Talent im Verborgenen hatte blühen lassen. Fräulein
Keller zeigte sich im Besitz von Humor und Temperament
und besitzt überdies eine allerliebste, lustige, wienerische Art.
Fräulein Steinstecks zarte Noblesse erfreute Aug und
Ohr. Herr Lackner spielte den Max höchst ergötzlich,
kräftig, mit rationalistischem Einschlag; man lachte oft und
herzlich über ihn. Und dem guten Onkel Anatol, der doch
einmal ein Neffe gewesen, kam Herr Kramer charmant
p. f.
entgegen.
Ausschnitt des Wiener Tagblatt. Wie
vom
Dellisches Volkstheater. In Schnitzlers Er¬
alderzyklus „Anatol" gab es gestern zwei Neu¬
besetzungen. Im „Abschiedssouper" erschen Fräulein
Keller als Annie. Die junge Darstellerin gab die
leichtlebige Ballerine mit drolliger Beweglichkeit und
glitt mit natürlicher Anmt über die derberen
Momente der Rolle hinweg. Sie hat zweifellos
komisches Talent, das bei einer gedeihlichen Ent¬
wicklung sicherlich auch noch Fülle von Saftigkeit
erlangen wird. — Der Einakter „Weihnachtseinkäufe
gewann durch Fräulein Steinsteck als Gabrielle
seinen vollen wundersamen Zauber. Das Heimliche,
Sehnsüchtige und Wehmütige in der Seele der mon¬
hänen Frau schimmerte in ihrer Darstellung wie in
einer zarten Lasur hindurch. Diese vornehme
Künstlerin und Herrn Kramer dieses Lebens¬
büchen spielen zu sehen, war ein auserlesener
Beruf.
m. b.
box 9/2
Quellenge eine der
Ausschnitt aus
vom
Deutsches Volkstheater. Schnitzlers Ana¬
Lol“ ist ein Jugendwerk von immanenter Jugend¬
lichkeit. Dieses Feuerwerk von Geist und Humor
erleuchtet dem sehenden Auge unvergängliche Anmut
und bleibende Werte. Daran mag in unserer großen
zu kritischen Revisionen geneigten. Gegenwart
erinnert werden. Die Darstellung brachte alle
Feinheiten der Dichtung zur Geltung. Leopold
Kramer spielte den Anatol mit deli¬
kater Noblesse und liebenswürdiger Eleganz.
Hans Lackner war ihm in der Rolle des Max
ein vorzüglicher Partner. Das weibliche Quintett
war glänzend besetzt. Nelly Hochwald war
eine charmante Cora, Annemarie Steinsieck
eine reizvolle Gabriele, Charlotte Waldow eine
köstlich oberflächliche Bianca, und Mizzi Pellar
eine überaus leidenschaftliche Flona. Als Annie
debitierte Hedwig Keller in vielversprechender
Weise. Sie spielte das leichtfertige Mädl mit
entzückender Unverfrorenheit und hinreißendem
Temperament.
L. N.
vom
Die Zeit, Wien
Deutsches Volkstheater. Hier ist jetzt jeden
Abend etwas „mit Bedeutung neu. Gestern
war es Fräulein Keller als Annie in
Schnitzlers „Abschiedssouper", das im
Rahmen des bekannten Anatol=Abends serviert
wurde. So seltsam fern und klein uns auch
diese liebevoll facettierten Sorgen des Ge¬
nießers sind, so nobistisch uns all diese
ästhetisch-erotischen Differenzierungen
an¬
muten — der Duft und Reiz dieser hochkulti¬
vierten Tändeleien und übermütigen Karussell¬
fahrten um das verhätschelte liebe Männchen
— Ich, ist doch immer aufs Neue unwider¬
stehlich. Kramer, Lackner und die illustrie¬
renden Weiblichkeiten, Fräulein Hochwald,
Fräulein Steinsteck, Fräulein Waldow
und Fräulein Keller treffen den Ton durch¬
weg meisterhaft. Die Annie ist eine sichere
Sache. Die Sandrock (die die Rolle, wenn ich
nicht irre, kreierte), die Niese und Frau
Glöckner spielten die Rolle reifer, gleichsam
aus Erinnerungen und Beobachtungen auf¬
bauend, Fräulein Keller hat sie ganz frisch,
jugendlich, naiv, sich selbst kaum ahnend, ange¬
packt; ihre ethische Empfindungslosigkeit war
einfach elementar.
anlegghen Op-
Le Journal
Ausschnitt aus
AUS 1916.
vom
(Deutsches Volkstheater.) Schnitzlers Anatol¬
Zyklus, der sich ständig auf dem Spielplan erhält, wies gestern
einige Neubesetzungen auf. Man hat immer wieder seine Freude
an diesen kleinen Kunstwerken, die mit leichter Hand hingeworfen
sind. Man genießt alle ihre Reize — die kultivierte Melancholie,
die echte Laune, die schöpferische Wärme — besonders aber ihren
wesentlichsten Reiz: den Zauber einer Persönlichkeit, die aus all
den seinen anmutigen Szenen spricht. Das Anatol-Problem, das
Schnitzler in seinen späteren Werken vertieft hat, ist hier mit einem
über den Dingen schwebenden Humor behandelt. Ein
wienerisches Lächeln liegt über allen Figuren
Der
Zyklus wird im Volkstheater sehr hübsch gespielt, die kapriziösen
Stücke mit Eleganz und Stimmung, die keckeren in flottem Lust¬
spielgalopp. Herrn Kramer liegt der Anatol ausgezeichnet. Man
glaubt ihm diese leichten Krisen und amüsanten Katastrophen der
Seele. Und was vor allem vermerkt sei: er meidet falsche Gefühls¬
töne Entzückend lustig ist der Max des Herrn Lackner. Einen
reizend wehmütigen Ton hat Fräulein Steinsteck als Gabriele,
Fesch und keck zugreifend ist die Annie des Fräulein Keller im
„Abschiedssouper". Die Bianka in „Episode" gibt Fräulein Waldow
in ihrer scharf charakterisierenden Art. Die prächtigen Einakter
wurden mit lebhaftem Beifall und kräftiger Heiterkeit aufgenom¬